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Im Oktober sind allein vier deutsche Photovoltaik-Unternehmen mit überregionalem Geschäft pleite gegangen. Einzelfälle oder ein Trend? Das fragte diese Redaktion den BDSH und den BSW.
Mindestens vier überörtlich tätige Unternehmen der Photovoltaik-Branche haben im Oktober Pleite angemeldet. Zu den Pleitekandidaten gehören der 2022 gegründete Heimenergiemanagement(HEMS)-Anbieter
Solarnative, der im selben Jahr gegründete Plattformanbieter
Nue („Certflow“), der komplexe Geschäftsprozesse rund um die Zertifizierung von Typ-B-Anlagen ab 135
kW digitalisiert, der Gewerbedach-Anlagenentwickler und Ladeinfrastruktur-Anbieter
Adler Smart Solutions aus Hamburg (nicht zu verwechseln mit Adler Solar) und der Solarinstallateur
ESS Kempfle aus dem bayerischen Leipheim.
Die Verbände BSW und BDSH wollen auf Anfrage nur zu ihrer Branche etwas sagen, nicht zu einzelnen Unternehmen. Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) ist das Geschäftsklima im deutschen PV-Gewerbe über alle Wertschöpfungsstufen trotz einer Eintrübung immer noch gut. „Wir haben keine Insolvenzwelle beobachtet“, erklärt Geschäftsführer Carsten Körnig auf Anfrage. Der PV-Zuwachs sei im ersten Halbjahr auch weitergegangen - außer im Heimsegment. Eine „Sonderkonjunktur“ aus den Zeiten von Corona und der Energiekrise sei gerade am Abklingen.
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Carsten Körnig Quelle: BSW Solar |
Immer noch gutes Geschäftsklima - außer in einem SegmentIn der ersten Septemberhälfte hatten 34
Prozent der dem BSW antwortenden Betriebe aller Wertschöpfungsstufen ihre Geschäftslage als „sehr gut“ oder „eher gut“ bezeichnet, weitere 37
Prozent für „befriedigend“.
Der registrierte PV-Zubau sei in den ersten acht Monaten dieses Jahres in Deutschland auf Jahresbasis noch um 16
Prozent gewachsen. Das Gesamtjahr 2023 war mit 15.200
MW Plus ein Rekordjahr; ähnliche Zahlen erwartet Körnig auch für 2024. Allerdings habe sich der Zubau im Heimsegment bis 30
kW um 10
Prozent auf 4.200
MW verringert.
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Torben Brodersen Quelle: BDSH |
Solarteur-Verband: Unwirtschaftliche PanikverkäufeDer neue Bundesverband des Deutschen Solarhandwerks (BDSH), der nur Handwerksbetriebe vertritt, fasst die Lage in drastischeren Worten zusammen. Geschäftsführer Torben Brodersen: „Unternehmen, die in der Boomphase hoch gepokert haben, sehen sich nun mit den Konsequenzen konfrontiert. Eine davon ist, dass sie nicht mit dem Preisverfall gerechnet haben. Die eingekauften Komponenten müssen nun, anders als ursprünglich geplant, günstiger verkauft werden, aus Angst, noch mehr Kunden zu verlieren und auf den Lagerbeständen sitzenzubleiben.“
Außerdem hätten manche das Personal zu sehr hochgefahren. „Vor allem Handwerksbetriebe sind von den Nachfrage-Rückgängen betroffen. Die Installateure kämpfen derzeit um jeden Auftrag“, schildert Brodersen.
Auch der BSW spricht von „zu viel Ware auf Lager“ und von „Newcomern“, die in dem Boom in den Markt drängten. Dem vorläufig insolventen Solarteur ESS Kempfle und anderen etablierten Solarinstallateuren etwa machten plötzlich Dachdecker, Gerüstbauer und Elektriker Konkurrenz. Er hatte schon im Sommer seine Umsatzprognose von 50 auf 20
Millionen Euro zusammengestrichen.
Die Solarteur-Branche, so wiederum der BDSH, konsolidiere sich aus den genannten Gründen und stelle ihre Geschäftsmodelle um. „Das zeugt von Verantwortung“, kommentiert Torben Brodersen. Und weiter: „Wir stehen an einem speziellen Punkt. Die Nachfrage geht einerseits zurück und verteilt sich andererseits auf mehr Anbieter. Da bleibt beim einzelnen Installationsbetrieb weniger hängen. Dieser Trend macht sich vor allem im Bereich der privaten PV-Anlagen bemerkbar. Derzeit findet die Energiewende dementsprechend weniger im dezentralen Bereich statt als auf PV-Feldern und Gewerben.“
Freitag, 11.10.2024, 16:36 Uhr
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