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Energie & Management > Bilanz - EWE übertrifft beim operativen Gewinn die Milliarde
Von links: Vorstände Wolfgang Mücher und Stefan Dohler, Pressesprecher Christian Blömer. Quelle: E&M / Volker Stephan
Bilanz

EWE übertrifft beim operativen Gewinn die Milliarde

Der Energiekonzern EWE hat erstmals ein operatives Ergebnis von mehr als 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. Die Oldenburger machten das meiste Geld im Energie-Großhandel.
In Oldenburg zeigt man sich spendabel. Nach einem außerordentlich guten Geschäftsjahr 2023 des Energiekonzerns EWE fällt dessen Gewinnausschüttung mit 260 Millionen Euro üppig aus. Die 21 beteiligten Landkreise und Kommunen (74 Prozent der Anteile) und das französische Investment-Unternehmen Ardian erhalten insgesamt 233 Millionen Euro für 2023 und einen Nachschlag von 27 Millionen Euro für das Vorjahr.

Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler erklärte auf der Bilanzpressekonferenz am 25. April, die zusätzlichen Millionen für 2022 seien der versprochene Nachholeffekt. EWE könne den Anteilseignern nun mehr geben, weil das operative Ergebnis (nach Abschreibungen) für 2023 erstmals die Milliarden-Euro-Marke überschritten habe (ein Plus von 488 Millionen Euro oder von 55 Prozent).

Das vergangene Jahr brachte allein im Segment Markt ein operatives Ebit von 573 Millionen Euro. Die Tochter EWE Trading habe im nicht-spekulativen Großhandel mit Gas und Strom überzeugt und bei stark schwankenden Preisen rechtzeitig ein- und verkauft, so Stefan Dohler. Das effiziente Einlagern und Ausspeichern von Gas in den eigenen Speichern sowie das Vermieten von Speicherkapazitäten hätten ebenfalls zum guten Ergebnis beigetragen.

Ergebnisprognose für 2024 deutlich zurückhaltender

Der scheidende Finanzvorstand Wolfgang Mücher – er wird, wie berichtet, im Mai von Franz Reiners abgelöst – kippte während seiner letzten Bilanzpräsentation ein wenig Wasser in den Wein. Viele einmalige Erträge auch im Handel ließen sich in diesem und dem nächsten Jahr kaum wiederholen. EWE geht daher von einem um bis zu 45 Prozent schwächeren Ergebnis für 2024 aus.

Das Konzern-Periodenergebnis für 2023 liegt mit mehr als einer halben Milliarde Euro deutlich im Minus. Wolfgang Mücher führt dafür negative Bewertungen von Derivaten und ein hohes Zinsniveau an. Diese Kennzahl sei überwiegend nicht kassenwirksam und damit weniger „real“ als das operative Ergebnis.

Konzernchef Stefan Dohler wollte die Aufmerksamkeit ebenfalls weniger auf den Umsatz (10 Milliarden Euro, plus 16,3 Prozent) und den Gewinn nach Handelsgesetzbuch (428 Millionen Euro gegenüber 36 Millionen Euro im Jahr 2022) lenken. Für ihn sind neben dem operativen Gewinn die Investitionen die herausragende Kennziffer.

Nach 2021 gab EWE erstmals wieder mehr als 1 Milliarde Euro für die Infrastruktur und damit den klimaneutralen Umbau des Konzerns aus. Im Wachstumsfeld Wasserstoff investiert EWE massiv in Kavernen und Leitungen.

Hoffen auf Fördergeld für Mega-Elektrolyseur

Mit Spannung erwartet das Unternehmen den 21. Mai, wenn mit den Anträgen der Ferngasnetzbetreiber (FNB) bei der Bundesnetzagentur Klarheit über die Dimensionen des künftigen H2-Kernnetzes herrschen soll. EWE selbst hofft für seine Projekte auf eine Förderung von etwa einer halben Milliarde Euro. Dann würden die Oldenburger noch 2024 die Investitionen auslösen, um von 2028 an Wasserstoff in großem Industriemaßstab über den geplanten 320-MW-Elektrolyseur in Emden liefern zu können.

