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Energie & Management > Regenerative - Warum ein Ökonom die EEG-Kostensteigerung übertreibt
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative

Warum ein Ökonom die EEG-Kostensteigerung übertreibt

Wenn die Politik die EEG-Kosten totschweigt, darf man sie dann übertreiben, um gehört zu werden? Ein Wissenschaftler des RWI hat das getan.
„Ökostrom kostet Steuerzahler so viel wie nie“ – das war am 14. August eine Schlagzeile auf bild.de. Das Boulevardportal zitierte darin neue Berechnungen, die angeblich vom RWI Leibniz Institute for Economic Research aus Essen stammten: Demnach dürften die „Kosten“ der Erneuerbaren-Förderung im Rahmen des EEG-Kontos dieses Jahr auf einen neuen Rekord von 23 Milliarden Euro steigen. Schuld daran aus Sicht von Bild: der subventionierte Photovoltaik-Boom, der jetzt schon 90.000 MW erreicht habe und bis 2030 gesetzlich 215.000 MW erreichen soll.

Vergangenes Jahr waren es laut Transparenzdaten der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), erst 14,2 Milliarden Euro, um die das damalige Guthaben des EEG-Kontos schrumpfte, weil die Spotmarkt-Erlöse aus dem geförderten deutschen Ökostrom niedriger waren als die Auszahlung von Einspeisevergütungen. Damit war das Guthaben praktisch weg, das Konto brauchte frisches Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Bloß wie viel? Für dieses Jahr hatten die ÜNB als Verwalter des EEG-Kontos im September 2023 für 2024 noch einen Zuschussbedarf von 10,6 Milliarden Euro vorausgesagt. Die Prognosen schaukelten sich danach scheibchenweise hoch bis zu jenen 19 Milliarden Euro, von denen die Bundesregierung seit Juli in ihrem Entwurf für einen Nachtragshaushalt ausgeht.

Kurz darauf meldete die Bild die 23 Milliarden. Recherchen und Nachfragen dieser Redaktion beim RWI ergaben aber: Die „Abschätzung“ stammt nicht vom Institut als ganzem, wie es betont, sondern allein von dem beim RWI und an der Uni Bochum beschäftigten Energieökonomen Professor Dr. Manuel Frondel.
 
 
Zu hohe Schätzungen statt Ist-Zahlen

Und die hat methodische Fehler, belegen Originalunterlagen, die er auf Anfrage zur Verfügung stellte: So schätzt er die Kosten für Januar bis Juli, und das jeweils zu hoch, obwohl zum Zeitpunkt des Bild-Berichts die entsprechenden Ist-Zahlen veröffentlicht waren und er dies eigentlich wusste, wie er einräumt. Er kommt bis Juli auf gut 13,3 Milliarden Euro. Nach Berechnungen unserer Redaktion waren es aber, wenn man die KTF-Zuschüsse herausrechnet, lediglich 11,6 Milliarden Euro, knapp 13 Prozent weniger.

Zur Begründung sagte Frondel unserer Redaktion zunächst, wenn die EEG-Kosten totgeschwiegen würden, müsse man etwas übertreiben, wenn man politisch gehört werden wolle. Das sei, gibt er auf Vorhalt zu, methodisch „ungeschickt“ gewesen, und er distanziere sich nun von seiner Vorgehensweise.

Im Übrigen komme es aber bei dem Thema Kostenexplosion nicht um ein paar Milliarden hin oder her an. Die Bildzeitung habe auf eine Jahreszahl gedrungen. „Möglicherweise“ sei auch seine Schätzung für den Rest des Jahres, für die es naturgemäß noch keine Echtzahlen gibt, „zu hoch“ ausgefallen.

Die Sache mit den Subventionen während negativer Preise

Die Bundesregierung hat auf die galoppierenden Kosten der Erneuerbaren-Förderung im Juli insofern reagiert, als sie in ihrem Wirtschaftsprogramm ankündigte, die Einspeiseförderung bei negativen Preisen schon von der ersten Stunde an zu streichen. Dies ist derzeit erst nach drei Stunden der Fall, und die Streichung betrifft nur direktvermarktungspflichtige Anlagen ab 100 kW, also beispielsweise nicht die 4,3 Millionen kleineren Dach-PV-Anlagen, die gesetzliche Fixvergütungen erhalten.

