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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Klimaschutz ist geldwert
Quelle: Fotolia / frenta
E&M Vor 20 Jahren

Klimaschutz ist geldwert

Im Frühjahr 2004 liefen die letzten Vorbereitungen für den Start der Deutschen Emissionshandelsstelle. Der gesetzliche Rahmen war zu dieser Zeit aber noch in der Schwebe.
Drei Abteilungen im Umweltbundesamt bilden zusammen die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt). Ihre Funktion und Tätigkeit ist unter anderem im Treibhausgas⁠-Emissionshandelsgesetz (⁠TEHG⁠) verankert. Vor 20 Jahren wurde sie eingerichtet und ist seither für die Umsetzung des europäischen Handels mit Emissionsberechtigungen und des nationalen Emissionshandelssystems zuständig.
Im Frühjahr 2004 berichtete E&M-Korrespondentin Cerstin Gammelin über die letzten Vorbereitungen der Behörde vor ihrem Start.

Am 1. Juli 2004 beginnt die praktische Umsetzung des EU-weiten Emissionshandels mit CO2-Zerifikaten. Dann nimmt die neu geschaffene Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt (UBA) die Anträge auf Zertifikatezuteilung entgegen, die die Betreiber von mehr als 2.400 in Deutschland vom Emissionshandel betroffenen Anlagen einreichen. Die Unternehmen müssen darin die tatsächlichen CO2-Emissionen ihrer Anlagen in der Basisperiode (in der Regel die Jahre 2000 bis 2002) ausweisen sowie beantragte Sonderzuteilungen für prozessbedingte Emissionen, Early Action oder KWK begründen. Diese Angaben seien durch Sachverständige zu testieren und werden danach vom UBA auf ihre Plausibilität hin geprüft, betonte der Leiter der DEHSt, Hans-Jürgen Nantke, vor Journalisten in Berlin. Bis Ende September solle jedem Unternehmen mitgeteilt werden, wie viele kostenlose Zertifikate es zugeteilt bekommt.

Im Spätherbst können dann bei der DEHSt elektronische Konten für die Zertifikate eröffnet werden. Der europaweite Handel mit diesen wird am 1. Januar 2005 beginnen. Der Zeitplan steht dabei unter mehreren parlamentarischen Vorbehalten. So müssen Bundesrat und Bundestag noch einzelnen Gesetzesvorlagen zustimmen. Dabei ist zwischen den beiden Kammern umstritten, ob das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz zustimmungspflichtig ist. Der Bundesrat hat das Gesetz vorerst an den Vermittlungsausschuss verwiesen.

Nantke, wie auch UBA-Präsident Andreas Troge, sagte, dass die Summe der tatsächlichen Emissionen der einzelnen Anlagen durchaus einen andere CO2-Gesamtausstoß ergeben könnte, als er bei dem im Kanzleramt vereinbarten Kompromiss angenommen wurde. Bundesumweltminister Jürgen Trittin und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hatten sich Ende März darauf geeinigt, in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007 die CO2-Emissionen von Industrie und Energiewirtschaft von 505 auf 503 Mio. t/a zu verringern. Die 505 Mio. t/a seien, so die UBA-Experten, als Ergebnis einer sektoralen Betrachtung der vorhandenen Energiebilanzen entstanden. Die freiwillige Datenerhebung der emissionshandelspflichtigen Anlagen für die Zeit von 2000 bis 2002, auf deren Grundlage im Bundesumweltministerium der Nationale Allokationsplan (NAP) entworfen worden war, hatte Emissionen von 501 Mio. t/a ergeben. Diese Zahlen sind allerdings nicht vergleichbar, denn nicht alle Anlagen in der Energiewirtschaft und in der Industrie unterliegen dem Emissionshandel, während einige Anlagen aus anderen Sektoren miterfasst werden.

EEX zeigt Interesse am Emissionshandel

Ob die Erhebung der tatsächlichen Emissionen mehr oder weniger als die bisher ermittelten 501 Mio t/a ergeben könne, ließ Troge offen. Zum einen gebe es Hinweise, dass einige Unternehmen recht großzügige Zahlen gemeldet hätten, zum anderen könnten noch weitere handelspflichtige Anlagen hinzukommen. Keinen Zweifel ließen Troge und Nantke daran, dass der aus dem NAP für 2005 bis 2007 resultierende Erfüllungsfaktor von 0,9765 bleiben wird. Das bedeutet, dass es bei der regulären Verteilung für eine nachgewiesene Tonne CO2-Emissionen nur Zertifikate für 976,5 kg kostenlos geben wird. Unternehmen, die sich bei der Bemessung ihrer Emissionen falsch behandelt fühlten, stehe der übliche Weg zum Verwaltungsgericht offen, erläuterte Nantke.

