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Energie & Management > Geothermie - Aufbruch zur Schatzsuche in den Tiefen NRWs
Mona Neubaur erläutert Experten den "Masterplan Geothermie" für NRW. Quelle: E&M / Volker Stephan
Geothermie

Aufbruch zur Schatzsuche in den Tiefen NRWs

Als Schatz in der Tiefe weckt die Erdwärme Begehrlichkeiten. Weil die Landesregierung Nordrhein-Westfalens die Schatzsuche ab sofort mit Geld und Daten fördert, erntet sie viel Beifall.
Ein Fünftel des Wärmebedarfs will Nordrhein-Westfalen bis 2045 über Geothermie decken, also mit der Wärme unterhalb der Erdoberfläche oder aus Gewässern in noch größeren Tiefen (wir berichteten). Bei der Präsentation des „Masterplans Geothermie“ am 8. April in Düsseldorf vor Vertretern von Unternehmen, Versorgern und Experten gab es große Zustimmung für Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).

So hält auch Gregor Dilger das Ziel, annähernd 33 Milliarden kWh geothermische Wärme aus der Erde zu gewinnen, für ambitioniert. Der Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie sagte bei der Veranstaltung in der NRW-Bank, dass das Potenzial der Erdwärme durch die oberflächennahen Vorkommen gleichwohl „deutlich höher eingeschätzt“ werde und bei mehr als 50 Prozent liege.

Mona Neubaur nahm diesen Ball auf. „Es geht mehr, das ist richtig“, sagte sie zu den Anwesenden. Allein höhere Ziele zu formulieren, damit sei allerdings „weniger zu gewinnen“. Es gelte vielmehr, Ziele und Möglichkeiten in Gleichklang zu setzen. Die Bedingungen seien aus wirtschaftlicher und geopolitischer Sicht derzeit nicht die besten. Der schwarz-grünen Regierung sei es daher wichtiger gewesen, „jetzt Sicherheit in einzelne Maßnahmen zu bringen“.
 
Eine Herausforderung für die Geothermie-Pläne sieht Rolf Bracke vom Fraunhofer IEG im großen Fachkräftebedarf.
Quelle: E&M / Volker Stephan

Den Wärmebedarf im Jahr 2045 schätzt das Land auf 135 Milliarden kWh. Für realistisch hält NRW dann ein Erdwärme-Potenzial von 24,1 Milliarden bis 33,1 Milliarden kWh. Der größte Anteil (bis zu 21 Milliarden kWh) liegt im oberflächennahen Bereich (bis 400 Meter), hier taugt die Energiequelle vor allem für Gebäude und Quartiere.

Bis zu 30.000 Fachkräfte für die Geothermie-Strategie nötig

Bei der mitteltiefen Geothermie (400 bis 1.500 Meter) sollen Wärmenetze und Industriebetriebe Nutznießer sein – die Landesberechnungen gehen hier von 4,1 Milliarden kWh bis 2045 aus. Von tiefen Bohrungen (ab 1.500 Metern) können Fernwärmenetze aufgrund der viel wärmeren Wasservorkommen direkt profitieren, auch Niedertemperatur-Prozesswärme für die Industrie ist hier denkbar. Das Potenzial gibt das Land hier mit bis zu 8,1 Milliarden kWh an.

Eine Herausforderung bei der Wärmewende über Geothermie ist etwa der Fachkräftebedarf. Rolf Bracke sagte in Düsseldorf, 23.000 bis 30.000 Menschen würden für das Gelingen benötigt. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) regte daher eine Taskforce an, die sich um Aus- und Weiterbildung des erforderlichen Personals kümmert.

Das IEG hat in Nordrhein-Westfalen bereits 2022 mit den Stadtwerken aus Aachen, Bochum, Duisburg, Düsseldorf und Münster die kommunale „Allianz für Geothermie“ gegründet. Für die Stadtwerke Bochum Holding, die aktuell Grubenwasser-Projekte vorantreibt, meldete Frank Peper sich zu Wort. Der Hauptabteilungsleiter Fernwärme, Wasser und Energieprojekte interessierte sich vor allem für die finanzielle Förderung im Rahmen des „Masterplans“. Lokale Versorger sehen die Kostenbelastung im Falle von fehlgeschlagenen Bohrungen mit Sorge.