Weiteres Tätigkeitsfeld von EWE bleibt der Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur. Auch der Einstieg bei den Wärmepumpen-Herstellern Daikin und Viessmann ist Teil der Transformation. Und am 1. Mai ist übrigens das Kapitel Kohleverstromung bei EWE beendet: Dann ist der letzte Steinkohle-Block der Bremer Tochter SWB vom Netz genommen.

​Warum Erneuerbare weniger einspielen

Gerne würden die Oldenburger den Bau von Erneuerbaren-Anlagen über Alterric, ihr Joint-Venture mit der Aloys-Wobben-Stiftung (Enercon), forcieren. Lange Genehmigungszeiten beeinträchtigten hier die Ziele. Deutschlands größter Onshore-Anlagenbetreiber hat aktuell weitere 3.000 MW Leistung in der Entwicklung. Das Erneuerbaren-Geschäft selbst spielte aufgrund der wieder gefallenen Strompreise 2023 weniger ein: Das Ebit lag mit 93 Millionen Euro um 56 Prozent oder 118 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr.

2 Millionen Euro als Entschuldigung für verärgerte Kundschaft

Reale Schmerzen dürfte den Oldenburgern ein Betrag bereiten. Mit 2 Millionen Euro bezifferte Stefan Dohler die Summe, die EWE für „Entschuldigungszahlungen“ in die Hand nimmt. Der Konzern hatte Kunden 2023 über die Maßen auf ihre Strom- und Gasrechnungen warten lassen, teils bis zu neun Monate. Es gab erhebliche Probleme im Zuge der Preisbremsen, die Verbraucherzentrale Niedersachsen mahnte EWE schließlich ab.

Stefan Dohler erklärte, der Kundenservice erreiche bald wieder das erforderliche und gewünschte Niveau. Die Defizite hier reichen weit zurück: Im Juli 2022 hatte Markt- und Vertriebschef Michael Heidkamp vorzeitig gehen müssen. Seit März 2023 obliegt Christian Friege dieser Bereich.

Donnerstag, 25.04.2024, 15:33 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - EWE übertrifft beim operativen Gewinn die Milliarde
Von links: Vorstände Wolfgang Mücher und Stefan Dohler, Pressesprecher Christian Blömer. Quelle: E&M / Volker Stephan
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EWE übertrifft beim operativen Gewinn die Milliarde
Der Energiekonzern EWE hat erstmals ein operatives Ergebnis von mehr als 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. Die Oldenburger machten das meiste Geld im Energie-Großhandel.
In Oldenburg zeigt man sich spendabel. Nach einem außerordentlich guten Geschäftsjahr 2023 des Energiekonzerns EWE fällt dessen Gewinnausschüttung mit 260 Millionen Euro üppig aus. Die 21 beteiligten Landkreise und Kommunen (74 Prozent der Anteile) und das französische Investment-Unternehmen Ardian erhalten insgesamt 233 Millionen Euro für 2023 und einen Nachschlag von 27 Millionen Euro für das Vorjahr.

Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler erklärte auf der Bilanzpressekonferenz am 25. April, die zusätzlichen Millionen für 2022 seien der versprochene Nachholeffekt. EWE könne den Anteilseignern nun mehr geben, weil das operative Ergebnis (nach Abschreibungen) für 2023 erstmals die Milliarden-Euro-Marke überschritten habe (ein Plus von 488 Millionen Euro oder von 55 Prozent).

Das vergangene Jahr brachte allein im Segment Markt ein operatives Ebit von 573 Millionen Euro. Die Tochter EWE Trading habe im nicht-spekulativen Großhandel mit Gas und Strom überzeugt und bei stark schwankenden Preisen rechtzeitig ein- und verkauft, so Stefan Dohler. Das effiziente Einlagern und Ausspeichern von Gas in den eigenen Speichern sowie das Vermieten von Speicherkapazitäten hätten ebenfalls zum guten Ergebnis beigetragen.

