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Energie & Management > Politik - Ampel-Koalition weicht Sektorziele für Klimaschutz auf
Quelle: Fotolia / oqopo
Politik

Ampel-Koalition weicht Sektorziele für Klimaschutz auf

Der dreitägige Koalitionsausschuss der Ampel verabschiedet sich von den sektorscharfen Zielen im Klimaschutzgesetz. Beim Verpassen der Vorgaben muss nur insgesamt gehandelt werden.
Vor allem die Ziele der Grünen haben im Ergebnis der Regierungsklausur der Ampel-Koalition gelitten. Die Vertreter von SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen einigten sich
auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Damit werden die Ziele für die Senkung der Treibhausgasemissionen zwar noch nach Sektoren erfasst und gezählt, nachsteuern soll die Regierung künftig aber erst nach zwei aufeinanderfolgenden Zielverfehlungen und für alle Sektoren zusammen.

„Der mühselige Arbeits- und Verhandlungsprozess, den sich die Koalitionsparteien und meine Regierung jetzt vorgenommen haben, ist ja stellvertretend für die ganze Gesellschaft auf ihrem Weg in eine wirtschaftlich erfolgreiche Moderne“, resümierte Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Autobahnbau geht weiter

Insbesondere der Verkehrsbereich, für den Minister Volker Wissing (FDP) verantwortlich ist, hatte die Klimaschutzziele nie eingehalten und auch keine adäquaten Maßnahmen angeboten. Stattdessen setzte Wissing sein Ziel durch, dass für die Planungsbeschleunigung auch bestimmte Autobahnprojekte infrage kommen sollen, an denen Engpässe bestehen. Insgesamt geht es dabei um 144 Infrastrukturprojekte, bei denen aufgrund eines "überragenden öffentlichen Interesses“ Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Umweltschutzprüfungen beschleunigt werden sollen. Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) nannte auf Twitter Projekte etwa auf den Autobahnen A5, A6 und A8.

Die Lkw-Maut soll erhöht und 80 Prozent der Einnahmen für die Bahn verwendet werden. Bislang gingen Einnahmen aus der Lkw-Maut nur in den Fernstraßenbau. Bahnstrecken sollen beschleunigt ausgebaut werden. Bei Eingriffen in Natur und Landschaft, etwa durch den Bau von Windrädern oder Straßen, soll nicht nur ein Flächenausgleich gelten, sondern künftig auch Geld als Kompensation gezahlt werden können. Mit diesen Einnahmen sollen dann größere und zusammenhängende Flächen gekauft werden, um eine Renaturierung und den Naturschutz zu stärken.

Heizungsverbot abgemildert

Auch das umstrittene Gasheizungsverbot wurde abgeschwächt. Nun soll "möglichst" jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, hieß es nach der Klausur. Es gibt noch keine handfesten Beschlüsse zur Förderung oder sozialen Abfederung der Wärmewende. Das Geld soll laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, einem Budget außerhalb des regulären Bundeshaushalts.

Kontrovers waren die Reaktionen auf die Koalitionsbeschlüsse. CSU-Generalsekretär Martin Huber auf Twitter: „Nichts zur Kindergrundsicherung, Wischiwaschi zum
Heizungsverbot, Klimaziele werden über Bord geworfen.“ Scharfe Kritik kam auch von der Linken und der AfD. Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP nannten ihre Ergebnisse hingegen „wegweisend“. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte allerdings: „Das, was wir beschlossen haben, das reicht noch nicht.“ Sie betonte, dass jeder Kilometer neu gebauter Autobahn in Zukunft von Solarpanelen begleitet werde.

Verbändereaktionen von Zustimmung bis Verdammung

Heizungen, die derzeit fossile Energieträger nutzen, sollen laut Lindner weiter betrieben werden können, wenn sie mit klimafreundlichen Brennstoffen gespeist werden. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) sagte: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung bei der Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) von strikten Verboten absehen will und mehr Flexibilität und Technologieoffenheit zeigt.“ Das stärke die kommunale Wärmeplanung vor Ort und ermögliche eine kosteneffiziente Wärmewende. „Nun kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes an“, schränkte Liebing ein.

Der Sozialverband VdK und der Kinderschutzbund monierten das Fehlen einer Verständigung zur Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung. Umweltorganisationen warfen der Koalition eine Aufweichung der Klimaschutzregeln vor. Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger sagte, mit der Aufweichung der Sektorenziele falle die Ampel-Regierung „hinter das Ambitionsniveau der Vorgängerregierung“ zurück. Klimaschützer von Client Earth drohten unter Verweis auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021 und unter Berufung auf eine eigene juristische Kurzstudie sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Lob kam hingegen von der Allianz pro Schiene. Deren Geschäftsführer Dirk Flege begrüßte, dass die Bahn mehr Geld bekommen soll und dafür auch Mittel aus der LKW-Maut fließen sollen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Einigungen zum Verkehrssektor insgesamt und dabei auch, dass weiter in den Straßenbau investiert wird. „Deutschland wird noch sehr lange auf die Automobilität angewiesen sein. Es wird Jahrzehnte dauern, das Schienennetz − auch das europäische − so auszubauen, dass das Volumen der Schienentransporte sehr deutlich steigen kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der Rheinischen Post.

