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In diesem Jahr hat das
Öko-Institut erneut gemeinsam mit
Energie & Management eine Umfrage zum Absatz des deutschen BHKW-Marktes durchgeführt. Zum 18. Mal werden damit die aktuellen Entwicklungen analysiert. Die Umfrage ist ein wichtiger Gradmesser zur Beurteilung des Marktes kleinerer KWK-Anlagen in Deutschland sowie des aktuellen Förderrahmens des KWKG.
Zwar kann mit dem Markstammdatenregister seit Beginn des Jahres ein Überblick über die hierzulande neu installierte Leistung erstellt werden, jedoch werden die teilnehmenden Unternehmen noch zusätzlich zu den aktuellen Entwicklungen befragt. Dadurch ergibt sich ein genaueres Gesamtbild der Stimmung auf dem BHKW-Markt. Zudem werden die Ergebnisse der Absatzumfrage dazu genutzt, vorhandene statistische Lücken bei der Erfassung von kleinen Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen zu schließen.
Im Gegensatz zu anderen Zusammenstellungen wie zum Beispiel vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) werden in der BHKW-Umfrage keine Anlagen abgefragt, sondern Module, die auch zu Anlagen zusammengefasst werden können. Da „Anlage“ jedoch der geläufigere Begriff ist, wird dieser hier ebenfalls verwendet.
An der diesjährigen Umfrage haben insgesamt 25 Anbieter von Motoren-BHKW und Brennstoffzellen teilgenommen. Hersteller von Gasturbinen waren nicht dabei.
Gemischter Einfluss der Corona-Pandemie auf den BHKW-MarktInsgesamt ist der Absatz 2020 das zweite Jahr in Folge gesunken. Nach dem Höchstwert 2018 mit 3.300 MW
el und 2019 mit 2.900 MW
el lag er 2020 nur noch bei rund 2.500 MW
el. War der Rückgang von 2018 auf 2019 noch wesentlich dadurch getrieben, dass 2019 mit dem Erreichen des Deckels der Flexibilitätsprämie bei Biogasanlagen ein starker wirtschaftlicher Anreiz verloren ging, ist der Rückgang 2020 auch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu erklären. So gaben 56
% der teilnehmenden Unternehmen an, die Pandemie habe einen negativen oder stark negativen Einfluss auf ihr Geschäft gehabt. Die Kunden waren vorsichtiger bei ihren Investitionsentscheidungen und die Teileversorgung gestaltete sich schwieriger.
Positiv bewerten die Hersteller allerdings, dass es kaum zu Stornierungen kam und es sich „nur“ um Projektverschiebungen handelte. Für 40
% der Befragten hatte die Pandemie bisher keinen nennenswerten Einfluss auf ihre Geschäfte
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Grafik 1 zeigt, dass der Rückgang bei den fossil betriebenen Anlagen am stärksten ist (-26
% gegenüber dem Vorjahr). Die biogenen Anlagen verzeichnen einen leichten Rückgang von 4
%. Auch der Export geht mit minus 10
% deutlich zurück. Mit einem Anteil von 67
% ist dieser weiterhin wichtiger als der Heimatmarkt.
Der Bereich der Brennstoffzellen war 2020 vom allgemeinen negativen Trend nicht betroffen, im Gegenteil ist hier der Absatz um 14 % verglichen mit dem Jahr 2019 gestiegen.
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Betrachtet man den Absatz der fossil betriebenen BHKW nach ihren Leistungsklassen (Grafik 3), zeigt sich, dass der Rückgang am stärksten in der Leistungsklasse >2 MW
el zu verorten ist. Dies liegt vor allem daran, dass von den herstellenden Unternehmen keine Module in der Leistungsklasse >5 MW
el gemeldet wurden, die in den vergangenen Jahren bei einer Vielzahl von großen Kraftwerksprojekten zum Einsatz kamen, um alte Kohlekraftwerke zu ersetzen. Diese Projekte waren in den vergangenen Jahren für das stabile Absatzniveau der fossil betriebenen BHKW verantwortlich. Aufgefangen wurde diese Leistungsklasse durch den stark gestiegenen Absatz im Bereich 2 bis 5 MW
el. Mit einem Absatz von insgesamt 170 MW
el gab es einen Anstieg von 126
%. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der regelmäßigen Erhebung im Jahr 2002.
