Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Es kommt selten vor, dass Branchen ein Förderprogramm ablehnen, von dem sie profitieren könnten. Ein Interview zum „KfW-Programm 442“, über das E-Auto-Besitzer PV und Speicher bekommen.
Die PV-Installationsunternehmen Enpal und 1,5
Grad, der Speicherhersteller Sonnen sowie die Ökoenergie-Vertriebe Lichtblick und Octopus
hatten Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im September aufgerufen, die „KfW-Solarförderung 442“ ersatzlos einzustampfen. Über sie bekommen E-Auto-Besitzer günstig
PV-Anlagen und Stromspeicher. Wissing hatte angekündigt, die übrig gebliebenen 200
Millionen Euro auf 2024 zu übertragen. Auch von Verbänden hatte es Kritik gehagelt. Der KfW-Server war wie berichtet am ersten Tag der Antragsfrist unter dem Ansturm zusammengebrochen. Diese Redaktion unterhielt sich mit Markus Meyer, Head of Regulation and Energy Policy bei Enpal, darüber.
E&M: Herr Meyer, wo steckt die „KfW-Solarförderung 442“ derzeit im Strudel der Bundeshaushalte 2023 und 2024?
Markus Meyer: Schwer zu sagen. Die Verhandlungen um den Haushalt scheinen schwierig zu sein. Der Finanzminister ist sicherlich auf der Suche nach Einsparpotenzial. Wir würden es jedenfalls begrüßen, wenn das Programm als Sparmaßnahme gestrichen würde.
E&M: Profitieren Sie als Enpal nicht davon?
Meyer: Der Prozess hinter dem Programm war so intransparent, dass wir gut zwei Monate nach dem hastigen Schließen des Antrags-IT-Systems immer noch nicht sagen können, wie viele Kunden eine Antragsbewilligung erfahren haben. Das Problem war und ist: Die Anforderungen und der Adressatenkreis sind eingeschränkt. Natürlich sollten Einfamilienhaus-Besitzer adressiert werden. Aber eine der wichtigsten Voraussetzungen war das Vorhandensein eines Elektroautos beziehungsweise die Bestellung eines solchen. Hier fiel schon ein großer Kundenkreis raus. Normalerweise wird erst ein Solarsystem angeschafft und dann ein Elektroauto.
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Markus Meyer Quelle: Enpal |
E&M: Enpal und andere beklagten auch eine mangelnde „soziale Ausgewogenheit“. Es richtet sich an gut betuchte E-Auto- und Eigenheim-Besitzer. Das ist doch bei der Förderung von Dach-PV auch so.
Meyer: Die Einspeisevergütung wird immer weniger in Anspruch genommen, weil die Systeme mittlerweile in erster Linie den eigenen Bedarf decken, sodass sie auf ein Minimum gesenkt wurde. Beim Fördersatz des KfW-Programms hingegen reden wir über ein Drittel der Gesamtkosten eines Systems. Das ist unnötig hoch. Auch ohnedies ist es möglich, Solarsysteme zu verkaufen oder in unserem Fall zu vermieten.
„Mit Beinfreiheit für Speicher wären PV-Subventionen überflüssig“E&M: Braucht es für Dach-PV noch Subventionen?
Meyer: Im Moment gibt es in der Systemlogik Photovoltaik / Speicher wenig Anreize, die erzeugten Strommengen am Markt anzubieten. Sie dürfen den eigenen Solarstrom speichern und später selbst verbrauchen. Sie könnten den Speicher aber auch einsetzen, um Systemdienstleistungen zur Verfügung zu stellen, beispielsweise Regelleistung oder um Strom aus dem Netz zu speichern, wenn er besonders günstig ist. All das ist heute wirtschaftlich nicht darstellbar, weil die Regulierung zu eng gefasst ist. Würde der Speicher Beinfreiheit bekommen, wären in dem Segment, in dem wir unterwegs sind, keine Subventionen nötig.
E&M: Ist es nicht besonders konsequent, wenn man den Graustrom-Bezug eines Speichers aus dem Netz ausschließt?
Meyer: Wann hat ein Speicherbetreiber einen Anreiz, Strom aus dem Netz zu ziehen? Wenn der Strompreis besonders günstig ist. Wann ist der Strompreis besonders günstig? Dann, wenn viel Wind- oder Solarstrom im Netz ist. Das heißt, ohne jedes Elektron einzeln zu bewerten, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass zum Zeitpunkt des Speicher-Ladens aus dem Netz ein Überangebot an erneuerbaren Energien vorhanden ist.
E&M: Was müsste sich an dem kritisierten Programm ändern, damit Sie es für sinnvoll halten?
Meyer: Alles. Gegenüber der Branche hat man nie kommuniziert, dass dieses Programm in zwei Tranchen − 2023 und 2024 − geteilt wird. Der Minister ließ sich in der Tagesschau mit den Worten zitieren, er werde dieses Jahr ein Förderprogramm mit 500 Millionen Volumen aufsetzen. Damit war für die Branche klar, dass es in etwa um 50.000 bis 60.000 Systeme in diesem Jahr geht. Das ist nicht eingetreten. Es war eine große Überraschung, dass am ersten Tag der Antragsfrist nach 300 Millionen Euro der Schlussstrich gezogen wurde.
Es braucht dieses Förderprogramm nicht. Es hat auch zu Verunsicherung bei den Kunden geführt, sodass Bestellungen storniert wurden, weil man sich zunächst mit dem Thema Elektroauto auseinandersetzen musste.
Man müsste das Programm vom Kopf auf die Füße stellen, anstatt mit der Gießkanne etwas zu fördern, was in der Form gar nicht gefördert werden müsste. Besser wäre jedoch, es so schnell wie möglich offiziell seitens des Ministeriums für beendet zu erklären.
Donnerstag, 7.12.2023, 12:59 Uhr
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