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Die Strom-Gestehungskosten sagen wenig über die Gesamtkosten aus, so die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Ein besserer Indikator seien die Kosten, um den gesamten Strombedarf zu decken.
Zwar sinken die Gestehungskosten für Strom (Levelized Costs of Electricity, LCOE) aus Windparks und Photovoltaikanlagen tendenziell. Doch dies bedeutet nicht, dass auch die Kosten für die Endkunden zurückgehen respektive in Zukunft zurückgehen werden. Dies zeigt eine Kurzstudie der „Wirtschaftsweisen“ Veronika Grimm, die das „Energy Systems and Market Design Lab“ der TU
Nürnberg (UTN) leitet, sowie der Ökonomen Gregor Zöttl und Leon Oechsle von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Die Argumentation: Was die Endkunden zu tragen haben, sind nicht die LCOE von Wind- und Solaranlagen, sondern die Kosten für die Deckung ihres Strombedarfs („Levelized Costs of Load Coverage“, LCOLC). In diese aber fließen nicht zuletzt die Aufwendungen für die Ausregelung des Stromsystems ein, die Gaskraftwerke, Batteriespeicher sowie „künftig auch wasserstoffbetriebene Kraftwerke“ bewerkstelligen müssen. „Die so errechneten LCOLC deuten nicht darauf hin, dass die Stromkosten im kommenden Jahrzehnt deutlich sinken werden“, heißt es in der Kurzstudie. Es sei daher nicht sinnvoll, die aufgrund des Ausbaus der Erneuerbaren erwarteten vermeintlich niedrigeren Strompreise mit staatlichen Unterstützungen schon jetzt quasi vorwegzunehmen, etwa durch einen „Transformations-Strompreis“.
Grimm und Kollegen untermauern dies mit Berechnungen hinsichtlich der LCOE und LCOLC für die Jahre 2021 und 2040. An Technologien berücksichtigen sie Onshore-Windparks, Freiflächen-PV, Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD), Batteriespeicher und für das Jahr 2040 PEM-Elektrolyseure, Wasserstoffspeicher sowie wasserstofffähige Gaskraftwerke.
Nicht einbezogen werden sonstige Kosten wie jene fürs Netz.
Das Ergebnis: 2021 lagen die nach Art der Kurzstudie berechneten LCOE für Windparks bei 5,49
Ct/kWh, jene für PV-Anlagen bei 4,07
Ct/kWh. Die LCOLC wären dagegen mit 32,76
Ct/kWh zu veranschlagen gewesen, vor allem wegen „der heute noch hohen Kosten von Batteriespeichern und der Notwendigkeit der Installation großer Kapazitäten“.
Dies deutet laut der Studie auch darauf hin, dass sich die LCOE bei Installation von Batteriespeichern mit hoher Kapazität erhöhen könnten. Die „Bereitstellung ausreichend flexibler Lastdeckung durch Batteriespeicher zu geringen zusätzlichen Kosten“ sei also keineswegs gesichert.
Erneuerbare und Batterien allein nicht zielführendFür 2040 ergeben die Berechnungen für PV-Anlagen LCOE von 2,59
Ct/kWh. Die LCOLC wären indes mit mehr als 21,70
Ct/kWh zu veranschlagen, wenn der Bedarf an Ausregelung ausschließlich mithilfe von Batteriespeichern gedeckt wird: „Die niedrigsten Kosten zur Deckung einer gegebenen Nachfrage im Jahr 2040 ergeben sich, wenn die Erzeugung von Wasserstoff, seine Speicherung und Verstromung als Technologieoption zur Deckung der Versorgungslücke zur Verfügung steht.“
Laut der Kurzstudie würden sowohl 2021 als auch 2040 zwischen 2,67
und etwa 10
Prozent der Ökostromproduktion „abgeregelt und somit nicht verwendet“. Falls ausschließlich Batteriespeicher genutzt werden, um Versorgungslücken zu schließen, hätten 2021 jedoch mehr als 72
Prozent des Ökostroms abgeregelt werden müssen. 2040 wären es immer noch mehr als 66
Prozent. „Dies zeigt erneut, dass ein nur auf erneuerbaren Energien und Batteriespeichern basierendes System nicht zielführend wäre, auch im Jahr 2040 nicht“, resümieren die Autoren. Jedenfalls empfehlen sie, zur Prognose der Endpreise nur die LCOLC heranzuziehen.
„Antwort“ auf das DIWIn gewisser Weise lässt sich die Kurzstudie wohl als „Antwort“ auf einen am 10.
April präsentierten Vorschlag des gewerkschaftsnahen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verstehen. Diesem zufolge soll der Bund eine Agentur einrichten, die einen Erneuerbare-Energien-Pool (EE-Pool) betriebe. Über den Pool würden symmetrische (zweiseitige) Differenzverträge für Ökostrom-Ausbau vergeben.
Bei CfD erhalten die Anlagenbetreiber nur bei niedrigen Großhandelspreisen Förderungen, bei hohen Preisen müssen sie diese zurückzahlen (siehe auch separate Meldung über die EU-Energiemarkt-Reform). Die so generierten Strommengen würden an ausgewählte Kunden verkauft, wie energieintensive Unternehmen oder Bedürftige. Wegen der Symmetrie der Verträge wären die Kunden gegen Preisschwankungen insoweit weitgehend abgesichert.
Bezüglich der verbleibenden Mengen hätten sie Anreize, in Flexibilitäten wie Speicher zu investieren. Laut DIW könnten über den EE-Pool von 2028 an 100
Milliarden kWh Strom bereitgestellt werden. Die Erzeugungskosten beziffert das Institut mit 50 bis 60
Euro/MWh.
Die Kurzstudie Grimms und ihrer Kollegen ist auf der Website der
UTN verfügbar, der Vorschlag des
DIW auf dessen Website.
Donnerstag, 11.04.2024, 16:36 Uhr
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