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Energie & Management > Windkraft Onshore - Gefahr aus dem Weltall für Windkraft-Pläne der Stadtwerke Bonn
Quelle: Pixabay / Simon
Windkraft Onshore

Gefahr aus dem Weltall für Windkraft-Pläne der Stadtwerke Bonn

Die Stadtwerke Bonn möchten die ersten eigenen Windkraftanlagen bauen. Gegen die ausgewählten Flächen im Stadtgebiet regt sich allerdings Widerstand, der bis in den Weltraum reicht.
Im All, könnte man meinen, werden menschengemachte Probleme winzig klein. Doch der erdnahe Orbit könnte im Gegenteil eine entscheidende Größe im Ringen um drei profane Windkraftanlagen werden. Denn das von den Stadtwerken Bonn geplante Turbinen-Trio ist ein Dorn im Auge eines Radars, das den Satellitenhimmel über uns im Blick hat.

„TIRA“ heißt das Weltraumbeobachtungsradar. Das steht für Tracking and Imaging Radar und es steht in Wachtberg, nicht weit von Bonn entfernt. Genau daraus ergibt sich laut Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR), dem Betreiber des Radars, ein gewichtiges Problem. „Die Windkraftanlagen würden den Erfassungsbereich des Radars reduzieren“, sagt FHR-Sprecher Jens Fiege auf Anfrage unserer Redaktion. Wenn es nach dem Institut geht, soll das Projekt der Stadtwerke Bonn möglichst scheitern.

„Einzigartiger“ Orbitbeobachtungsradar mit weniger Durchblick

Für den Versorger würde dies wohl bedeuten, Pläne für Windenergieanlagen im Stadtgebiet beerdigen zu müssen. Nur der Haselingsberg im Ortsteil Heiderhof komme für die zwei bis drei gewünschten Anlagen in Betracht, sagt eine Sprecherin der Stadtwerke im Gespräch unserer Redaktion. Es gebe in der ehemaligen Bundeshauptstadt „keine andere Fläche, die nicht in einem Naturschutzgebiet liegt, einen vergleichbaren Abstand zur Wohnbebauung aufweist und auf deren Flächen wir Zugriff haben“. Am Heiderhof habe das Unternehmen sich bereits „zu einem großen Teil“ die nötigen Grundstücke per Pachtvertrag gesichert.

Eigentlich sieht es ganz gut für das Premieren-Projekt der Stadtwerke aus, die für 2026 mit der Inbetriebnahme der Turbinen rechnen. Es wären die ersten eigenen Anlagen, bisher ist Bonn nur am Offshore-Windpark der Trianel vor Borkum beteiligt. Das Genehmigungsverfahren ist zwar noch nicht in Gang, doch neben den Flächen hat der Versorger sich auch die Zustimmung einer wichtigen Behörden gesichert. So habe das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr zuletzt im Mai 2023 bestätigt, dass der Schutzbereich von 4 Kilometern rund um das Radar Gültigkeit besitzt. Die Anlagen wollen die Stadtwerke im Abstand von 4,2 Kilometern bauen.

Auch habe die Bundeswehr-Behörde laut Stadtwerke-Sprecherin mitgeteilt, dass „Verteidigungsbelange aktuell nicht beeinträchtigt“ seien. Davon weiß auch das Fraunhofer-Institut. Jens Fiege gibt zu, dass das FHR derzeit keine rechtliche Handhabe im Zusammenhang mit den Schutzbereichen habe. Das Problem, dass die Windenergieanlagen einen Teil des Horizonts verdeckten, bestünde dennoch. Und daher suche das Institut derzeit nach Möglichkeiten, „auf politischem Wege doch noch Einfluss nehmen zu können“.

Das FHR verweist auf die Besonderheit seines Radars, von dessen Typ es in Europa kein zweites gebe, nur in den USA existiere ein vergleichbares. Anders als große Radioteleskope etwa in Chile könne TIRA nicht nur Signale empfangen, sondern auch senden. Schrott, Satelliten oder Raumschiffe könne daher nur das FHR-Radar entdecken. Aufgrund der Dimension und des technischen Standards sei das Radar in der Lage, selbst ein nur zwei Zentimeter kleines Objekt in 1.000 Kilometern Entfernung zu erkennen. „Wir haben eine einzigartige Anlage“, sagt Jens Fiege.
 