Die CO2-Zertifikate werden für den gesamten Zeitraum 2005 bis 2007 in Jahrestranchen ausgegeben. Die DEHSt wird die Emissionsrechte in einem Register – vergleichbar einem Grundbuch – führen. Die Eigentumsrechte an den Zertifikaten können dann von den Unternehmen europaweit gehandelt werden. Der Handel selbst werde privatwirtschaftlich organisiert, erklärte Nantke. Neben dem bilateralen Handel zwischen Unternehmen könnten auch Makler oder eine Börse tätig werden. Nantke bestätigte, dass es für einen börsenähnlichen Emissionshandel mehrere Interessenten gebe, darunter die Europäische Strombörse EEX in Leipzig.

Die DEHSt wird 75 bis 120 Mitarbeiter beschäftigen, je nachdem, ob die Bundesländer einige Zuständigkeiten für Genehmigungen an den Bund abtreten. Die gesamte Arbeit der Behörde werde ab 2005 durch Gebühren der beteiligten Unternehmen finanziert. Troge bezifferte diese auf einen „unteren einstelligen Centbereich“ pro Tonne CO2. Bei angenommenen Kosten von beispielsweise 4 Cent /t kämen damit auf die Wirtschaft jährliche Aufwendungen von rund 1,25 Mio. Euro zu.

Troge wie Nantke zeigten sich überzeugt, dass die deutschen Unternehmen im europaweiten Emissionshandel zu den Verkäufern gehören werden, vor allem an die südeuropäischen Staaten wie Griechenland, Italien und Spanien. Einmal verkaufte Zertifikate, die sich die Industrie dank steigender Effizienz erarbeite, würden aber aus der nationalen Minderungsbilanz herausfallen, betonte Troge. Die deutsche Industrie könne ihre klimapolitischen Fortschritte dank der nunmehr guten Ausstattung mit Emissionszertifikaten europaweit zu barem Geld machen. Dies könne aber nicht mehr der Erfüllung der deutschen Verpflichtung, von 1990 bis 2012 die CO2-Emissionen um 21 Prozent zu reduzieren, angerechnet werden. Hier müsse spätestens 2008 Bilanz gezogen und festgelegt werden, ob die Maßnahmen in den anderen Sektoren – Verkehr und Haushalte – ausreichten, um das nationale Kyoto-Klimaziel zu erfüllen.
 

Mittwoch, 1.05.2024, 15:26 Uhr
Cerstin Gammelin
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E&M Vor 20 Jahren
Klimaschutz ist geldwert
Im Frühjahr 2004 liefen die letzten Vorbereitungen für den Start der Deutschen Emissionshandelsstelle. Der gesetzliche Rahmen war zu dieser Zeit aber noch in der Schwebe.
Drei Abteilungen im Umweltbundesamt bilden zusammen die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt). Ihre Funktion und Tätigkeit ist unter anderem im Treibhausgas⁠-Emissionshandelsgesetz (⁠TEHG⁠) verankert. Vor 20 Jahren wurde sie eingerichtet und ist seither für die Umsetzung des europäischen Handels mit Emissionsberechtigungen und des nationalen Emissionshandelssystems zuständig.
Im Frühjahr 2004 berichtete E&M-Korrespondentin Cerstin Gammelin über die letzten Vorbereitungen der Behörde vor ihrem Start.

Am 1. Juli 2004 beginnt die praktische Umsetzung des EU-weiten Emissionshandels mit CO2-Zerifikaten. Dann nimmt die neu geschaffene Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt (UBA) die Anträge auf Zertifikatezuteilung entgegen, die die Betreiber von mehr als 2.400 in Deutschland vom Emissionshandel betroffenen Anlagen einreichen. Die Unternehmen müssen darin die tatsächlichen CO2-Emissionen ihrer Anlagen in der Basisperiode (in der Regel die Jahre 2000 bis 2002) ausweisen sowie beantragte Sonderzuteilungen für prozessbedingte Emissionen, Early Action oder KWK begründen. Diese Angaben seien durch Sachverständige zu testieren und werden danach vom UBA auf ihre Plausibilität hin geprüft, betonte der Leiter der DEHSt, Hans-Jürgen Nantke, vor Journalisten in Berlin. Bis Ende September solle jedem Unternehmen mitgeteilt werden, wie viele kostenlose Zertifikate es zugeteilt bekommt.

Im Spätherbst können dann bei der DEHSt elektronische Konten für die Zertifikate eröffnet werden. Der europaweite Handel mit diesen wird am 1. Januar 2005 beginnen. Der Zeitplan steht dabei unter mehreren parlamentarischen Vorbehalten. So müssen Bundesrat und Bundestag noch einzelnen Gesetzesvorlagen zustimmen. Dabei ist zwischen den beiden Kammern umstritten, ob das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz zustimmungspflichtig ist. Der Bundesrat hat das Gesetz vorerst an den Vermittlungsausschuss verwiesen.

