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Bis 2030 soll der Energieverbrauch in Deutschland im Vergleich zu 2008 um 26,5 Prozent sinken. Das beschloss der Bundestag im Energieeffizienzgesetz. Er setzt damit auch EU-Vorgaben um.
Das Energieeffizienzgesetz sollte eigentlich schon vor der Sommerpause verabschiedet werden. Nun gelang die Abstimmung im Bundestag am 21.
September. Das Gesetz verpflichtet Behörden, Unternehmen und Rechenzentren, von 2024 an Maßnahmen zu ergreifen, um Energie einzusparen. Kritiker des Gesetzes beklagen fehlende Förderprogramme für die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen und fehlende Einsparungsverpflichtungen für Unternehmen und Kommunen.
Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Es sollte eigentlich schon im Juli einen Tag vor der Sommerpause beschlossen werden. Die Abstimmung platzte aber, weil nicht mehr ausreichend Abgeordnete im Plenarsaal waren und auf Antrag der AfD die Beschlussunfähigkeit festgestellt werden musste.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) nennt das Gesetz einen wichtigen und lange überfälligen Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen Energiepolitik. Der geschäftsführende Vorstand Christian Noll sagte: „Nach der großen Verunsicherung durch das Gebäudeenergiegesetz ist das Effizienzgesetz ein Lichtblick.“
Es fehlten allerdings einige der Anforderungen aus der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED), wie die jährliche Sanierungsrate von 3
Prozent für öffentliche Gebäude und die Einhaltung des „Efficiency-First“-Grundsatzes, kritisierte Noll. Die EED wurde am 20.
September im Amtsblatt der EU veröffentlicht und damit bindend.
Primärenergieverbrauch um fast 40 Prozent senkenPositiv seien, schreibt die Deneff weiter, die erstmals verbindlichen Energieeinsparziele bis 2030. So soll der deutsche Primärenergieverbrauch um 39,3
Prozent gegenüber 2008 sinken und der Endenergieverbrauch um 26,5
Prozent gegenüber 2008.
Leider seien weitere Einsparziele für die Zeit nach 2030 unverbindlich oder gestrichen worden, bedauert die Deneff. Der Verband fordert die Bundesregierung daher auf, sich in ihrem Klimaschutzplan und mit Blick auf künftige Novellen für eine verbindliche Fortschreibung der Primär- und Endenergieziele bis 2045 auszusprechen.
„Bisher liegt die Bundesrepublik allein im europäischen Vergleich hinter Irland, Estland, Rumänien, Frankreich, Griechenland, Lettland, Dänemark und Slowenien“, bedauerte Noll. Für den Wirtschaftsstandort sei diese Entwicklung angesichts hoher Energiepreise zunehmend kritisch.
Erstmalig werden Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 15
Millionen kWh verpflichtet, auch unabhängig von Subventionen ihren Energieverbrauch systematisch im Blick zu behalten und ein sogenanntes Energie- oder Umweltmanagement einzuführen. Industrieverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nannten dies eine „unnötige Bürokratie“.
Die verpflichtende Umsetzung von Maßnahmen ist im Gesetz nicht vorgesehen, allerdings müssen Unternehmen veröffentlichen, welche Maßnahmen als wirtschaftlich identifiziert wurden. Abwärme sei konsequent zu vermeiden, zu nutzen oder auf einer Online-Plattform zu veröffentlichen, damit mögliche Nutzer gefunden werden können. Das betrifft erstmals auch Rechenzentren. Für diese soll es künftig zudem Energieeffizienzstandards geben.
Kritik in der Anhörung zum GesetzIn der Anhörung zum Gesetz hatte der Vertreter vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) die pauschale Nutzung von Abwärme, wie sie das Gesetz vorschreibt, als „wenig hilfreich“ bezeichnet, weil sie im Zielkonflikt mit anderen investiven Maßnahmen stehe. Kritisch sieht der VCI seiner Aussage nach auch die geplanten Veröffentlichungspflichten. In den Daten schlummerten auch viele Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
Marius Madsen von der Hochschule Niederrhein und Koautor der „Kurzstudie Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie“ sagte, die deutsche Industrie sei in der Lage, 44
Prozent ihres Endenergiebedarfs des Jahres 2021 durch wirtschaftliche und standardmäßig verfügbare Energieeffizienz-Technologien zu erschließen. Dies könne ohne Produktionsbeschränkungen erfolgen und gleichzeitig zu einer hohen Zusatzrendite führen, betonte er. Allerdings würden derzeit 60
Prozent dieser Energieeffizienz-Potenziale nicht erschlossen, weil sie zwar eine sehr attraktive Rendite hätten, „sich aber nicht innerhalb von drei Jahren amortisieren“.
Donnerstag, 21.09.2023, 17:00 Uhr
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