Das Land gehe hier an die Grenzen des beihilferechtlich Möglichen, sagte Ministerin Mona Neubaur. Konkret gewährt die schwarz-grüne Regierung über die NRW-Bank einen Zuschuss von 45 Prozent der Bohrkosten, maximal 4,5 Millionen Euro. Das Geld ist ganz oder in Teilen zurückzuzahlen, sollten die Bohrungen in mitteltiefen und tiefen Schichten erfolgreich sein.

Risiko-Topf für Stadtwerke mit 20 Millionen Euro gefüllt

Der insgesamt 20 Millionen Euro starke Topf dient also ausschließlich dazu, das „Fündigkeitsrisiko“ der teuren Tiefenbohrungen abzusichern. Für das Wirtschaftsministerium sagte Ralf Kuder, dass die gewährten Gelder „nach einigen Monaten“ für andere Antragsteller zur Verfügung stehen, sofern die Suche sich nicht als Fehlschlag erwiesen haben sollte. In der Praxis wird sich weisen müssen, ob der Fonds zum Abfedern der Risiken die Suche tatsächlich beschleunigt. Denn bereits bei vier Großprojekten, die die zulässige Höchstgrenze von 10 Millionen Euro Gesamtkosten erreichen, wären bis zu einer möglichen Rückzahlung 18 Millionen von 20 Millionen Euro blockiert.

Das Thema Fündigkeit ist auch bei den Stadtwerken Düsseldorf ein großes Thema. Der Versorger sei „wild entschlossen“, den Weg der Geothermie für sich zu eruieren, sagte Verena Svensson, Leiterin Strategie und Nachhaltigkeit. Düsseldorf bevorzuge bei der Wärmewende allerdings einen „Mix aus Dekarbonisierungstechnologien“.

Eine wichtige Hilfe sieht die Landesregierung auch darin, lokalen und regionalen Energieversorgern mehr Daten über die Beschaffenheit des Untergrunds und mögliche Geothermie-Quellen bereitzustellen. Der landeseigene Geologische Dienst weitet seine Bohrungen und Untersuchungen dafür bis 2028 aus. Dafür nimmt Schwarz-Grün 50 Millionen Euro in die Hand. „Eine substanzielle Datenbasis ist hoffentlich eine wirkmächtige Unterstützung bei der Wärmeplanung, die wir von den Kommunen verlangen“, so Neubaur.

Dienstag, 9.04.2024, 16:54 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Geothermie - Aufbruch zur Schatzsuche in den Tiefen NRWs
Mona Neubaur erläutert Experten den "Masterplan Geothermie" für NRW. Quelle: E&M / Volker Stephan
Geothermie
Aufbruch zur Schatzsuche in den Tiefen NRWs
Als Schatz in der Tiefe weckt die Erdwärme Begehrlichkeiten. Weil die Landesregierung Nordrhein-Westfalens die Schatzsuche ab sofort mit Geld und Daten fördert, erntet sie viel Beifall.
Ein Fünftel des Wärmebedarfs will Nordrhein-Westfalen bis 2045 über Geothermie decken, also mit der Wärme unterhalb der Erdoberfläche oder aus Gewässern in noch größeren Tiefen (wir berichteten). Bei der Präsentation des „Masterplans Geothermie“ am 8. April in Düsseldorf vor Vertretern von Unternehmen, Versorgern und Experten gab es große Zustimmung für Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).

So hält auch Gregor Dilger das Ziel, annähernd 33 Milliarden kWh geothermische Wärme aus der Erde zu gewinnen, für ambitioniert. Der Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie sagte bei der Veranstaltung in der NRW-Bank, dass das Potenzial der Erdwärme durch die oberflächennahen Vorkommen gleichwohl „deutlich höher eingeschätzt“ werde und bei mehr als 50 Prozent liege.

Mona Neubaur nahm diesen Ball auf. „Es geht mehr, das ist richtig“, sagte sie zu den Anwesenden. Allein höhere Ziele zu formulieren, damit sei allerdings „weniger zu gewinnen“. Es gelte vielmehr, Ziele und Möglichkeiten in Gleichklang zu setzen. Die Bedingungen seien aus wirtschaftlicher und geopolitischer Sicht derzeit nicht die besten. Der schwarz-grünen Regierung sei es daher wichtiger gewesen, „jetzt Sicherheit in einzelne Maßnahmen zu bringen“.
 