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Bei den biogenen Anlagen (Grafik 2) ergibt sich für 2020 ein gemischtes Bild. Die kleinen und mittleren Leistungsklassen (<500 kW
el) haben nach einem Rückgang 2019 wieder zugelegt. Die große Leistungsklasse hat einen erneuten Rückgang zu verzeichnen.
Fossile Erholung in 2021 erwartetFür 2021 prognostizieren die Hersteller einen weiteren Rückgang von insgesamt 8
%. Dieser hängt mit einem erwarteten Absatzrückgang bei den biogenen BHKW und dem Exportgeschäft zusammen. Im Bereich der fossilen Anlagen wird hingegen mit einem deutlichen Plus von 34
% gerechnet. Es ist auf Projekte zurückzuführen, die 2020 aufgrund der Corona-Pandemie nach 2021 verschoben wurden. Für 2021 wird zwar noch mit einigen Einschränkungen wie der schwierigen Teileversorgung gerechnet, es sind aber auch gegenläufige Trends zu beobachten. So gaben einige Hersteller an, dass Kunden im Hotel-, Industrie und Pflegebereich den Lockdown genutzt haben, um Sanierungen ihrer Heizungsanlagen vorzunehmen.
EEG und KWK-G-Novelle werden unterschiedlich bewertetDie aktuellen Änderungen im EEG und KWK-G werden vom Großteil der teilnehmenden Unternehmen gemischt gesehen. Laut Umfrageergebnissen sehen 52
% die KWKG-Novelle von 2020 negativ oder stark negativ. So ist laut Aussage einiger großer Hersteller aufgrund der Ausweitung der Auktionen auf Anlagen schon ab 500 kW
el im KWKG seit Beginn des Jahres 2021 die Marktaktivität gesunken und hat sich hin zu Anlagen <500 kW verschoben. Für 34
% der Befragten hingegen hat die KWK-G-Novelle einen positiven oder stark positiven Einfluss auf die KWK-Landschaft in Deutschland. Um den flexiblen Betrieb zu fördern, wurden beispielsweise bei KWK-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 50 kW
el die Vollbenutzungsstunden von 60.000 auf 30.000 Stunden im neuen KWKG halbiert.
Gleichzeitig wurden aber die KWK-Zuschläge auf 8 Ct/kWh beziehungsweise 16 Ct/kWh für eingespeisten Strom verdoppelt. In der Praxis führt das laut einigen Herstellern zu deutlich verbesserten Amortisationszeiten in dieser Leistungsklasse.
Beim novellierten EEG ergibt sich ein ähnliches Bild. 52
% der befragten Unternehmen gaben an, dass die EEG-Novelle einen negativen beziehungsweise stark negativen Einfluss auf die KWK-Landschaft hat. Nur 22
% bewerteten sie positiv. Für 26
% hat sie keinen Einfluss. So wirke sich beispielsweise die Beibehaltung der anteiligen EEG-Umlage von 40
% beim Eigenverbrauch negativ aus − die Umlage stelle ein Hindernis dar und bremse den Markt. Auch die fehlende beihilferechtliche Genehmigung der EU führe zu langen Unsicherheiten im Markt.
Bekenntnis der nächsten Bundesregierung zur Kraft-Wärme-Kopplung gefordertLaut der Umfrage wünschen sich die BHKW-Hersteller von der neuen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur KWK. Die Marktaktivität sei im Wesentlichen von den gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängig. Ständige Änderungen der Förderregeln im KWKG und EEG wirkten sich negativ auf die Planungssicherheit und Investitionsfreude der Betreiber aus. Die teilnehmenden Unternehmen sehen sich als Partner der Energiewende, die einen klaren und langfristigen Förderrahmen benötige.
