Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Neue Wegemarke auf der Landkarte der kommunalen Versorger: Mit den Stadtwerken Marl ist die Energiewirtschaft nach rund drei Jahren Vorbereitungszeit nun um einen Player reicher.
Die Ruhrgebietsstadt Marl verfügt nun über ein eigenes Stadtwerk. Nach dem Mitte Dezember 2021 erfolgten Ratsbeschluss zur Gründung des kommunalen Versorgers hat der Aufsichtsrat im Januar die wichtigsten Personalien geklärt.
Erster Geschäftsführer der Stadtwerke Marl ist mit Manfred Gehrke der aktuelle Chef der Wirtschaftsförderung jener Stadt, die durch die vom Grimme-Institut jährlich vergebenen Medienpreise bekannt ist. Den Aufsichtsrat der Stadtwerke führt Thomas Terhorst (CDU), sein Stellvertreter ist Andreas Täuber (SPD).
|
Manfred Gehrke (r.) ist der erste Geschäftsführer der Stadtwerke Marl. Den Aufsichtsrat führen Thomas Terhorst (2.v.r.) und Andreas Täuber (2.v.l.), links im Bild: Bürgermeister-Vertreter Michael Bach Quelle: Stadt Marl |
Die Stadt Marl verspricht sich durch eigene Stadtwerke gute Geschäfte mit dem Betrieb der Strom- und Gasnetze, wie Bürgermeister Werner Arndt (SPD) bereits im Dezember nach dem Ratsbeschluss gesagt hatte. Die Stadtwerke Marl GmbH ist zu 100 % in den Händen der Kommune. Als Partner bei der Entwicklung des Netzgeschäfts ist die Eon-Tochter Westnetz (Westenergie) mit im Boot, die als Dienstleister und Netzbetreiber viele Aktien in der Region hält. Der Stromvertrieb bleibt vorerst in den Händen der jeweiligen Lieferanten.
Unter dem Dach der Stadtwerke hat eine Strom-Netzgesellschaft Marl GmbH & Co. KG, an der die Stadtwerke 74,9 % und Westnetz 25,1 % halten, bereits die Arbeit aufgenommen. Dieser Gesellschaft wiederum gehören inzwischen die Gasnetze, die von der gemeinsamen Tochter Gasnetzgesellschaft Marl mbH betrieben werden. Die zu verteilenden Erlöse aus dem Gas- und Stromnetzbetrieb stammen ebenfalls von Westnetz, an das die Netzgesellschaft die Versorgungsadern verpachtet hat.
"Millioneninvestitionen für die Energiewende vor Ort"Die Gründung der Stadtwerke bezeichnen die Stadtoberen laut einer Mitteilung als „Millioneninvestitionen“ und „zukunftsweisende Entscheidung“. Geschäftsführer Manfred Gehrke sieht darin einen Beitrag der Kommune, „die Energiewende vor Ort aktiv zu gestalten“. Aufsichtsratschef Thomas Terhorst hält die Stadtwerke für finanziell gut ausgestattet, um die Investitionen in die Netze in den kommenden Jahren auszubauen.
Die Rekommunalisierung von Versorgungsstrukturen und Stadtwerken ist vielerorts ein Thema. In Berlin hat das Land zuletzt die Stromnetze zurückgekauft, auch der Stadtstaat Hamburg ist wieder Eigentümer zum Beispiel des Wärmenetzes.
In Nordrhein-Westfalen haben kleinere Kommunen im Jahr 2020 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Anteile an lokalen Versorgern zurückzukaufen. Weil Eon die einstige RWE-Tochter Innogy übernommen hatte, ermöglichte die Change-of-Control-Klausel (CoC) umfassende Änderungen in den Beteiligungsverhältnissen. Die Stadtwerke Neuss erhöhten daraufhin ihre Anteile – auch an den Stadtwerken Meerbusch und Willich – leicht, kauften Eon aber nicht komplett aus. Durch die CoC-Klausel und kleinere Anteilszukäufe übernahmen auch die drei Revierkommunen Bottrop, Gladbeck und Gelsenkirchen die Mehrheit am Regionalversorger Emscher Lippe Energie (ELE) von Innogy.
Dienstag, 1.02.2022, 17:04 Uhr
© 2024 Energie & Management GmbH