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Energie & Management > Stromnetz - Europäischer Strommarkt in neuem Design
Quelle: Shutterstock / peopleandmore
Stromnetz

Europäischer Strommarkt in neuem Design

Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben sich auf die Reform des sogenannten Elektrizitätsmarktdesigns (EMD) verständigt.
Die Kommission hatte den Vorschlag für ein neues Strommarktdesign (EMD) im März unterbreitet, um dem starken Anstieg der Energiepreise im letzten Jahr Rechnung zu tragen. Der Elektrizitätsmarkt sollte weniger abhängig von der Entwicklung der Gaspreise und krisenfester gemacht werden. Umstritten war bis zuletzt, wie die erneuerbaren Energien und die Atomkraft gefördert werden können.

Die Kommission hatte in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, „zweiseitige Differenzverträge“ (CfD) und anlagenbezogene Langzeitverträge (PPA) zu Standardinstrumenten zu machen. Im Rahmen von CfD wird dem Investor von den Behörden ein Mindestpreis garantiert. Erhält der Betreiber mehr als einen Höchstbetrag, muss er die höheren Einnahmen ganz oder teilweise an den Staat zurückzahlen.

Rat und Parlament haben jetzt vereinbart, dass zweiseitige CfD oder gleichwertige Vereinbarungen das Standardmodell für die Förderung der emissionsfreien Erzeugung sein sollen, auch im Rahmen von PPA. Gefördert wird die Bereitstellung zusätzlicher Erzeugungskapazitäten (Neubau, Repowering, Laufzeitverlängerung) auf der Grundlage von Wind-, Solar- und geothermischer Energie sowie Wasser- und Atomkraftwerken. Laufende Projekte können noch für drei Jahre anderweitig gefördert werden.

Einnahmen aus CfD lassen sich dazu verwenden, Endverbraucher mit Direktzahlungen zu entlasten, Strompreise zu senken oder entsprechende Investitionen anzustoßen. Die genaue Vereinbarung muss von der Kommission geprüft und als Beihilfe genehmigt werden. CfD und PPA sind in jedem Fall freiwillig, sowohl für die Mitgliedsstaaten als auch für die Unternehmen. Die Kommission soll eine Plattform für PPA einrichten, damit ein europäischer Markt dafür entsteht.

Als Reserve, die dem Elektrizitätsmarkt im Rahmen von Kapazitätsmechanismen (CM) zur Verfügung steht, dürfen die Mitgliedsstaaten befristet Kohlekraftwerke einsetzen, die mehr CO2 ausstoßen, als normalerweise erlaubt ist. Damit kann vor allem Polen seine Kohlekraftwerke länger am Netz halten. Es werde jedoch dafür gesorgt, dass Länder, die von dieser Regel zur Sicherung ihrer Versorgung Gebrauch machten, ihre Klimaziele einhielten, sagte der Berichterstatter des Parlamentes, Gonzales Casares (Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten), am Vormittag in Straßburg.

Neue Regeln wurden vor allem für den Krisenfall beschlossen. Eine regionale oder europäische Energiekrise kann vom Ministerrat auf Antrag der EU-Kommission erklärt werden. Voraussetzung ist, dass der Großhandelspreis für Strom drei Monate lang 180 Euro/MWh im Durchschnitt übersteigt. Nach Erklärung der Krise können die Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen, die Endpreise sowohl für private als auch für gewerbliche Verbraucher zu stabilisieren.

Sozial schwache Verbraucher können außerdem von bestimmten Lasten aus der Klimapolitik befreit werden, und niemandem darf der Strom abgestellt werden, weil er seine höhere Stromrechnung nicht bezahlen kann.

Um die Verbraucher vor starken und plötzlichen Preisschwankungen zu schützen, müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass sie Festpreisverträge abschließen, aber auch „dynamische“ Preise vereinbaren können. Letztere sollen einen Anreiz darstellen, Strom vor allem dann zu verbrauchen, wenn die Last gering ist, und in Spitzenlast-Zeiten zu sparen.

