E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > F&E - Deutsches Stromsystem läuft als Laborsimulation
Quelle: Shutterstock
F&E

Deutsches Stromsystem läuft als Laborsimulation

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) läuft mit "Energy Lab 2.0" ein digitaler Zwilling des deutschen Stromsystems. Die Bundesforschungsministerin startete es am 28. Oktober.
Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) simulieren mit einem „digitalen Zwilling“ das deutsche Stromsystem. Mit dem „Energy Lab 2.0“ soll der Ausgleich zwischen Angebot von volatilen erneuerbaren Erzeugern und Nachfrage besser erforscht werden. Parameter wie Power-to-X-Anlagen zur Speicherung beziehungsweise weiteren Nutzung von Stromüberschüssen etwa während starker Sonneneinstrahlung oder innovative Energiespeicher können im Modell nach Belieben zugeschaltet werden.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nahm das Energy Lab 2.0 am 28. Oktober offiziell in Betrieb. Gemeinsam mit dem Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), Michael Theurer, startete sie eine Großsimulation. „Was im Kleinen funktioniert, muss in großem Maßstab ausgerollt werden“, nannte die Ministerin als Ziel des digitalen Modells. Auch bestehende Technologien wie Wasserstoff und Biomasse müssten in die Anwendung kommen, appellierte sie: „Da können wir jetzt schneller werden.“

Erzeuger und Verbraucher nachgebildet

Im Energy Lab 2.0 sind alle Stromleitungen und -schalter sowie Koppelungen zu Nachbarländern in einer Detailtiefe erfasst, wie man sie sonst nirgends finde, sagte
Michael Decker, Professor für Technikfolgenabschätzung. Das Ganze sei verknüpft mit einem Mini-Dorf, um die Stromversorgung von der Erzeugung bis zum Verbrauch abzubilden. Unterschiedlich ausgerichtete und geneigte Photovoltaik-Anlagen beispielsweise fangen Sonnenlicht ein. Musterhäuser sind mit verschiedener Infrastruktur wie Wärmepumpen ausgerüstet.

„Dort wird unter anderem erforscht, wie Haushaltsgeräte zur Stabilität des Energienetzes beitragen können, etwa indem sie ihren Verbrauch an die jeweils verfügbare Strommenge anpassen“, erläuterte Decker. Die Simulation könne auch Wege zeigen, das Energiesystem selbst dann stabil zu halten, wenn plötzlich zum Beispiel die Gasversorgung aus Russland einbricht oder ein Kraftwerk ausfällt. Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Transfer und Internationales des KIT, sagte: „Mit dem Energy Lab 2.0 können wir zeigen, dass ein klimaneutrales Energiesystem perspektivisch möglich ist.“

Klimaneutrales Deutschland als Zielversion

„Auch wenn Deutschland wohl immer ein Energieimportland bleiben wird, können wir die Technologien bereitstellen und das Know-how aufbauen, um das international und vor Ort zu realisieren“, erläuterte Hirth. Die Simulation basiere auf erneuerbaren Energien sowie einem geschlossenen Kohlenstoffkreislauf, also auf einem Energiesystem wie es nach den Plänen der Bundesregierung im Jahre 2045 Wirklichkeit sein soll. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert die Arbeit am Energy Lab 2.0 zu einem großen Teil.
 
Start der Simulation im Energy Lab 2.0 am KIT (v. l. n. r.): Prof. Michael Decker (Leiter des Bereichs Informatik des KIT), Bettina Stark-Watzinger (Bundesforschungsministerin), Prof. Thomas Hirth (Vizepräsident des KIT), Michael Theurer (Parlamentarischer Staatssekretär im BMDV), Prof. Andrea Robotzki (Leiterin des Bereichs Verfahrenstechnik des KIT)
Quelle: KIT/Amadeus Bramsiepe

Auf dem KIT-Campus stehen auch Praxisanlagen für die Forschung zur verfügung, darunter Solarfelder und Geothermie, innovative Energiespeicher, Power-to-X-Anlagen, Wohnhäuser, Elektroautos und sehr viel Rechenpower. In den nächsten Jahren soll hier eine neue Generation von Fachleuten lernen, das vernetzte Energiesystem der Zukunft sicher durch Dunkelflauten und Angriffe von Cyber-Kriminellen zu fahren.

Langsamer Netzausbau behindert Energiewende

Unterdessen nannte Andreas Kommol vom Netzbetreiber Edis bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Schweriner Landtags den stockenden Netzausbau
„das unterschätzte Nadelöhr der Energiewende“. Der Netzausbau halte besonders im Nordosten Deutschlands nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt, warnte er. Das liege unter anderem an der Länge der Genehmigungsverfahren. Die Antragsphase für Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen dauere etwa 3 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern, für Stromleitungen aber zwischen 8 und 12 Jahren.

Weitere Informationen zum KIT Energy Lab 2.0 stehen im Internet bereit.

