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Energie & Management > Wasserstoff - Westfalen-Gruppe baut Elektrolyseur lieber in Frankreich
Westfalen-Vorstand (v.l.) Jesko von Stechow, Thomas Perkmann, Meike Schäffler. Quelle: E&M / Volker Stephan
Wasserstoff

Westfalen-Gruppe baut Elektrolyseur lieber in Frankreich

Frankreich statt Deutschland: Die Westfalen-Gruppe errichtet ihren ersten Elektrolyseur im Departement Moselle. Auf der Bilanz-PK in Münster erklärte CEO Thomas Perkmann die Gründe.
Wasserstoff ist eine Karte, auf die die Westfalen-Gruppe in der Zukunft verstärkt setzen will. Die einst vornehmlich als Tankstellen-Betreiber und Gas-Versorger bekannten Münsteraner haben nun die Standortentscheidung für ihr erstes Elektrolyseur-Vorhaben bekannt gegeben. Etwas überraschend ist es Frankreich und nicht der Heimatmarkt Deutschland.

Für den luxemburgischen Stahlproduzenten ArcelorMittal liefert Westfalen ab Jahresbeginn 2026 Wasserstoff im Werk Florange, das im Nordosten Frankreichs im Departement Moselle (ehemals Lothringen) unweit der Grenze zum Saarland gelegen ist. Laut CEO Thomas Perkmann werde das Unternehmen einen zweistelligen Millionenbetrag auf dem Werksgelände von Arcelor Mittal in Florange investieren.

Der Liefervertrag für Wasserstoff gilt bis in die 2040er-Jahre. Zusätzlich entsteht in der Umgebung des Stahlwerks auch eine Wasserstoff-Abfüllstation für die Trailer- und Zylinderabfüllung. Denn der Elektrolyseur produziert mehr, als das Stahlwerk abnimmt. Dadurch sind gewisse Mengen perspektivisch auch für den freien Markt verfügbar.

Kritik an Deutschland und der Pflicht zu „dunkelgrünem“ Wasserstoff

Auch beim zweiten Elektrolyseur-Projekt, das Westfalen derzeit auf den Weg bringt, macht das Unternehmen einen Bogen um Deutschland: In den Niederlanden sieht Thomas Perkmann einen kommenden Absatzmarkt für Wasserstoff, weil dort das Stromnetz am Rande der Kapazitätsgrenze angelangt sei und die H2-Mobilität an Fahrt gewinnen werde.

An Deutschland kritisieren die Westfalen, die neben dem Kraftstoff- und Energiehandel technische und medizinische Gase anbieten und zunehmend das Geschäftsfeld Wärme beziehungsweise Wärmepumpen vorantreiben, die regulatorischen Hürden. „Die Deutschen neigen dazu, alles 150-prozentig machen zu wollen“, sagt die für Erzeugung zuständige Vorständin Meike Schäffler. So müsse etwa auch der Wasserstoff „dunkelgrün“ sein.

Damit meint sie die ihrer Meinung nach die für eine Förderung zu strengen Anforderungen an erneuerbaren Strom, der für die Wasserstoffproduktion in hohem Maße erforderlich ist. In Frankreich erhält Wasserstoff den Öko-Stempel auch, wenn er durch Atomstrom entsteht. In Deutschland verteuere die Haltung der Regierung die Wasserstoffproduktion zusätzlich.

Bestes Ergebnis der 100-jährigen Unternehmensgeschichte

Westfalen würde nach Aussage von Meike Schäffler „gerne“ mehr grünen Wasserstoff produzieren. Es sei sinnvoll und logisch, den vorhandenen Strommix einzusetzen, der die Mobilität von E-Autos in Deutschland gleich klimafreundlich mache. Für den Wasserstoff gelte das nicht, wobei die Staaten in der EU die RED-II-Richtlinie durchaus unterschiedlich auslegten. Für eine hohe Investition wie in einen Elektrolyseur sei es wichtig, Strom jederzeit einsetzen zu können und nicht nur bei ausreichend Wind und Sonne. „Eine solche Millionen-Investition wird völlig unwirtschaftlich, wenn ich die Anlage nur 5.000 Stunden im Jahr laufen lassen kann.“

Mehr Pragmatismus der deutschen Politik mahnt denn auch Perkmann an. Sobald der regulatorische Rahmen flexibler gesetzt sei und größere Planungssicherheit erlaube, „sind wir auch bereit, das unternehmerische Risiko einzugehen und mehr in Deutschland zu investieren“. Die Westfalen-Gruppe hat 2023 allein 92,2 Millionen Euro ausgegeben, ein Großteil für die Transformation zu einem grüneren Unternehmen. Den Ausstieg aus den fossilen Energien, nach wie vor starke Säule des Geschäfts, werde Westfalen „schrittweise“ vornehmen.

Das Geschäftsjahr 2023 schlossen die Münsteraner mit dem besten Ergebnis der Unternehmensgeschichte: Zum 100. Geburtstag erwirtschafteten sie vor Steuern und Zinsen (Ebit) erstmals 73,5 Millionen Euro. Auch wegen Absatzrückgängen bei der Wärme (Gas) sackte der Umsatz leicht ab, von 2,3 Milliarden Euro auf 2,25 Milliarden Euro. Die Westfalen-Gruppe ist über Deutschland hinaus in fünf Nachbarstaaten mit Produktionsstandorten vertreten und beschäftigt rund 2.200 Menschen.

