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Rund um die Uhr zu jeder Stunde nur Öko – würde die Wirtschaft so Strom einkaufen, käme es zu großen Fortschritten bei neuen Energietechnologien. Das haben Forschende jetzt modelliert.
„24/7-Ökostrom-Ansatz“ in Industrie und Gewerbe - Wissenschaftler des Instituts für Energietechnik an der Technischen Universität Berlin sehen darin eine treibende Kraft für neue Technologien. „Selbst eine kleine Gruppe von Unternehmen, die hier proaktiv handelt, könnte als Katalysator für Innovationen wirken“, teilt die TU mit. Firmen, so der Ansatz müssten sich verpflichten, nicht einfach ein jährliches Kontingent an Grünstrom zu kaufen, sondern in „jeder Stunde des tatsächlichen Verbrauchs“.
Den Effekt haben die Berliner Forschenden zusammen mit Kollegen der Princeton University und von Google in einer Studie modelliert. „Unsere Modellierung zeigt, dass 24/sieben-Ökostrom-Verpflichtungen der Firmen von nur drei Prozent des deutschen Unternehmens- und Industriebedarfs ausreichen, um bereits Lernprozesse und Kostensenkungen bei fortschrittlichen Technologien auszulösen“, sagt TU-Professor Tom Brown. Als Beispiel nennt er Langzeit-Batterien auf Eisen-Luft-Basis. Deren Ausbau würde sich nach dem Modell vervierfachen, die Kosten sänken bis 2030 um 25
Prozent.
Eisen-Luft-Batterien machen den Vorgang des Rostens reversibel. Werden sie entladen, entnehmen sie der Luft Sauerstoff, Eisen wird oxidiert. Beim Aufladen wandelt der eingespeiste elektrische Strom den Rost wieder in Eisen um, und das System gibt Sauerstoff ab. Die erste Anlage nach diesem Prinzip in Europa soll in Irland entstehen. Sie soll 1
Million
kWh Strom 100
Stunden lang speichern können.
Turbine kann Reinsauerstoff aus Elektrolyse nutzenEin weiteres Beispiel, so die TU-Wissenschaftler, sei die Allam Cycle Turbine zur Stromerzeugung. Darin erfolge die Verbrennung nur mit reinem Sauerstoff, die Abgase bestehen aus Wasserdampf und CO2. Besonders interessant sei die Technik, „weil sie den bei der Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse von Wasser mit grünem Strom entstehenden Sauerstoff direkt nutzen könnte“. Genutzt werde eine solche Turbine bereits in einem Kraftwerk in den USA.
Der Studie zufolge würden die Kosten für die Allam-Technologie schon um 12
Prozent sinken, wenn 24/7-Grünstromverträge nur 1
Prozent des Industrie- und Gewerbestrombedarf abdeckten. Bei einem Anteil von 10
Prozent reduzierten sich die Kosten um etwa 38
Prozent.
„Mit zunehmender Reife und sinkenden Kosten dieser Technologien wird ihre Anwendung über freiwillige Unternehmensinitiativen hinausgehen, meint Tom Brown. Modelliert haben er und sein Team mit einer eigens entwickelten Software namens „PyPSA“
. Das Modell kombiniert laut TU globale Wetterdaten, die für Photovoltaik und Windenergie relevant sind, mit der Architektur der Energienetze in den verschiedenen Ländern und mit den Standorten, an denen elektrische Energie erzeugt und gespeichert werden kann.
Dass die graue Theorie den Weg in die Praxis finden kann, zeigt die „24/7 Carbon-free Coalition“. Zu deren Mitgliedern zählen etwa Google, Vodafone und Astra Zeneca an.
Freitag, 14.02.2025, 15:14 Uhr
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