Nantke, wie auch UBA-Präsident Andreas Troge, sagte, dass die Summe der tatsächlichen Emissionen der einzelnen Anlagen durchaus einen andere CO2-Gesamtausstoß ergeben könnte, als er bei dem im Kanzleramt vereinbarten Kompromiss angenommen wurde. Bundesumweltminister Jürgen Trittin und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hatten sich Ende März darauf geeinigt, in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007 die CO2-Emissionen von Industrie und Energiewirtschaft von 505 auf 503 Mio. t/a zu verringern. Die 505 Mio. t/a seien, so die UBA-Experten, als Ergebnis einer sektoralen Betrachtung der vorhandenen Energiebilanzen entstanden. Die freiwillige Datenerhebung der emissionshandelspflichtigen Anlagen für die Zeit von 2000 bis 2002, auf deren Grundlage im Bundesumweltministerium der Nationale Allokationsplan (NAP) entworfen worden war, hatte Emissionen von 501 Mio. t/a ergeben. Diese Zahlen sind allerdings nicht vergleichbar, denn nicht alle Anlagen in der Energiewirtschaft und in der Industrie unterliegen dem Emissionshandel, während einige Anlagen aus anderen Sektoren miterfasst werden.

EEX zeigt Interesse am Emissionshandel

Ob die Erhebung der tatsächlichen Emissionen mehr oder weniger als die bisher ermittelten 501 Mio t/a ergeben könne, ließ Troge offen. Zum einen gebe es Hinweise, dass einige Unternehmen recht großzügige Zahlen gemeldet hätten, zum anderen könnten noch weitere handelspflichtige Anlagen hinzukommen. Keinen Zweifel ließen Troge und Nantke daran, dass der aus dem NAP für 2005 bis 2007 resultierende Erfüllungsfaktor von 0,9765 bleiben wird. Das bedeutet, dass es bei der regulären Verteilung für eine nachgewiesene Tonne CO2-Emissionen nur Zertifikate für 976,5 kg kostenlos geben wird. Unternehmen, die sich bei der Bemessung ihrer Emissionen falsch behandelt fühlten, stehe der übliche Weg zum Verwaltungsgericht offen, erläuterte Nantke.

Die CO2-Zertifikate werden für den gesamten Zeitraum 2005 bis 2007 in Jahrestranchen ausgegeben. Die DEHSt wird die Emissionsrechte in einem Register – vergleichbar einem Grundbuch – führen. Die Eigentumsrechte an den Zertifikaten können dann von den Unternehmen europaweit gehandelt werden. Der Handel selbst werde privatwirtschaftlich organisiert, erklärte Nantke. Neben dem bilateralen Handel zwischen Unternehmen könnten auch Makler oder eine Börse tätig werden. Nantke bestätigte, dass es für einen börsenähnlichen Emissionshandel mehrere Interessenten gebe, darunter die Europäische Strombörse EEX in Leipzig.

Die DEHSt wird 75 bis 120 Mitarbeiter beschäftigen, je nachdem, ob die Bundesländer einige Zuständigkeiten für Genehmigungen an den Bund abtreten. Die gesamte Arbeit der Behörde werde ab 2005 durch Gebühren der beteiligten Unternehmen finanziert. Troge bezifferte diese auf einen „unteren einstelligen Centbereich“ pro Tonne CO2. Bei angenommenen Kosten von beispielsweise 4 Cent /t kämen damit auf die Wirtschaft jährliche Aufwendungen von rund 1,25 Mio. Euro zu.

Troge wie Nantke zeigten sich überzeugt, dass die deutschen Unternehmen im europaweiten Emissionshandel zu den Verkäufern gehören werden, vor allem an die südeuropäischen Staaten wie Griechenland, Italien und Spanien. Einmal verkaufte Zertifikate, die sich die Industrie dank steigender Effizienz erarbeite, würden aber aus der nationalen Minderungsbilanz herausfallen, betonte Troge. Die deutsche Industrie könne ihre klimapolitischen Fortschritte dank der nunmehr guten Ausstattung mit Emissionszertifikaten europaweit zu barem Geld machen. Dies könne aber nicht mehr der Erfüllung der deutschen Verpflichtung, von 1990 bis 2012 die CO2-Emissionen um 21 Prozent zu reduzieren, angerechnet werden. Hier müsse spätestens 2008 Bilanz gezogen und festgelegt werden, ob die Maßnahmen in den anderen Sektoren – Verkehr und Haushalte – ausreichten, um das nationale Kyoto-Klimaziel zu erfüllen.
 

Mittwoch, 1.05.2024, 15:26 Uhr
Cerstin Gammelin

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