Fraunhofer-Hauptkunde ist die Bundeswehr

Heutzutage, so der FHR-Sprecher, sei es sehr wichtig, „die aktuelle Weltraumlage zu erkennen“. Satelliten für Navigation, Kommunikation und Wetterdaten könne das FHR mit Hilfe des Radars schützen. Die Satellitenbeobachtung sei also von „gesellschaftlicher Bedeutung“, weil ein Ausfall dieser künstlichen Trabanten Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens haben würde.

Jens Fiege lässt allerdings nicht unerwähnt, dass der Hauptkunde aus dem militärischen Bereich stammt. Es ist das Weltraumlagezentrum der Bundeswehr. Das FHR möchte nicht, dass der Hauptkunde „leidet“, weil das Radar durch die Windkraftpläne „Qualitätseinbußen“ hinnehmen muss. „Es ist im Interesse der Bundeswehr, dass die Windenergieanlagen dort nicht gebaut werden“, so Jens Fiege.

Das FHR sieht ein grundlegendes Problem, dass der festgelegte Schutzradius um TIRA überholt sei, weil er aus dem vergangenen Jahrhundert stammt. Aus einer Zeit also, da nicht mit den heutigen, so hohen Windenergieanlagen zu rechnen gewesen sei. So dürften innerhalb der 4-Kilometer-Zone nur Bauwerke bis zu einer Höhe von 272 Metern über Normalnull entstehen. Das von den Stadtwerken ausgesuchte Areal liege aber selbst schon auf 200 Metern.

Die Sprecherin des Versorgers erklärt, die Anlagen selbst sollen eine Nabenhöhe von 170 Metern haben, hinzu komme die Rotorlänge (vermutlich um die 60 Meter). Viel zu hoch aus Sicht des FHR, das laut Sprecher Jens Fiege hofft, auf ministerieller Ebene bei der Bundesregierung doch noch Gehör zu finden.

Montag, 18.12.2023, 17:35 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft Onshore - Gefahr aus dem Weltall für Windkraft-Pläne der Stadtwerke Bonn
Quelle: Pixabay / Simon
Windkraft Onshore
Gefahr aus dem Weltall für Windkraft-Pläne der Stadtwerke Bonn
Die Stadtwerke Bonn möchten die ersten eigenen Windkraftanlagen bauen. Gegen die ausgewählten Flächen im Stadtgebiet regt sich allerdings Widerstand, der bis in den Weltraum reicht.
Im All, könnte man meinen, werden menschengemachte Probleme winzig klein. Doch der erdnahe Orbit könnte im Gegenteil eine entscheidende Größe im Ringen um drei profane Windkraftanlagen werden. Denn das von den Stadtwerken Bonn geplante Turbinen-Trio ist ein Dorn im Auge eines Radars, das den Satellitenhimmel über uns im Blick hat.

„TIRA“ heißt das Weltraumbeobachtungsradar. Das steht für Tracking and Imaging Radar und es steht in Wachtberg, nicht weit von Bonn entfernt. Genau daraus ergibt sich laut Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR), dem Betreiber des Radars, ein gewichtiges Problem. „Die Windkraftanlagen würden den Erfassungsbereich des Radars reduzieren“, sagt FHR-Sprecher Jens Fiege auf Anfrage unserer Redaktion. Wenn es nach dem Institut geht, soll das Projekt der Stadtwerke Bonn möglichst scheitern.

„Einzigartiger“ Orbitbeobachtungsradar mit weniger Durchblick

Für den Versorger würde dies wohl bedeuten, Pläne für Windenergieanlagen im Stadtgebiet beerdigen zu müssen. Nur der Haselingsberg im Ortsteil Heiderhof komme für die zwei bis drei gewünschten Anlagen in Betracht, sagt eine Sprecherin der Stadtwerke im Gespräch unserer Redaktion. Es gebe in der ehemaligen Bundeshauptstadt „keine andere Fläche, die nicht in einem Naturschutzgebiet liegt, einen vergleichbaren Abstand zur Wohnbebauung aufweist und auf deren Flächen wir Zugriff haben“. Am Heiderhof habe das Unternehmen sich bereits „zu einem großen Teil“ die nötigen Grundstücke per Pachtvertrag gesichert.