Frondel ist das zu zaghaft. Das „grundlegende Problem“ bleibe, dass der PV-Boom die Strom-Großhandelspreise entlang der PV-Einspeisekurve tagsüber drückt, bis hin zu negativen Stundenpreisen. Das treibe die Kosten, weil eine steigende Differenz zu den Fixvergütungen aus dem EEG-Konto heraus beglichen werden muss. Das Ausland freue sich derweil über Stromimporte, für die es noch bezahlt werde. Umgekehrt fehle heimischer Strom in der Nacht.

Frondel: Speicher zur PV-Förderbedingung machen

Der Energieökonom fordert daher als „einfache Lösung“, PV-Einspeisevergütungen, auch bei Altanlagen, an die Bedingung zu knüpfen, dass die Anlagenbetreiber Stromspeicher unterhalten, in diese tagsüber einspeisen und nachts ausspeisen, wenn ihr Strom wirklich benötigt werde. Dies nütze ihnen selbst, weil die Erlöse pro kWh höher wären, verbessere aber auch die Strom-Außenhandelsbilanz Deutschlands, kurz, führe zu „einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten in Deutschland, zulasten des Auslands“. Hierzu regt Frondel Speichersubventionen aus dem KTF an.

Die „harsche Lösung“ wäre aus Sicht des Wissenschaftlers die Streichung der Einspeisevergütungen bei negativen Strompreisen, wie sie die Ampel andenkt, aber „auch für Altanlagen, und keinerlei Förderung mehr für Neuanlagen!“ Oder, aus seiner Sicht noch besser: schon bei niedrigen positiven Stundenpreisen, beispielsweise bei 20 Euro/MWh.

Donnerstag, 22.08.2024, 13:14 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative - Warum ein Ökonom die EEG-Kostensteigerung übertreibt
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative
Warum ein Ökonom die EEG-Kostensteigerung übertreibt
Wenn die Politik die EEG-Kosten totschweigt, darf man sie dann übertreiben, um gehört zu werden? Ein Wissenschaftler des RWI hat das getan.
„Ökostrom kostet Steuerzahler so viel wie nie“ – das war am 14. August eine Schlagzeile auf bild.de. Das Boulevardportal zitierte darin neue Berechnungen, die angeblich vom RWI Leibniz Institute for Economic Research aus Essen stammten: Demnach dürften die „Kosten“ der Erneuerbaren-Förderung im Rahmen des EEG-Kontos dieses Jahr auf einen neuen Rekord von 23 Milliarden Euro steigen. Schuld daran aus Sicht von Bild: der subventionierte Photovoltaik-Boom, der jetzt schon 90.000 MW erreicht habe und bis 2030 gesetzlich 215.000 MW erreichen soll.

Vergangenes Jahr waren es laut Transparenzdaten der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), erst 14,2 Milliarden Euro, um die das damalige Guthaben des EEG-Kontos schrumpfte, weil die Spotmarkt-Erlöse aus dem geförderten deutschen Ökostrom niedriger waren als die Auszahlung von Einspeisevergütungen. Damit war das Guthaben praktisch weg, das Konto brauchte frisches Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Bloß wie viel? Für dieses Jahr hatten die ÜNB als Verwalter des EEG-Kontos im September 2023 für 2024 noch einen Zuschussbedarf von 10,6 Milliarden Euro vorausgesagt. Die Prognosen schaukelten sich danach scheibchenweise hoch bis zu jenen 19 Milliarden Euro, von denen die Bundesregierung seit Juli in ihrem Entwurf für einen Nachtragshaushalt ausgeht.