Dienstag, 2.07.2024, 10:54 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Wasserstoff - Westfalen-Gruppe baut Elektrolyseur lieber in Frankreich
Westfalen-Vorstand (v.l.) Jesko von Stechow, Thomas Perkmann, Meike Schäffler. Quelle: E&M / Volker Stephan
Wasserstoff
Westfalen-Gruppe baut Elektrolyseur lieber in Frankreich
Frankreich statt Deutschland: Die Westfalen-Gruppe errichtet ihren ersten Elektrolyseur im Departement Moselle. Auf der Bilanz-PK in Münster erklärte CEO Thomas Perkmann die Gründe.
Wasserstoff ist eine Karte, auf die die Westfalen-Gruppe in der Zukunft verstärkt setzen will. Die einst vornehmlich als Tankstellen-Betreiber und Gas-Versorger bekannten Münsteraner haben nun die Standortentscheidung für ihr erstes Elektrolyseur-Vorhaben bekannt gegeben. Etwas überraschend ist es Frankreich und nicht der Heimatmarkt Deutschland.

Für den luxemburgischen Stahlproduzenten ArcelorMittal liefert Westfalen ab Jahresbeginn 2026 Wasserstoff im Werk Florange, das im Nordosten Frankreichs im Departement Moselle (ehemals Lothringen) unweit der Grenze zum Saarland gelegen ist. Laut CEO Thomas Perkmann werde das Unternehmen einen zweistelligen Millionenbetrag auf dem Werksgelände von Arcelor Mittal in Florange investieren.

Der Liefervertrag für Wasserstoff gilt bis in die 2040er-Jahre. Zusätzlich entsteht in der Umgebung des Stahlwerks auch eine Wasserstoff-Abfüllstation für die Trailer- und Zylinderabfüllung. Denn der Elektrolyseur produziert mehr, als das Stahlwerk abnimmt. Dadurch sind gewisse Mengen perspektivisch auch für den freien Markt verfügbar.

Kritik an Deutschland und der Pflicht zu „dunkelgrünem“ Wasserstoff

Auch beim zweiten Elektrolyseur-Projekt, das Westfalen derzeit auf den Weg bringt, macht das Unternehmen einen Bogen um Deutschland: In den Niederlanden sieht Thomas Perkmann einen kommenden Absatzmarkt für Wasserstoff, weil dort das Stromnetz am Rande der Kapazitätsgrenze angelangt sei und die H2-Mobilität an Fahrt gewinnen werde.

An Deutschland kritisieren die Westfalen, die neben dem Kraftstoff- und Energiehandel technische und medizinische Gase anbieten und zunehmend das Geschäftsfeld Wärme beziehungsweise Wärmepumpen vorantreiben, die regulatorischen Hürden. „Die Deutschen neigen dazu, alles 150-prozentig machen zu wollen“, sagt die für Erzeugung zuständige Vorständin Meike Schäffler. So müsse etwa auch der Wasserstoff „dunkelgrün“ sein.

Damit meint sie die ihrer Meinung nach die für eine Förderung zu strengen Anforderungen an erneuerbaren Strom, der für die Wasserstoffproduktion in hohem Maße erforderlich ist. In Frankreich erhält Wasserstoff den Öko-Stempel auch, wenn er durch Atomstrom entsteht. In Deutschland verteuere die Haltung der Regierung die Wasserstoffproduktion zusätzlich.

Bestes Ergebnis der 100-jährigen Unternehmensgeschichte

Westfalen würde nach Aussage von Meike Schäffler „gerne“ mehr grünen Wasserstoff produzieren. Es sei sinnvoll und logisch, den vorhandenen Strommix einzusetzen, der die Mobilität von E-Autos in Deutschland gleich klimafreundlich mache. Für den Wasserstoff gelte das nicht, wobei die Staaten in der EU die RED-II-Richtlinie durchaus unterschiedlich auslegten. Für eine hohe Investition wie in einen Elektrolyseur sei es wichtig, Strom jederzeit einsetzen zu können und nicht nur bei ausreichend Wind und Sonne. „Eine solche Millionen-Investition wird völlig unwirtschaftlich, wenn ich die Anlage nur 5.000 Stunden im Jahr laufen lassen kann.“

Mehr Pragmatismus der deutschen Politik mahnt denn auch Perkmann an. Sobald der regulatorische Rahmen flexibler gesetzt sei und größere Planungssicherheit erlaube, „sind wir auch bereit, das unternehmerische Risiko einzugehen und mehr in Deutschland zu investieren“. Die Westfalen-Gruppe hat 2023 allein 92,2 Millionen Euro ausgegeben, ein Großteil für die Transformation zu einem grüneren Unternehmen. Den Ausstieg aus den fossilen Energien, nach wie vor starke Säule des Geschäfts, werde Westfalen „schrittweise“ vornehmen.

Das Geschäftsjahr 2023 schlossen die Münsteraner mit dem besten Ergebnis der Unternehmensgeschichte: Zum 100. Geburtstag erwirtschafteten sie vor Steuern und Zinsen (Ebit) erstmals 73,5 Millionen Euro. Auch wegen Absatzrückgängen bei der Wärme (Gas) sackte der Umsatz leicht ab, von 2,3 Milliarden Euro auf 2,25 Milliarden Euro. Die Westfalen-Gruppe ist über Deutschland hinaus in fünf Nachbarstaaten mit Produktionsstandorten vertreten und beschäftigt rund 2.200 Menschen.

Dienstag, 2.07.2024, 10:54 Uhr
Volker Stephan

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