Ergebnisprognose für 2024 deutlich zurückhaltender

Der scheidende Finanzvorstand Wolfgang Mücher – er wird, wie berichtet, im Mai von Franz Reiners abgelöst – kippte während seiner letzten Bilanzpräsentation ein wenig Wasser in den Wein. Viele einmalige Erträge auch im Handel ließen sich in diesem und dem nächsten Jahr kaum wiederholen. EWE geht daher von einem um bis zu 45 Prozent schwächeren Ergebnis für 2024 aus.

Das Konzern-Periodenergebnis für 2023 liegt mit mehr als einer halben Milliarde Euro deutlich im Minus. Wolfgang Mücher führt dafür negative Bewertungen von Derivaten und ein hohes Zinsniveau an. Diese Kennzahl sei überwiegend nicht kassenwirksam und damit weniger „real“ als das operative Ergebnis.

Konzernchef Stefan Dohler wollte die Aufmerksamkeit ebenfalls weniger auf den Umsatz (10 Milliarden Euro, plus 16,3 Prozent) und den Gewinn nach Handelsgesetzbuch (428 Millionen Euro gegenüber 36 Millionen Euro im Jahr 2022) lenken. Für ihn sind neben dem operativen Gewinn die Investitionen die herausragende Kennziffer.

Nach 2021 gab EWE erstmals wieder mehr als 1 Milliarde Euro für die Infrastruktur und damit den klimaneutralen Umbau des Konzerns aus. Im Wachstumsfeld Wasserstoff investiert EWE massiv in Kavernen und Leitungen.

Hoffen auf Fördergeld für Mega-Elektrolyseur

Mit Spannung erwartet das Unternehmen den 21. Mai, wenn mit den Anträgen der Ferngasnetzbetreiber (FNB) bei der Bundesnetzagentur Klarheit über die Dimensionen des künftigen H2-Kernnetzes herrschen soll. EWE selbst hofft für seine Projekte auf eine Förderung von etwa einer halben Milliarde Euro. Dann würden die Oldenburger noch 2024 die Investitionen auslösen, um von 2028 an Wasserstoff in großem Industriemaßstab über den geplanten 320-MW-Elektrolyseur in Emden liefern zu können.

Weiteres Tätigkeitsfeld von EWE bleibt der Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur. Auch der Einstieg bei den Wärmepumpen-Herstellern Daikin und Viessmann ist Teil der Transformation. Und am 1. Mai ist übrigens das Kapitel Kohleverstromung bei EWE beendet: Dann ist der letzte Steinkohle-Block der Bremer Tochter SWB vom Netz genommen.

​Warum Erneuerbare weniger einspielen

Gerne würden die Oldenburger den Bau von Erneuerbaren-Anlagen über Alterric, ihr Joint-Venture mit der Aloys-Wobben-Stiftung (Enercon), forcieren. Lange Genehmigungszeiten beeinträchtigten hier die Ziele. Deutschlands größter Onshore-Anlagenbetreiber hat aktuell weitere 3.000 MW Leistung in der Entwicklung. Das Erneuerbaren-Geschäft selbst spielte aufgrund der wieder gefallenen Strompreise 2023 weniger ein: Das Ebit lag mit 93 Millionen Euro um 56 Prozent oder 118 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr.

2 Millionen Euro als Entschuldigung für verärgerte Kundschaft

Reale Schmerzen dürfte den Oldenburgern ein Betrag bereiten. Mit 2 Millionen Euro bezifferte Stefan Dohler die Summe, die EWE für „Entschuldigungszahlungen“ in die Hand nimmt. Der Konzern hatte Kunden 2023 über die Maßen auf ihre Strom- und Gasrechnungen warten lassen, teils bis zu neun Monate. Es gab erhebliche Probleme im Zuge der Preisbremsen, die Verbraucherzentrale Niedersachsen mahnte EWE schließlich ab.

Stefan Dohler erklärte, der Kundenservice erreiche bald wieder das erforderliche und gewünschte Niveau. Die Defizite hier reichen weit zurück: Im Juli 2022 hatte Markt- und Vertriebschef Michael Heidkamp vorzeitig gehen müssen. Seit März 2023 obliegt Christian Friege dieser Bereich.

Donnerstag, 25.04.2024, 15:33 Uhr
Volker Stephan

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