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Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das Gesetz zur Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsgesetz beraten.
Das Bundeskabinett hatte am 10. Februar einen wichtigen rechtlichen Entwurf für die Energiewirtschaft auf der Agenda stehen. Der Gesetzentwurf dient zum einen der vollständigen Umsetzung der EU-Strombinnenmarktrichtlinie in nationales Recht. Ein zentrales Element sind EU-Vorgaben zur Stärkung der Marktposition der Verbraucher und zu ihrem Schutz. Zweites wichtiges Element des Gesetzentwurfs sind Einstiegsregelungen zur regulatorischen Behandlung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).
Der BDEW kritisierte die EnWG-Novelle wegen der Trennung der Gasnetze. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, sagte: „Anstatt Wasserstoffnetze in den etablierten und bekannten Regulierungsrahmen für das Gasnetz zu integrieren, ist im Gesetzentwurf eine getrennte Regulierung von Gas- und Wasserstoffnetzen vorgesehen.“ Eine solche zweigleisige Regulierung verhindere eine aufeinander abgestimmte Entwicklung von Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen und setze keinen verlässlichen Rahmen für Investoren und Marktteilnehmer.
Auch VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte: „Es wäre sinnvoller gewesen, von Anfang an einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen“. Mit wenig regulatorischen Aufwand wäre es möglich, die bestehende und gut eingespielte Regulierung der Erdgasnetze auch auf Wasserstoffnetze zu übertragen. Eine Erweiterung des Gasbegriffs, der auch Wasserstoff und Biogas abdecken würde, hätte dazu gereicht. „Wir werben daher im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens dafür, dass hier die richtigen Weichen gestellt werden", schloss Liebig.
Gasnetzbetreiber warnen vor Zeitverzug
Auch Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas zeigte sich überzeugt, dass langfristig nur eine regulatorische, finanzielle und netzplanerische Einheit aus Wasserstoffnetz und Erdgasnetz volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Das Startnetz werde auf dieser Basis bestenfalls in Teilen realisiert werden können. „Deutschland verliert dadurch entscheidende Jahre in der Dekarbonisierung der Industrie“, warnte er.
„Der Kabinettsbeschluss lässt die zentrale Frage der Finanzierung ungeklärt und schafft damit nicht die nötige Investitionssicherheit für den Aufbau der Transportinfrastruktur für Wasserstoff“, kritisierte Gößmann. Selbst das Wasserstoff-Startnetz 2030 wäre bei den Ambitionen der Nationalen Wasserstoffstrategie schon unterdimensioniert, weil es auf 3.000 MW Erzeugungskapazitäten in 2030 basiert. Die Nationale Wasserstoff-Strategie visiere aber 5.000 MW Erzeugungskapazitäten in 2030 an.
Der freiwillige Regulierungsrahmen für Wasserstoffnetze und die Trennung der Kosten von Wasserstoffnetzen und Erdgasnetzen begrüßte dagegen der Geschäftsführer der Initiative Erdgasspeicher, Sebastian Bleschke: „Entscheidet sich ein Wasserstoffnetzbetreiber gegen die freiwillige Regulierung, dann kann er sogar ganz ohne Bedarfsprüfung und damit ohne Zeitverzug Wasserstoffnetze bauen“. Nicht nur für die Verbindung von Angebot und Nachfrage, sondern auch für den Anschluss von Wasserstoffspeichern sei das wichtig.
Speicherdefinition verbesserungswürdig
Das EnWG sieht zudem eine Definition für Energiespeicher vor. Die Einführung einer solchen Definition auf Basis der EU-Binnenmarktrichtlinie habe der BDEW schon seit Jahren gefordert, um eine Doppelbelastung mit Steuern, Umlagen und Abgaben beim Strombezug zur Einspeicherung und beim Letztverbrauch zu verhindern. „Leider setzt der Entwurf des EnWG die Speicher-Definition aus der Binnenmarkt-Richtlinie nicht wörtlich, sondern deutlich verändert um“, bedauerte Andreae. In der jetzt formulierten Definition besteht aus BDEW-Sicht weiterhin die Gefahr einer Doppelbelastung.
Die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, teilt die Einschätzung, dass es in den betreffenden Bereichen der Neuregelungen bedarf. Für Stromspeicher und Wasserstoffnetze sei die klare Trennung zwischen Netz und Erzeugung/Speicherung nötig. „In keinem Fall dürfen Netzbetreiber selbst Power-to-Gas-Anlagen wie beispielsweise Elektrolyseure betreiben“, kommentierte Peter. Nur so könne ein erfolgreicher Markthochlauf der deutschen Wasserstoffwirtschaft mit einem breiten Spektrum unterschiedlicher Marktteilnehmer realisiert werden.
Mittwoch, 10.02.2021, 16:26 Uhr
Susanne Harmsen
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