​Reaktionen deutscher Parlamentarier

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss, begrüßt zwar die Verbesserung des Verbraucherschutzes. Das könne die absehbaren Klimaschäden durch Kohlekraftwerke im Rahmen von CM aber nicht kompensieren: „Die Atom- und die Kohlestaaten haben sich durchsetzen können. Der Klimaschutz bleibt auf der Strecke. Von der groß angekündigten Reform des Strommarktes bleibt am Ende nicht viel übrig.“

Der energiepolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Christian Ehler (CDU), begrüßte das Ergebnis. Es trage dazu bei, die Ausbauziele für Erneuerbare zu erreichen, und eröffne den Verbrauchern Zugang zu einer stabilen, sauberen und preiswerten Energieversorgung. Für die Union sei entscheidend, dass der Text einem „technologieneutralen und marktorientierten Ansatz“ folge.

Frankreich genau auf die Finger schauen

Die Kommission sei jetzt gehalten, die Verteilung von Geldern, die Mitgliedsstaaten aus CfD vereinnahmen, genau zu kontrollieren. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Frankreich seinen Staatskonzern EDF „als Melkkuh für eine massive Umverteilung von Geldern an die Industrie“ benutzt, sagt Ehler. Er bezweifelt allerdings, dass der Streit zwischen Paris und Berlin mit dem jetzt erzielten Kompromiss beigelegt ist.

In Berlin fürchtet man, dass die französische Regierung, die die EDF inzwischen vollständig kontrolliert, Einnahmen aus den CfD benutzt, um der französischen Industrie Wettbewerbsvorteile zu sichern. Mitgliedsstaaten mit einer privaten Stromerzeugung wie Deutschland wären demgegenüber benachteiligt. Wegen dieser Aussicht befürchten auch andere Mitgliedsstaaten Wettbewerbsverzerrungen (zum französischen Industriestrompreis siehe separate Meldung).

Donnerstag, 14.12.2023, 17:09 Uhr
Tom Weingärtner
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Stromnetz
Europäischer Strommarkt in neuem Design
Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben sich auf die Reform des sogenannten Elektrizitätsmarktdesigns (EMD) verständigt.
Die Kommission hatte den Vorschlag für ein neues Strommarktdesign (EMD) im März unterbreitet, um dem starken Anstieg der Energiepreise im letzten Jahr Rechnung zu tragen. Der Elektrizitätsmarkt sollte weniger abhängig von der Entwicklung der Gaspreise und krisenfester gemacht werden. Umstritten war bis zuletzt, wie die erneuerbaren Energien und die Atomkraft gefördert werden können.

Die Kommission hatte in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, „zweiseitige Differenzverträge“ (CfD) und anlagenbezogene Langzeitverträge (PPA) zu Standardinstrumenten zu machen. Im Rahmen von CfD wird dem Investor von den Behörden ein Mindestpreis garantiert. Erhält der Betreiber mehr als einen Höchstbetrag, muss er die höheren Einnahmen ganz oder teilweise an den Staat zurückzahlen.

Rat und Parlament haben jetzt vereinbart, dass zweiseitige CfD oder gleichwertige Vereinbarungen das Standardmodell für die Förderung der emissionsfreien Erzeugung sein sollen, auch im Rahmen von PPA. Gefördert wird die Bereitstellung zusätzlicher Erzeugungskapazitäten (Neubau, Repowering, Laufzeitverlängerung) auf der Grundlage von Wind-, Solar- und geothermischer Energie sowie Wasser- und Atomkraftwerken. Laufende Projekte können noch für drei Jahre anderweitig gefördert werden.

Einnahmen aus CfD lassen sich dazu verwenden, Endverbraucher mit Direktzahlungen zu entlasten, Strompreise zu senken oder entsprechende Investitionen anzustoßen. Die genaue Vereinbarung muss von der Kommission geprüft und als Beihilfe genehmigt werden. CfD und PPA sind in jedem Fall freiwillig, sowohl für die Mitgliedsstaaten als auch für die Unternehmen. Die Kommission soll eine Plattform für PPA einrichten, damit ein europäischer Markt dafür entsteht.

