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Energie & Management > Gasnetz - EU sieht nicht die Gefahr akuter Engpässe bei Erdgas
Quelle: Visionsi/Shutterstock
Gasnetz

EU sieht nicht die Gefahr akuter Engpässe bei Erdgas

Die russische Drohkulisse um die Ukraine führt in Brüssel zu einer grundsätzlichen Neubewertung der Zuverlässigkeit Russlands als wichtigster Energielieferant der EU.
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sagte nach der Münchner Sicherheitskonferenz: „Ich glaube, wir müssen über das Thema Gasversorgung und russisches Gas in der Europäischen Union sprechen.“ Gazprom habe in den letzten Wochen trotz der hohen Gaspreise immer nur das vertraglich vereinbarte Minimum geliefert und seine Speicher im Sommer nur geringfügig aufgefüllt. „Das ist schon ein erstaunliches Verhalten für ein Unternehmen“, sagte sie im deutschen Fernsehen.

Für das laufende Genehmigungsverfahren der Gaspipeline Nord Stream 2 werfe das Fragen auf. Die Europäische Kommission, die Nord Stream 2 zusammen mit der Bundesnetzagentur zertifizieren müsse, werde dabei untersuchen, was es für die Versorgungssicherheit ganz Europas bedeute, wenn Nord Stream 2 in Betrieb genommen werde und die Versorgung über die Erdgaspipelines „Yamal“ (Polen) und „Brotherhood“ (Ukraine) nicht mehr unbedingt nötig sei: „Damit gäbe es eine starke Abhängigkeit von russischem Gas ausschließlich über Nord Stream 1 und 2. Und das wirft die Frage auf, was heißt das für unsere Energiesicherheit in dem Umfeld, das wir jetzt erleben? Diese Frage stellt sich ganz gewaltig!“

In den vergangenen Jahren habe die Europäische Union zu stark auf Gazprom als Lieferanten gesetzt: „Ich halte uns in Europa schon jetzt für zu erpressbar, angesichts der Tatsache, dass 40 % des Gases, das wir nach Europa importieren, russisches Gas ist. Das sind 10 % unseres gesamten Energiebedarfs. Was wir diesen Winter erlebt haben, darf sich nicht weiter fortsetzen.“

Für die kommenden Wochen und Monate sieht die Kommissionspräsidentin allerdings keine Gefahr akuter Engpässe. Bei einem totalen Lieferstopp müssten allerdings Notfallmaßnahmen ergriffen werden. Im Fall eines militärischen Konfliktes bestehe zwar das Risiko deutlicher Einschnitte bei den Lieferungen. Das Frühjahr sei aber nicht mehr weit. Dann werde sich die Lage aufgrund steigender Temperaturen entspannen.

„Wir haben alles getan, um unsere Erdgasversorgung zu diversifizieren. Mit Erfolg. Im Januar sind 120 Schiffe mit LNG-Gas gekommen und wir sind jetzt in der Lage zu sagen: Sollte Russland in einem Konflikt die Gaslieferungen einschränken oder ganz beenden, so sind wir bis zum Ende des Winters auf der sicheren Seite mit den anderen Anbietern, die diese Lücke sehr gerne mit LNG füllen.“

Das betreffe auch die Ukraine, mit der die Kommission eng zusammenarbeite, „so das wir sicherstellen können, dass die Ukraine sicher mit Energie versorgt ist.“
Für die nächsten Jahre müsse sich die EU aber „anders aufstellen“. In diesem Zusammenhang sei wichtig, dass das Gasleitungsnetz der EU sich auch für den Transport von „grünem Wasserstoff“ eigne. Auf die Dauer müsse das Motto heißen: „Raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas und rein in die Produktion von grünem Wasserstoff und erneuerbaren Energien. Denn das macht uns unabhängig und gibt uns Energiesicherheit.“

Der Westen sei gegenüber den russischen Drohgebärden so geeint wie lange nicht, sagte Von der Leyen weiter. Die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland im Falle eines militärischen Vorgehens gegen die Ukraine würden eng nicht nur mit den Vereinigten Staaten, sondern auch mit Großbritannien und Kanada abgestimmt.

Gleichzeitig machte sie klar, dass Sanktionen massive Auswirkungen auch auf die europäischen Geschäftspartner Russlands, insbesondere in der Energiewirtschaft haben würden. „Russland hat eine klare Schwachstelle. Das ist seine Wirtschaft, die fast ausschließlich ausgerichtet ist auf die alten, fossilen Energieträger: Öl, Gas und Kohle. Zwei Drittel der Exporte bestehen aus diesen drei Produkten und die Einnahmen daraus machen die Hälfte des russischen Staatshaushaltes aus.“

Der Vorstandsvorsitzende des deutsch-russischen Gasunternehmens Wintershall Dea, Mario Mehren, der auch Sprecher des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft ist, warnte denn auch in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) davor, Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen. Die Erfahrung zeige, dass damit weder den Menschen in der Ukraine, noch in Russland oder Europa gedient werde.

Mehren will sich trotz des Aufmarsches russischer Truppen an den Grenzen der Ukraine Anfang März mit Staatspräsident Putin treffen. „Dialoge abbrechen macht unsere Welt nicht sicherer“, sagte er der FAS. Wintershall ist der wichtigste deutsche Kooperationspartner des russischen Exportmonopolisten Gazprom und fördert in Sibirien Gas für den deutschen Markt.
 

