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Mit Klaus Müller haben die Grünen für den Chefposten der Bundesnetzagentur einen Kandidaten aus den eigenen Reihen durchgesetzt. Die Bewährungsprobe steht mit Nord Stream 2 gleich an.
Einen der wichtigsten Posten im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftministeriums besetzt Ressortchef Robert Habeck (Grüne) wie erwartet mit einem Parteifreund. Klaus Müller wechselt in Kürze an die Spitze der Bundesnetzagentur, dafür gibt er seinen Vorsitz beim Verbraucherzentrale Bundesverband nach siebeneinhalb Jahren auf.
Der 50 Jahre alte Diplom-Volkswirt bringt aus seiner Zeit als Umweltminister in Schleswig-Holstein (2000 bis 2005) Expertise in die Bundesbehörde mit, die den Ausbau der Infrastruktur unter anderen in den Bereichen Energienetze (Strom und Gas), Telekommunikation und Digitalisierung reguliert und dabei auch als Wettbewerbshüter fungiert. Der grüne Spitzenbeamte löst den CDU-nahen Jochen Homann ab, der die Agentur über die maximal zulässige Dauer von zehn Jahren geführt hatte und spätestens Ende Februar ausscheidet.
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Klaus Müller wechselt vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) an die Spitze der Bundesnetzagentur Quelle: vzbv |
Nagelprobe für Müllers Unabhängigkeit wird Nord Stream 2Die Grünen hatten sich bei den Verhandlungen zur Bildung der Ampelkoalition im Bund das Vorschlagsrecht für den Homann-Nachfolger zusichern lassen. Zeitweise war auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle im Gespräch, die während Habecks Amtszeit als Umweltminister in Schleswig-Holstein Staatssekretärin war. Von Nestle war ihre ablehnende Haltung zu einem Thema bekannt, das nun Müllers größte Bewährungsprobe im neuen Amt werden dürfte: die Zertifizierung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2.
Aus Kreisen der Grünen erfuhr unsere Redaktion, dass Klaus Müller in der Frage der Positionierung zur Pipeline nicht sonderlich von der Parteilinie abweiche. Die Grünen sehen die Leitung zwischen Russland und Deutschland äußerst kritisch und nicht im Einklang mit europäischem Energierecht. Klaus Müller hält jetzt den Kopf hin, weil die Bundesnetzagentur unter seiner Führung über die Genehmigung des hochumstrittenen Projektes entscheiden wird. Das Verfahren liegt seit November 2021 auf Eis, weil die Bundesnetzagentur auf einen Betreiber nach deutschem Recht für den Gastransport auf dem deutschen Teilstück pocht.
Die Entscheidung über die Pipeline findet aber in einem weitaus größeren Spannungsfeld statt. Die EU-Kommission hat ein genaues Auge auf die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur von der Bundesregierung. Anfang September hatte die Kommission Erfolg mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Klaus Müller muss nun mit der Begründung für oder gegen Nord Stream 2 mithin zugleich Parteiinteressen bedienen und seine Autonomie als Behördenchef beweisen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich zwischenzeitlich bemüht, die Pipeline als "privatwirtschaftliches Vorhaben" zu charakterisieren und die politische Bedeutung herunterzuspielen.
Konflikte austragen und Kompromisse schließenEin alter Weggefährte hegt keine Zweifel, dass Müller die Neuaufstellung der Bundesnetzagentur unter den vom
Europäischen Gerichtshof gesetzten Bedingungen professionell managen werde. Udo Sieverding arbeitete acht Jahre an der Seite Müllers in der Verbraucherzentrale NRW. Sieverding, Leiter des Bereichs Energie, schätzt an seinem früheren Vorgesetzten nicht nur die fachlichen Fähigkeiten, sondern auch zwei persönliche Eigenschaften: "Er kann erstens Prozesse gut moderieren und zwischen verschiedenen Seiten vermitteln. Und zweitens scheut er keine Konfrontation, wo sie nötig erscheint. Dies – gepaart mit einem dicken Fell – sind Eigenschaften, die es in der neuen Position vermutlich braucht", so Sieverding gegenüber unserer Redaktion.
Robert Habeck beschreibt Müller in einer Stellungnahme als "überzeugten Befürworter der Energiewende, der den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze mit großem Engagement und klarem Kurs forcieren wird". Der Bundeswirtschaftsminister sieht die künftige Aufgabe der Bundesnetzagentur unter Müller darin, "die Planungsprozesse zu beschleunigen und auf CO2- und Kosteneffizienz zu achten".
Formell benennt die Bundesregierung den Präsidenten der Bundesnetzagentur. Sie folgt dabei einem Vorschlag des Beirats, der offiziell auf eine Personalempfehlung des Beiratsvorsitzenden zurückgeht. Beiratsvorsitzender ist der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD). Er will laut Mitteilung vom 20. Januar die Personalie am 24. Januar in den Beirat einbringen und rechnet mit Müllers offizieller Wahl während einer noch zu terminierenden Sondersitzung des Beirats im Februar. Seine Ernennungsurkunde erhält Klaus Müller schließlich aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD).
Donnerstag, 20.01.2022, 17:00 Uhr
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