Als Reserve, die dem Elektrizitätsmarkt im Rahmen von Kapazitätsmechanismen (CM) zur Verfügung steht, dürfen die Mitgliedsstaaten befristet Kohlekraftwerke einsetzen, die mehr CO2 ausstoßen, als normalerweise erlaubt ist. Damit kann vor allem Polen seine Kohlekraftwerke länger am Netz halten. Es werde jedoch dafür gesorgt, dass Länder, die von dieser Regel zur Sicherung ihrer Versorgung Gebrauch machten, ihre Klimaziele einhielten, sagte der Berichterstatter des Parlamentes, Gonzales Casares (Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten), am Vormittag in Straßburg.

Neue Regeln wurden vor allem für den Krisenfall beschlossen. Eine regionale oder europäische Energiekrise kann vom Ministerrat auf Antrag der EU-Kommission erklärt werden. Voraussetzung ist, dass der Großhandelspreis für Strom drei Monate lang 180 Euro/MWh im Durchschnitt übersteigt. Nach Erklärung der Krise können die Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen, die Endpreise sowohl für private als auch für gewerbliche Verbraucher zu stabilisieren.

Sozial schwache Verbraucher können außerdem von bestimmten Lasten aus der Klimapolitik befreit werden, und niemandem darf der Strom abgestellt werden, weil er seine höhere Stromrechnung nicht bezahlen kann.

Um die Verbraucher vor starken und plötzlichen Preisschwankungen zu schützen, müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass sie Festpreisverträge abschließen, aber auch „dynamische“ Preise vereinbaren können. Letztere sollen einen Anreiz darstellen, Strom vor allem dann zu verbrauchen, wenn die Last gering ist, und in Spitzenlast-Zeiten zu sparen.

​Reaktionen deutscher Parlamentarier

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss, begrüßt zwar die Verbesserung des Verbraucherschutzes. Das könne die absehbaren Klimaschäden durch Kohlekraftwerke im Rahmen von CM aber nicht kompensieren: „Die Atom- und die Kohlestaaten haben sich durchsetzen können. Der Klimaschutz bleibt auf der Strecke. Von der groß angekündigten Reform des Strommarktes bleibt am Ende nicht viel übrig.“

Der energiepolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Christian Ehler (CDU), begrüßte das Ergebnis. Es trage dazu bei, die Ausbauziele für Erneuerbare zu erreichen, und eröffne den Verbrauchern Zugang zu einer stabilen, sauberen und preiswerten Energieversorgung. Für die Union sei entscheidend, dass der Text einem „technologieneutralen und marktorientierten Ansatz“ folge.

Frankreich genau auf die Finger schauen

Die Kommission sei jetzt gehalten, die Verteilung von Geldern, die Mitgliedsstaaten aus CfD vereinnahmen, genau zu kontrollieren. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Frankreich seinen Staatskonzern EDF „als Melkkuh für eine massive Umverteilung von Geldern an die Industrie“ benutzt, sagt Ehler. Er bezweifelt allerdings, dass der Streit zwischen Paris und Berlin mit dem jetzt erzielten Kompromiss beigelegt ist.

In Berlin fürchtet man, dass die französische Regierung, die die EDF inzwischen vollständig kontrolliert, Einnahmen aus den CfD benutzt, um der französischen Industrie Wettbewerbsvorteile zu sichern. Mitgliedsstaaten mit einer privaten Stromerzeugung wie Deutschland wären demgegenüber benachteiligt. Wegen dieser Aussicht befürchten auch andere Mitgliedsstaaten Wettbewerbsverzerrungen (zum französischen Industriestrompreis siehe separate Meldung).

Donnerstag, 14.12.2023, 17:09 Uhr
Tom Weingärtner

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