Montag, 21.02.2022, 16:21 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gasnetz - EU sieht nicht die Gefahr akuter Engpässe bei Erdgas
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Gasnetz
EU sieht nicht die Gefahr akuter Engpässe bei Erdgas
Die russische Drohkulisse um die Ukraine führt in Brüssel zu einer grundsätzlichen Neubewertung der Zuverlässigkeit Russlands als wichtigster Energielieferant der EU.
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sagte nach der Münchner Sicherheitskonferenz: „Ich glaube, wir müssen über das Thema Gasversorgung und russisches Gas in der Europäischen Union sprechen.“ Gazprom habe in den letzten Wochen trotz der hohen Gaspreise immer nur das vertraglich vereinbarte Minimum geliefert und seine Speicher im Sommer nur geringfügig aufgefüllt. „Das ist schon ein erstaunliches Verhalten für ein Unternehmen“, sagte sie im deutschen Fernsehen.

Für das laufende Genehmigungsverfahren der Gaspipeline Nord Stream 2 werfe das Fragen auf. Die Europäische Kommission, die Nord Stream 2 zusammen mit der Bundesnetzagentur zertifizieren müsse, werde dabei untersuchen, was es für die Versorgungssicherheit ganz Europas bedeute, wenn Nord Stream 2 in Betrieb genommen werde und die Versorgung über die Erdgaspipelines „Yamal“ (Polen) und „Brotherhood“ (Ukraine) nicht mehr unbedingt nötig sei: „Damit gäbe es eine starke Abhängigkeit von russischem Gas ausschließlich über Nord Stream 1 und 2. Und das wirft die Frage auf, was heißt das für unsere Energiesicherheit in dem Umfeld, das wir jetzt erleben? Diese Frage stellt sich ganz gewaltig!“

In den vergangenen Jahren habe die Europäische Union zu stark auf Gazprom als Lieferanten gesetzt: „Ich halte uns in Europa schon jetzt für zu erpressbar, angesichts der Tatsache, dass 40 % des Gases, das wir nach Europa importieren, russisches Gas ist. Das sind 10 % unseres gesamten Energiebedarfs. Was wir diesen Winter erlebt haben, darf sich nicht weiter fortsetzen.“

Für die kommenden Wochen und Monate sieht die Kommissionspräsidentin allerdings keine Gefahr akuter Engpässe. Bei einem totalen Lieferstopp müssten allerdings Notfallmaßnahmen ergriffen werden. Im Fall eines militärischen Konfliktes bestehe zwar das Risiko deutlicher Einschnitte bei den Lieferungen. Das Frühjahr sei aber nicht mehr weit. Dann werde sich die Lage aufgrund steigender Temperaturen entspannen.

„Wir haben alles getan, um unsere Erdgasversorgung zu diversifizieren. Mit Erfolg. Im Januar sind 120 Schiffe mit LNG-Gas gekommen und wir sind jetzt in der Lage zu sagen: Sollte Russland in einem Konflikt die Gaslieferungen einschränken oder ganz beenden, so sind wir bis zum Ende des Winters auf der sicheren Seite mit den anderen Anbietern, die diese Lücke sehr gerne mit LNG füllen.“

Das betreffe auch die Ukraine, mit der die Kommission eng zusammenarbeite, „so das wir sicherstellen können, dass die Ukraine sicher mit Energie versorgt ist.“
Für die nächsten Jahre müsse sich die EU aber „anders aufstellen“. In diesem Zusammenhang sei wichtig, dass das Gasleitungsnetz der EU sich auch für den Transport von „grünem Wasserstoff“ eigne. Auf die Dauer müsse das Motto heißen: „Raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas und rein in die Produktion von grünem Wasserstoff und erneuerbaren Energien. Denn das macht uns unabhängig und gibt uns Energiesicherheit.“

Der Westen sei gegenüber den russischen Drohgebärden so geeint wie lange nicht, sagte Von der Leyen weiter. Die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland im Falle eines militärischen Vorgehens gegen die Ukraine würden eng nicht nur mit den Vereinigten Staaten, sondern auch mit Großbritannien und Kanada abgestimmt.

Gleichzeitig machte sie klar, dass Sanktionen massive Auswirkungen auch auf die europäischen Geschäftspartner Russlands, insbesondere in der Energiewirtschaft haben würden. „Russland hat eine klare Schwachstelle. Das ist seine Wirtschaft, die fast ausschließlich ausgerichtet ist auf die alten, fossilen Energieträger: Öl, Gas und Kohle. Zwei Drittel der Exporte bestehen aus diesen drei Produkten und die Einnahmen daraus machen die Hälfte des russischen Staatshaushaltes aus.“

Der Vorstandsvorsitzende des deutsch-russischen Gasunternehmens Wintershall Dea, Mario Mehren, der auch Sprecher des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft ist, warnte denn auch in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) davor, Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen. Die Erfahrung zeige, dass damit weder den Menschen in der Ukraine, noch in Russland oder Europa gedient werde.

Mehren will sich trotz des Aufmarsches russischer Truppen an den Grenzen der Ukraine Anfang März mit Staatspräsident Putin treffen. „Dialoge abbrechen macht unsere Welt nicht sicherer“, sagte er der FAS. Wintershall ist der wichtigste deutsche Kooperationspartner des russischen Exportmonopolisten Gazprom und fördert in Sibirien Gas für den deutschen Markt.
 

Montag, 21.02.2022, 16:21 Uhr
Tom Weingärtner

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