Für den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft betrachten Akteure vor allem fehlende Überschüsse an erneuerbarem Strom und Fachkräftemangel als Hürden, hieß es in einem Acatech-Webinar.
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Avatech) fasste in einer Online-Konferenz wichtige Entwicklungen der Wasserstoffwirtschaft zusammen. Unter dem Titel: „Auf dem Weg zur H2-Roadmap – Impulse aus dem Wasserstoff-Kompass“ diskutierten Wissenschaftler verschiedener Bereiche ihre aktuellen Ergebnisse.
Die Acatech selbst hatte eine Umfrage unter knapp 600 Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, NGOs und öffentlicher Verwaltung gestartet. Wie die Leiterin des Wasserstoff-Kompass, Andrea Lübcke, erläuterte, betrachteten die Akteure vor allem fehlende Fachkräfte und fehlende Flächen für mehr Erzeugung von erneuerbarem Strom als Hindernisse.
„Sie wünschen sich eine schnelle Befreiung des Stroms für die Elektrolyse von Abgaben und Umlagen sowie anerkannte Zertifikate für erneuerbaren Wasserstoff für den Markthochlauf“, sagte Lübcke. Mittelfristig sollten Investitionen und Betriebskosten für Elektrolyseure noch gefördert werden, möglicherweise auch durch Differenzverträge (CfD), die die Vermeidung von Klimagasen entlohnen. Für die 2020er Jahre könnten auch Quoten zur Wasserstoffverwendung hilfreich sein, antworteten Wasserstoffakteure in der Umfrage.
Kompass für die H2-RoadmapDie neue Bundesregierung werde die Wasserstoffstrategie fortschreiben und einen schnellen Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft vorantreiben, versicherte Staatssekretär Patrick Graichen. In seinem Grußwort an die Konferenz aus dem Bundeswirtschaftsministerium unterstrich er die Anstrengungen, schnell die Ökostromproduktion auszubauen. Vor allem "No-Regret"-Maßnahmen sollten rasch realisiert werden. Für die geplante H2-Roadmap der Bundesregierung erstellen Acatech und Dechema (Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie) den Wasserstoff-Kompass.
Der Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft werde sich über Jahrzehnte erstrecken. Daher unternimmt die Acatech eine systematische Bestandsaufnahme existierender Roadmaps und Szenarien, mit Untersuchung auf Plausibilität der darin getroffenen Annahmen (Meta-Analyse) und befragt kontinuierlich Stakeholder. Diese benannten als ein Problem den Transport von Wasserstoff. Die meisten Branchenvertreter seien gegen eine Beimengung im bestehenden Gasnetz, zumindest für industrielle Anwendungen. Hier stelle der unterschiedliche Energiegehalt von Methan und Wasserstoff ein Problem dar.
Transportprobleme lösenProf. Frithjof Staiß, vom ZSW-Institut Energiesysteme der Zukunft (ESYS) erläuterte Transportmöglichkeiten und Kosteneffizienz, um Wasserstoff innerhalb der EU und weltweit nach Deutschland zu bringen. So seien bis 2.000 km Entfernung Pipelines die beste Lösung, um so mehr, wenn dafür bereits bestehende Erdgasleitungen umgewidmet werden könnten.
Für Langstreckentransporte könnte der Transport als Ammoniak günstiger sein, weil dann keine starke Kühlung und Komprimierung des flüchtigen Wasserstoffs nötig sei. Allerdings koste das Hin- und Herwandeln viel Energie, weshalb das eher für Anwendungen sinnvoll sei, die den Ammoniak direkt nutzen, wie die chemische Industrie, erläuterte Staiß. Er warnte auch davor, dass einige europäische Länder eher auf Biomethan setzten. Das gefährde langfristig die Klimaschutzbemühungen und werde das vorhandene Gasnetz für Wasserstoff verschließen.
|
Importkosten für Ammoniak und Wasserstoff im Jahr 2030 im Vergleich Quelle: Esys |
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projektes Wasserstoff-Kompass statt, das Acatech zusammen mit der Dechema durchführt. Es wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) gefördert.
Dienstag, 22.02.2022, 15:05 Uhr
© 2024 Energie & Management GmbH