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Eine Analyse von EY und BET dient als Grundlage für anstehende Digitalisierungsberichte des Bundeswirtschaftsministeriums. Im Fokus: Die Preisobergrenzen der Messstellenbetreiber.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hat vor wenigen Wochen ein 25-seitiges Konsultationspapier verschickt. Es ging an die Mitglieder der „AG Digitalisierung der Energiewende“ und enthält im Wesentlichen Erkenntnisse, welche die beiden Beratungsgesellschaften EY und BET in einer umfassenden Analyse zur Digitalisierung und zum intelligenten Messwesen zusammengetragen haben. Dieses 156-seitige Dokument trägt den Titel „Voruntersuchung zu den Analysen und Berichten des BMWK nach § 48 MsbG“ und stellt die Grundlage dar, auf der das Haus von Robert Habeck spätestens bis zum 30. Juni dieses Jahres seinen Berichtspflichten nachkommen wird.
Im Gespräch für die Juni-Ausgabe von Energie & Management haben Jan Kircher, Partner bei EY Consulting, und Wolfgang Zander, Mitgründer, langjähriger Geschäftsführer und heute Generalbevollmächtigter von BET deutlich gemacht, welcher Bereich der Voruntersuchung in der Energiebranche auf die größte Resonanz gestoßen ist: Es ist die Preisobergrenze für Messstellenbetreiber. Denn sie ist ein ganz wesentlicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit des Messstellenbetriebs.
Die Berater von EY und BET haben insgesamt 39 Messstellenbetreiber, die zusammen rund ein Drittel der Messstellen in Deutschland abdecken, im Rahmen einer Kostenanalyse befragt. „Wir konnten verifizieren, dass die aktuellen Preisobergrenzen nicht ausreichen, um die Kosten zu decken“, bringt Kircher das Ergebnis kurz und knapp auf den Punkt.
Den Autoren der Voruntersuchung war dabei wichtig, das Mengengerüst so genau wie nur irgendwie möglich abzuleiten, um die Untersuchung der Kosten und letztlich die Diskussion über die Höhe der Preisobergrenzen auf eine objektive und solide Grundlage zu stellen.
Verpflichtung zum Voll-Rollout nicht sinnvoll
Auf Basis der „BMWi/BSI-Roadmap“, die noch zu Zeiten von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf den Weg gebracht wurde, sind das Ministerium und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik noch von 15 Millionen verpflichtenden und optionalen Einbaufällen für intelligente Messsysteme bis 2030 ausgegangen. Mit der Umsetzung von § 14a EnWG und der damit verbundenen Pflicht, steuerbare Verbraucher und PV-Anlagen ab 7 kW in der Niederspannung mit einem intelligenten Messsystem auszurüsten, sind diese Zahlen weitgehend Makulatur. In ihren Berechnungen kommen die Berater von EY und BET bis 2032 allein auf rund 28 Millionen verpflichtende Einbaufälle für „Energiewendeanlagen“. Hinzu kommen noch die unterhalb der Preisobergrenzen vergüteten optionalen Einbaufälle auf Kundenwunsch.
Leon Bücher nimmt in der täglichen Beratungspraxis allerdings wahr, dass sich längst nicht alle Messstellenbetreiber bewusst sind, welche Menge an Einbaufällen auf sie zukommt. „Häufig basieren die aktuellen Rollout-Planungen noch auf Zahlen von 2015 oder 2016“, berichtet der Digitalisierungsspezialist von BET, der an der Untersuchung mitgearbeitet hat.
Überraschenderweise habe der 1:n-Ansatz nicht die erwarteten und letztlich erhofften Effekte gezeigt, sagt Kircher. Die Möglichkeit, beispielsweise in einem Mehrfamilienhaus mehrere Zähler an ein Smart Meter Gateway anzuschließen, könne zwar den Aufwand und die Kosten etwas dämpfen, aber am Ende nicht die entscheidende Kostendegression bringen, um die Wirtschaftlichkeit des Messstellenbetriebs im Rahmen der geltenden Preisobergrenze zu gewährleisten. Der aktuell große Anteil der Smart-Meter-Gateway-Administration an den Kosten des Messstellenbetriebs sei dafür ein wesentlicher Grund.
Nachdem sich in den vergangenen Monaten die Stimmen gemehrt haben, die einen Voll-Rollout von intelligenten Messsystemen für das einzig sinnvolle Ausbauszenario halten, haben sich auch EY und BET zu diesem Thema geäußert. Nach den Analysen der Berater ist zumindest eine differenzierte Betrachtung angebracht. „Eine Verpflichtung zu einem Voll-Rollout lehnen wir ab“, sagt Zander. Denn damit entstünden auch volkswirtschaftlich nicht sinnvolle Einbaufälle, für welche die Grenzkosten höher seien als der Nutzen, der sich aus ihnen ergibt. Die steigende Zahl an Einbaufällen auf der Grundlage des § 14a EnWG werde ausreichen, um die notwendige Transparenz im Niederspannungsnetz herbeizuführen. Einen aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvollen Voll-Rollout im eigenen Netzgebiet durchzuführen, bleibe jedem Stadtwerk und Netzbetreiber aber unbenommen. Eine solche Betrachtung auf Unternehmensebene war jedoch nicht Gegenstand der Analyse.
Ein ausführlicher Beitrag zu den Ergebnissen der Voruntersuchung von EY und BET erscheint in der Juni-Ausgabe von Energie & Management.
Montag, 27.05.2024, 16:46 Uhr
Fritz Wilhelm
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