Freitag, 28.10.2022, 13:14 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > F&E - Deutsches Stromsystem läuft als Laborsimulation
Quelle: Shutterstock
F&E
Deutsches Stromsystem läuft als Laborsimulation
Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) läuft mit "Energy Lab 2.0" ein digitaler Zwilling des deutschen Stromsystems. Die Bundesforschungsministerin startete es am 28. Oktober.
Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) simulieren mit einem „digitalen Zwilling“ das deutsche Stromsystem. Mit dem „Energy Lab 2.0“ soll der Ausgleich zwischen Angebot von volatilen erneuerbaren Erzeugern und Nachfrage besser erforscht werden. Parameter wie Power-to-X-Anlagen zur Speicherung beziehungsweise weiteren Nutzung von Stromüberschüssen etwa während starker Sonneneinstrahlung oder innovative Energiespeicher können im Modell nach Belieben zugeschaltet werden.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nahm das Energy Lab 2.0 am 28. Oktober offiziell in Betrieb. Gemeinsam mit dem Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), Michael Theurer, startete sie eine Großsimulation. „Was im Kleinen funktioniert, muss in großem Maßstab ausgerollt werden“, nannte die Ministerin als Ziel des digitalen Modells. Auch bestehende Technologien wie Wasserstoff und Biomasse müssten in die Anwendung kommen, appellierte sie: „Da können wir jetzt schneller werden.“

Erzeuger und Verbraucher nachgebildet

Im Energy Lab 2.0 sind alle Stromleitungen und -schalter sowie Koppelungen zu Nachbarländern in einer Detailtiefe erfasst, wie man sie sonst nirgends finde, sagte
Michael Decker, Professor für Technikfolgenabschätzung. Das Ganze sei verknüpft mit einem Mini-Dorf, um die Stromversorgung von der Erzeugung bis zum Verbrauch abzubilden. Unterschiedlich ausgerichtete und geneigte Photovoltaik-Anlagen beispielsweise fangen Sonnenlicht ein. Musterhäuser sind mit verschiedener Infrastruktur wie Wärmepumpen ausgerüstet.

„Dort wird unter anderem erforscht, wie Haushaltsgeräte zur Stabilität des Energienetzes beitragen können, etwa indem sie ihren Verbrauch an die jeweils verfügbare Strommenge anpassen“, erläuterte Decker. Die Simulation könne auch Wege zeigen, das Energiesystem selbst dann stabil zu halten, wenn plötzlich zum Beispiel die Gasversorgung aus Russland einbricht oder ein Kraftwerk ausfällt. Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Transfer und Internationales des KIT, sagte: „Mit dem Energy Lab 2.0 können wir zeigen, dass ein klimaneutrales Energiesystem perspektivisch möglich ist.“

Klimaneutrales Deutschland als Zielversion

„Auch wenn Deutschland wohl immer ein Energieimportland bleiben wird, können wir die Technologien bereitstellen und das Know-how aufbauen, um das international und vor Ort zu realisieren“, erläuterte Hirth. Die Simulation basiere auf erneuerbaren Energien sowie einem geschlossenen Kohlenstoffkreislauf, also auf einem Energiesystem wie es nach den Plänen der Bundesregierung im Jahre 2045 Wirklichkeit sein soll. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert die Arbeit am Energy Lab 2.0 zu einem großen Teil.
 
Start der Simulation im Energy Lab 2.0 am KIT (v. l. n. r.): Prof. Michael Decker (Leiter des Bereichs Informatik des KIT), Bettina Stark-Watzinger (Bundesforschungsministerin), Prof. Thomas Hirth (Vizepräsident des KIT), Michael Theurer (Parlamentarischer Staatssekretär im BMDV), Prof. Andrea Robotzki (Leiterin des Bereichs Verfahrenstechnik des KIT)
Quelle: KIT/Amadeus Bramsiepe

Auf dem KIT-Campus stehen auch Praxisanlagen für die Forschung zur verfügung, darunter Solarfelder und Geothermie, innovative Energiespeicher, Power-to-X-Anlagen, Wohnhäuser, Elektroautos und sehr viel Rechenpower. In den nächsten Jahren soll hier eine neue Generation von Fachleuten lernen, das vernetzte Energiesystem der Zukunft sicher durch Dunkelflauten und Angriffe von Cyber-Kriminellen zu fahren.

Langsamer Netzausbau behindert Energiewende

Unterdessen nannte Andreas Kommol vom Netzbetreiber Edis bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Schweriner Landtags den stockenden Netzausbau
„das unterschätzte Nadelöhr der Energiewende“. Der Netzausbau halte besonders im Nordosten Deutschlands nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt, warnte er. Das liege unter anderem an der Länge der Genehmigungsverfahren. Die Antragsphase für Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen dauere etwa 3 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern, für Stromleitungen aber zwischen 8 und 12 Jahren.

Weitere Informationen zum KIT Energy Lab 2.0 stehen im Internet bereit.

Freitag, 28.10.2022, 13:14 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.