Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde / E&M
Bundestag und Bundesrat haben unter dem Schlagwort "Osterpaket" eine Fülle an Gesetzen im Energiebereich verabschiedet. Wir geben in der E&M-Serie einen Überblick.
Insgesamt fünf Gesetzesnovellen umfasst das sogenannte Osterpaket, das Anfang Juli beschlossen wurde und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen soll. Wegen der Folgen des Ukrainekrieges wurden vor der Sommerpause zudem noch das Energiesicherungsgesetz und das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz verabschiedet. Damit sollen die Folgen des Ukrainekrieges für die Energiewirtschaft gesetzlich in den Griff bekommen werden. Wir geben in der E&M-Serie einen Überblick über die wichtigsten Änderungen und Auswirkungen der Gesetze.
Teil 6: Offene Fragen, die der Lösung harren
Bei aller Zustimmung von Ländern und Verbänden, bleiben auch im Osterpaket noch Themen offen. „Das Osterpaket enthält viel Gutes aber einige Maßnahmen springen noch zu kurz“, sagte die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE), Simone Peter. Beim BEE vermisst man noch eine nachhaltige Finanzierung der Förderinstrumente und eine durchgreifende Entbürokratisierung. Das behindere den nötigen Boom beim Ausbau der Wind- und Solarenergie und Biogas habe „gar keine Perspektive“.
Die wesentlichen Hemmnisse bei Wind an Land könnten nicht im EEG selbst gelöst werden, so die Bundesregierung. Dazu gehören zu geringe Flächenausweisungen, dies solle im „Sommerpaket“ angegangen werden. Nach dem Entwurf müssen 2 % der Bundesfläche für die Windenergie an Land ausgewiesen werden. Hier kritisieren die Windkraftverbände, dass den Ländern zu lange Zeit gelassen würde, um die vorgeschriebenen Ziele zu erreichen.
Das Gesetz sieht dies bis Ende 2032 vor, bis 2027 müssen zunächst 1,4 % der Flächen für Windenergie bereitstehen. Auch die geringeren Abstände um Wetteradar und Drehfunkfeuer der Luftsicherheit kommen erst zum Jahresende 2022. „Gut sind die Verbesserungen im Repowering und im Bundesnaturschutzgesetz“, begrüßte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Allerdings fehlten hier die nötigen Vereinheitlichungen noch immer.
Der Bundesverband neue Energiewirtschaft (BNE) begrüßt, dass zum Beispiel der Anschluss kleiner, dezentraler PV-Anlagen einfacher wird, doch sei das Ausschreibungsvolumen zu gering. So kritisierte BNE-Geschäftsführer Robert Busch. Auch der Abbau von Bürokratie insbesondere für Mieter- und Quartiersstrom stehe noch aus. Die klimapolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Ingrid Nestle, räumte ein dass Differenzverträge für Offshore Windenergie oder ein günstiges Konzept für Mieterstrom nicht durchzusetzen gewesen seien in den Ampelverhandlungen mit SPD und FDP.
Stiefkind Bioenergie
Der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung warf der Ampelregierung vor, bewusst Potenziale links liegenzulassen: Wind und Sonne stünden im Fokus, dagegen werde Geothermie gedrosselt und Biomasse weiter gedeckelt. Die Streichung der Förderung von Biomethan in der Kraft-Wärme-Kopplung sei ein Fehler, monierte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler.
Im Osterpaket wird die Biomassenutzung nur noch auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke zur Stromerzeugung fokussiert. "Die Ausschreibungsmengen für Biomasse werden stufenweise reduziert und die für Biomethan ab 2023 auf 600 MW pro Jahr erhöht", heißt es im Gesetzespaket. Biomethan darf künftig nur noch in hochflexiblen Kraftwerken eingesetzt werden.
Aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) ist Biomethan als förderwürdiger Brennstoff gestrichen. Damit werde das Potential gerade für die Wärmeerzeugung verschwendet, kritisieren die Verbände der Branche. "Der Ausschluss von Biomethan aus der KWKG-Förderung ist nicht nur das Ende der Förderung, sondern auch das Ende der KWK in der Gebäude- und Quartiersversorgung", warnte BKWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl. Auch Wärmenetzbetreiber wären betroffen, die Abfall- und Reststoffbiomethan zur Dekarbonisierung ihrer Wärmenetze einsetzen wollen.
Das Hauptanliegen der Branche, eine auskömmliche Anschlussvergütung für Biogasanlagen nach Ablauf des zweiten Vergütungszeitraumes, sei auf taube Ohren gestoßen, sagte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. Die Bundesregierung müsse nach der Sommerpause dringend nachbessern, denn im Repower-Paket der EU-Kommission sei Biogas als wesentlicher Baustein gegen die Abhängigkeit von russischem Gas benannt, forderte sie.
Gebäudeenergie und Wasserstoff aufgeschoben
Im Gebäudeenergiegesetz vermissen der Energiedienstleister Lichtblick und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wichtige Weichenstellungen. So würden fossile Heizsysteme geschont und klimafreundlichere Wärmepumpen systematisch benachteiligt, sagte Corine Veithen, Klimaexpertin bei Lichtblick. Die energetischen Anforderungen für Neubauten wurden nicht auf das sogenannte Effizienzhaus-55-Niveau (EH55) erhöht, kritisierte die DUH. „Neubauten stehen so weiterhin im Konflikt mit dem Ziel der Klimaneutralität", sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Wegen der langen Investitionszyklen müssten heute errichtete Gebäude bereits den Klimaschutzzielen für 2045 entsprechen, mahnte sie.
Der Bund selbst hat einige Projekte auf den Herbst verschoben. So wird das Design des künftigen Wasserstoff-Backbonenetzes von 2024 auf diesen Herbst vorgezogen. Auch die Förderung für grüne Wasserstoff-Produktionsmengen in Form von Differenzverträgen (CfD, Contracts for Difference) soll fertig designt werden und die die Förderung von Ökostrom darauf umgestellt werden, kündigte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) an. Alle in Brüssel vorgelegten Wasserstoff-Projekte gemeinsamen europäischen Interesses (IPCEI) sollen bis September genehmigt sein, hofft man im Ministerium.
Montag, 8.08.2022, 14:08 Uhr
Susanne Harmsen
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