Eine Herausforderung für die Geothermie-Pläne sieht Rolf Bracke vom Fraunhofer IEG im großen Fachkräftebedarf.
Quelle: E&M / Volker Stephan

Den Wärmebedarf im Jahr 2045 schätzt das Land auf 135 Milliarden kWh. Für realistisch hält NRW dann ein Erdwärme-Potenzial von 24,1 Milliarden bis 33,1 Milliarden kWh. Der größte Anteil (bis zu 21 Milliarden kWh) liegt im oberflächennahen Bereich (bis 400 Meter), hier taugt die Energiequelle vor allem für Gebäude und Quartiere.

Bis zu 30.000 Fachkräfte für die Geothermie-Strategie nötig

Bei der mitteltiefen Geothermie (400 bis 1.500 Meter) sollen Wärmenetze und Industriebetriebe Nutznießer sein – die Landesberechnungen gehen hier von 4,1 Milliarden kWh bis 2045 aus. Von tiefen Bohrungen (ab 1.500 Metern) können Fernwärmenetze aufgrund der viel wärmeren Wasservorkommen direkt profitieren, auch Niedertemperatur-Prozesswärme für die Industrie ist hier denkbar. Das Potenzial gibt das Land hier mit bis zu 8,1 Milliarden kWh an.

Eine Herausforderung bei der Wärmewende über Geothermie ist etwa der Fachkräftebedarf. Rolf Bracke sagte in Düsseldorf, 23.000 bis 30.000 Menschen würden für das Gelingen benötigt. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) regte daher eine Taskforce an, die sich um Aus- und Weiterbildung des erforderlichen Personals kümmert.

Das IEG hat in Nordrhein-Westfalen bereits 2022 mit den Stadtwerken aus Aachen, Bochum, Duisburg, Düsseldorf und Münster die kommunale „Allianz für Geothermie“ gegründet. Für die Stadtwerke Bochum Holding, die aktuell Grubenwasser-Projekte vorantreibt, meldete Frank Peper sich zu Wort. Der Hauptabteilungsleiter Fernwärme, Wasser und Energieprojekte interessierte sich vor allem für die finanzielle Förderung im Rahmen des „Masterplans“. Lokale Versorger sehen die Kostenbelastung im Falle von fehlgeschlagenen Bohrungen mit Sorge.

Das Land gehe hier an die Grenzen des beihilferechtlich Möglichen, sagte Ministerin Mona Neubaur. Konkret gewährt die schwarz-grüne Regierung über die NRW-Bank einen Zuschuss von 45 Prozent der Bohrkosten, maximal 4,5 Millionen Euro. Das Geld ist ganz oder in Teilen zurückzuzahlen, sollten die Bohrungen in mitteltiefen und tiefen Schichten erfolgreich sein.

Risiko-Topf für Stadtwerke mit 20 Millionen Euro gefüllt

Der insgesamt 20 Millionen Euro starke Topf dient also ausschließlich dazu, das „Fündigkeitsrisiko“ der teuren Tiefenbohrungen abzusichern. Für das Wirtschaftsministerium sagte Ralf Kuder, dass die gewährten Gelder „nach einigen Monaten“ für andere Antragsteller zur Verfügung stehen, sofern die Suche sich nicht als Fehlschlag erwiesen haben sollte. In der Praxis wird sich weisen müssen, ob der Fonds zum Abfedern der Risiken die Suche tatsächlich beschleunigt. Denn bereits bei vier Großprojekten, die die zulässige Höchstgrenze von 10 Millionen Euro Gesamtkosten erreichen, wären bis zu einer möglichen Rückzahlung 18 Millionen von 20 Millionen Euro blockiert.

Das Thema Fündigkeit ist auch bei den Stadtwerken Düsseldorf ein großes Thema. Der Versorger sei „wild entschlossen“, den Weg der Geothermie für sich zu eruieren, sagte Verena Svensson, Leiterin Strategie und Nachhaltigkeit. Düsseldorf bevorzuge bei der Wärmewende allerdings einen „Mix aus Dekarbonisierungstechnologien“.

Eine wichtige Hilfe sieht die Landesregierung auch darin, lokalen und regionalen Energieversorgern mehr Daten über die Beschaffenheit des Untergrunds und mögliche Geothermie-Quellen bereitzustellen. Der landeseigene Geologische Dienst weitet seine Bohrungen und Untersuchungen dafür bis 2028 aus. Dafür nimmt Schwarz-Grün 50 Millionen Euro in die Hand. „Eine substanzielle Datenbasis ist hoffentlich eine wirkmächtige Unterstützung bei der Wärmeplanung, die wir von den Kommunen verlangen“, so Neubaur.

Dienstag, 9.04.2024, 16:54 Uhr
Volker Stephan

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