KWK-relevante Aspekte sind auch bei den Vorschlägen der EU-Kommission zum Erreichen der Klimaziele zu finden, in dem sogenannten „Fit-for-55“-Paket. Laut dem Vorschlag zur Änderung der Energieeffizienzrichtlinie sollen die Mitgliedstaaten die Einführung von Maßnahmen und Verfahren zur Förderung von KWK-Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von weniger als 5 MW unterstützen. Um stärker die dezentrale Energieerzeugung zu fördern und Lock-in-Effekte zu vermeiden, ist die Leistungsgrenze gegenüber dem entsprechenden Absatz in der bestehenden Richtlinie von 20 auf 5 MW
el gesenkt worden. Zudem sollen die Anforderungen an die hocheffiziente KWK durch ein Kriterium für direkte CO2-Emissionen ergänzt werden, wenn die KWK nicht mit erneuerbaren Energien oder Abfällen betrieben wird.
Weitere Auswirkungen auf die KWK wird in diesem Kontext auch ein neuer europäischer Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr haben, der laut Kommissionsvorschlag 2026 starten soll. Es bleibt abzuwarten, was sich für deutsche BHKW-Betreiber ändern wird, die ja seit Jahresbeginn schon unter dem deutschen nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) abgabepflichtig sind.
Außerdem wird vorgeschlagen, in der Energiesteuerrichtlinie die Mindeststeuersätze nicht mehr auf das Volumen, sondern auf Energiegehalt und Umweltwirkung zu basieren. Dies wird vermutlich Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von kleinen fossilen KWK im Gebäudesektor haben.
Die kürzlich angeschärften Treibhausgasziele sowohl in der EU als auch in Deutschland und die damit verbundenen ambitionierten Sektorziele im deutschen Klimaschutzgesetz erfordern schon bis 2030 einen deutlich verstärkten Einsatz von emissionsfreien Technologien in der Strom-, vor allem aber auch in der Wärmeversorgung. Von den Kommissionsvorschlägen geht bereits ein starker Impuls für die Transformation aus. Alle Parteien, die vermutlich an der nächsten Bundesregierung beteiligt sind, haben sich zu größeren Anstrengungen im Klimaschutz bekannt. Diese Bestrebungen werden Auswirkungen auf fossile KWK-Anlagen haben, die zunehmend konsequent die Versorgung der residualen Wärme- und Stromversorgung zu leisten haben werden und gleichzeitig emissionsärmer betrieben werden müssen.
*Christian Nissen und Sabine Gores, Öko-Institut, Freiburg |
Tabellen 1 bis 10 des BHKW-Rankings. Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken |
Bereits seit knapp 20 Jahren führt das Öko-Institut eine Umfrage unter den in Deutschland tätigen BHKW-Unternehmen durch. So wurden auch in diesem Jahr erneut gemeinsam mit E&M der Absatz für das letzte sowie eine Prognose für das aktuelle Kalenderjahr abgefragt. Das Ziel der Absatzumfrage ist es, die aktuellen Entwicklungen auf dem BHKW-Markt für die in Deutschland verkauften und die für den Export bestimmten Anlagen abzubilden. Das ist insbesondere wichtig, um die Bewegungen im Energiesektor in diesem Segment darzustellen. Durch die jährliche Durchführung der Umfrage zeigen sich zeitnah die Auswirkungen von Novellierungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes oder von Förderprogrammen wie dem „Zuschuss für Brennstoffzellen“ der KfW. Da die Registrierungspflicht in das Marktstammdatenregister von neuen und älteren KWK-Anlagen erst 2021 greift, können außerdem vorhandene Lücken in der statistischen Erfassung von kleinen Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen geschlossen werden.
Montag, 15.11.2021, 09:05 Uhr
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