Eigentlich sieht es ganz gut für das Premieren-Projekt der Stadtwerke aus, die für 2026 mit der Inbetriebnahme der Turbinen rechnen. Es wären die ersten eigenen Anlagen, bisher ist Bonn nur am Offshore-Windpark der Trianel vor Borkum beteiligt. Das Genehmigungsverfahren ist zwar noch nicht in Gang, doch neben den Flächen hat der Versorger sich auch die Zustimmung einer wichtigen Behörden gesichert. So habe das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr zuletzt im Mai 2023 bestätigt, dass der Schutzbereich von 4 Kilometern rund um das Radar Gültigkeit besitzt. Die Anlagen wollen die Stadtwerke im Abstand von 4,2 Kilometern bauen.

Auch habe die Bundeswehr-Behörde laut Stadtwerke-Sprecherin mitgeteilt, dass „Verteidigungsbelange aktuell nicht beeinträchtigt“ seien. Davon weiß auch das Fraunhofer-Institut. Jens Fiege gibt zu, dass das FHR derzeit keine rechtliche Handhabe im Zusammenhang mit den Schutzbereichen habe. Das Problem, dass die Windenergieanlagen einen Teil des Horizonts verdeckten, bestünde dennoch. Und daher suche das Institut derzeit nach Möglichkeiten, „auf politischem Wege doch noch Einfluss nehmen zu können“.

Das FHR verweist auf die Besonderheit seines Radars, von dessen Typ es in Europa kein zweites gebe, nur in den USA existiere ein vergleichbares. Anders als große Radioteleskope etwa in Chile könne TIRA nicht nur Signale empfangen, sondern auch senden. Schrott, Satelliten oder Raumschiffe könne daher nur das FHR-Radar entdecken. Aufgrund der Dimension und des technischen Standards sei das Radar in der Lage, selbst ein nur zwei Zentimeter kleines Objekt in 1.000 Kilometern Entfernung zu erkennen. „Wir haben eine einzigartige Anlage“, sagt Jens Fiege.
 

Fraunhofer-Hauptkunde ist die Bundeswehr

Heutzutage, so der FHR-Sprecher, sei es sehr wichtig, „die aktuelle Weltraumlage zu erkennen“. Satelliten für Navigation, Kommunikation und Wetterdaten könne das FHR mit Hilfe des Radars schützen. Die Satellitenbeobachtung sei also von „gesellschaftlicher Bedeutung“, weil ein Ausfall dieser künstlichen Trabanten Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens haben würde.

Jens Fiege lässt allerdings nicht unerwähnt, dass der Hauptkunde aus dem militärischen Bereich stammt. Es ist das Weltraumlagezentrum der Bundeswehr. Das FHR möchte nicht, dass der Hauptkunde „leidet“, weil das Radar durch die Windkraftpläne „Qualitätseinbußen“ hinnehmen muss. „Es ist im Interesse der Bundeswehr, dass die Windenergieanlagen dort nicht gebaut werden“, so Jens Fiege.

Das FHR sieht ein grundlegendes Problem, dass der festgelegte Schutzradius um TIRA überholt sei, weil er aus dem vergangenen Jahrhundert stammt. Aus einer Zeit also, da nicht mit den heutigen, so hohen Windenergieanlagen zu rechnen gewesen sei. So dürften innerhalb der 4-Kilometer-Zone nur Bauwerke bis zu einer Höhe von 272 Metern über Normalnull entstehen. Das von den Stadtwerken ausgesuchte Areal liege aber selbst schon auf 200 Metern.

Die Sprecherin des Versorgers erklärt, die Anlagen selbst sollen eine Nabenhöhe von 170 Metern haben, hinzu komme die Rotorlänge (vermutlich um die 60 Meter). Viel zu hoch aus Sicht des FHR, das laut Sprecher Jens Fiege hofft, auf ministerieller Ebene bei der Bundesregierung doch noch Gehör zu finden.

Montag, 18.12.2023, 17:35 Uhr
Volker Stephan

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