Kurz darauf meldete die Bild die 23 Milliarden. Recherchen und Nachfragen dieser Redaktion beim RWI ergaben aber: Die „Abschätzung“ stammt nicht vom Institut als ganzem, wie es betont, sondern allein von dem beim RWI und an der Uni Bochum beschäftigten Energieökonomen Professor Dr. Manuel Frondel.
 
 
Zu hohe Schätzungen statt Ist-Zahlen

Und die hat methodische Fehler, belegen Originalunterlagen, die er auf Anfrage zur Verfügung stellte: So schätzt er die Kosten für Januar bis Juli, und das jeweils zu hoch, obwohl zum Zeitpunkt des Bild-Berichts die entsprechenden Ist-Zahlen veröffentlicht waren und er dies eigentlich wusste, wie er einräumt. Er kommt bis Juli auf gut 13,3 Milliarden Euro. Nach Berechnungen unserer Redaktion waren es aber, wenn man die KTF-Zuschüsse herausrechnet, lediglich 11,6 Milliarden Euro, knapp 13 Prozent weniger.

Zur Begründung sagte Frondel unserer Redaktion zunächst, wenn die EEG-Kosten totgeschwiegen würden, müsse man etwas übertreiben, wenn man politisch gehört werden wolle. Das sei, gibt er auf Vorhalt zu, methodisch „ungeschickt“ gewesen, und er distanziere sich nun von seiner Vorgehensweise.

Im Übrigen komme es aber bei dem Thema Kostenexplosion nicht um ein paar Milliarden hin oder her an. Die Bildzeitung habe auf eine Jahreszahl gedrungen. „Möglicherweise“ sei auch seine Schätzung für den Rest des Jahres, für die es naturgemäß noch keine Echtzahlen gibt, „zu hoch“ ausgefallen.

Die Sache mit den Subventionen während negativer Preise

Die Bundesregierung hat auf die galoppierenden Kosten der Erneuerbaren-Förderung im Juli insofern reagiert, als sie in ihrem Wirtschaftsprogramm ankündigte, die Einspeiseförderung bei negativen Preisen schon von der ersten Stunde an zu streichen. Dies ist derzeit erst nach drei Stunden der Fall, und die Streichung betrifft nur direktvermarktungspflichtige Anlagen ab 100 kW, also beispielsweise nicht die 4,3 Millionen kleineren Dach-PV-Anlagen, die gesetzliche Fixvergütungen erhalten.

Frondel ist das zu zaghaft. Das „grundlegende Problem“ bleibe, dass der PV-Boom die Strom-Großhandelspreise entlang der PV-Einspeisekurve tagsüber drückt, bis hin zu negativen Stundenpreisen. Das treibe die Kosten, weil eine steigende Differenz zu den Fixvergütungen aus dem EEG-Konto heraus beglichen werden muss. Das Ausland freue sich derweil über Stromimporte, für die es noch bezahlt werde. Umgekehrt fehle heimischer Strom in der Nacht.

Frondel: Speicher zur PV-Förderbedingung machen

Der Energieökonom fordert daher als „einfache Lösung“, PV-Einspeisevergütungen, auch bei Altanlagen, an die Bedingung zu knüpfen, dass die Anlagenbetreiber Stromspeicher unterhalten, in diese tagsüber einspeisen und nachts ausspeisen, wenn ihr Strom wirklich benötigt werde. Dies nütze ihnen selbst, weil die Erlöse pro kWh höher wären, verbessere aber auch die Strom-Außenhandelsbilanz Deutschlands, kurz, führe zu „einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten in Deutschland, zulasten des Auslands“. Hierzu regt Frondel Speichersubventionen aus dem KTF an.

Die „harsche Lösung“ wäre aus Sicht des Wissenschaftlers die Streichung der Einspeisevergütungen bei negativen Strompreisen, wie sie die Ampel andenkt, aber „auch für Altanlagen, und keinerlei Förderung mehr für Neuanlagen!“ Oder, aus seiner Sicht noch besser: schon bei niedrigen positiven Stundenpreisen, beispielsweise bei 20 Euro/MWh.

Donnerstag, 22.08.2024, 13:14 Uhr
Georg Eble

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