Mittwoch, 29.03.2023, 12:18 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Ampel-Koalition weicht Sektorziele für Klimaschutz auf
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Ampel-Koalition weicht Sektorziele für Klimaschutz auf
Der dreitägige Koalitionsausschuss der Ampel verabschiedet sich von den sektorscharfen Zielen im Klimaschutzgesetz. Beim Verpassen der Vorgaben muss nur insgesamt gehandelt werden.
Vor allem die Ziele der Grünen haben im Ergebnis der Regierungsklausur der Ampel-Koalition gelitten. Die Vertreter von SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen einigten sich
auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Damit werden die Ziele für die Senkung der Treibhausgasemissionen zwar noch nach Sektoren erfasst und gezählt, nachsteuern soll die Regierung künftig aber erst nach zwei aufeinanderfolgenden Zielverfehlungen und für alle Sektoren zusammen.

„Der mühselige Arbeits- und Verhandlungsprozess, den sich die Koalitionsparteien und meine Regierung jetzt vorgenommen haben, ist ja stellvertretend für die ganze Gesellschaft auf ihrem Weg in eine wirtschaftlich erfolgreiche Moderne“, resümierte Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Autobahnbau geht weiter

Insbesondere der Verkehrsbereich, für den Minister Volker Wissing (FDP) verantwortlich ist, hatte die Klimaschutzziele nie eingehalten und auch keine adäquaten Maßnahmen angeboten. Stattdessen setzte Wissing sein Ziel durch, dass für die Planungsbeschleunigung auch bestimmte Autobahnprojekte infrage kommen sollen, an denen Engpässe bestehen. Insgesamt geht es dabei um 144 Infrastrukturprojekte, bei denen aufgrund eines "überragenden öffentlichen Interesses“ Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Umweltschutzprüfungen beschleunigt werden sollen. Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) nannte auf Twitter Projekte etwa auf den Autobahnen A5, A6 und A8.

Die Lkw-Maut soll erhöht und 80 Prozent der Einnahmen für die Bahn verwendet werden. Bislang gingen Einnahmen aus der Lkw-Maut nur in den Fernstraßenbau. Bahnstrecken sollen beschleunigt ausgebaut werden. Bei Eingriffen in Natur und Landschaft, etwa durch den Bau von Windrädern oder Straßen, soll nicht nur ein Flächenausgleich gelten, sondern künftig auch Geld als Kompensation gezahlt werden können. Mit diesen Einnahmen sollen dann größere und zusammenhängende Flächen gekauft werden, um eine Renaturierung und den Naturschutz zu stärken.

Heizungsverbot abgemildert

Auch das umstrittene Gasheizungsverbot wurde abgeschwächt. Nun soll "möglichst" jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, hieß es nach der Klausur. Es gibt noch keine handfesten Beschlüsse zur Förderung oder sozialen Abfederung der Wärmewende. Das Geld soll laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, einem Budget außerhalb des regulären Bundeshaushalts.

Kontrovers waren die Reaktionen auf die Koalitionsbeschlüsse. CSU-Generalsekretär Martin Huber auf Twitter: „Nichts zur Kindergrundsicherung, Wischiwaschi zum
Heizungsverbot, Klimaziele werden über Bord geworfen.“ Scharfe Kritik kam auch von der Linken und der AfD. Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP nannten ihre Ergebnisse hingegen „wegweisend“. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte allerdings: „Das, was wir beschlossen haben, das reicht noch nicht.“ Sie betonte, dass jeder Kilometer neu gebauter Autobahn in Zukunft von Solarpanelen begleitet werde.

Verbändereaktionen von Zustimmung bis Verdammung

Heizungen, die derzeit fossile Energieträger nutzen, sollen laut Lindner weiter betrieben werden können, wenn sie mit klimafreundlichen Brennstoffen gespeist werden. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) sagte: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung bei der Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) von strikten Verboten absehen will und mehr Flexibilität und Technologieoffenheit zeigt.“ Das stärke die kommunale Wärmeplanung vor Ort und ermögliche eine kosteneffiziente Wärmewende. „Nun kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes an“, schränkte Liebing ein.

Der Sozialverband VdK und der Kinderschutzbund monierten das Fehlen einer Verständigung zur Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung. Umweltorganisationen warfen der Koalition eine Aufweichung der Klimaschutzregeln vor. Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger sagte, mit der Aufweichung der Sektorenziele falle die Ampel-Regierung „hinter das Ambitionsniveau der Vorgängerregierung“ zurück. Klimaschützer von Client Earth drohten unter Verweis auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021 und unter Berufung auf eine eigene juristische Kurzstudie sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Lob kam hingegen von der Allianz pro Schiene. Deren Geschäftsführer Dirk Flege begrüßte, dass die Bahn mehr Geld bekommen soll und dafür auch Mittel aus der LKW-Maut fließen sollen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Einigungen zum Verkehrssektor insgesamt und dabei auch, dass weiter in den Straßenbau investiert wird. „Deutschland wird noch sehr lange auf die Automobilität angewiesen sein. Es wird Jahrzehnte dauern, das Schienennetz − auch das europäische − so auszubauen, dass das Volumen der Schienentransporte sehr deutlich steigen kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der Rheinischen Post.

Mittwoch, 29.03.2023, 12:18 Uhr
Susanne Harmsen

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