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Die Wasserkraft in Nordrhein-Westfalen plätschert vor sich hin. Das findet zumindest der Erneuerbaren-Landesverband, der hunderte Megawatt Leistung brach liegen sieht.
Wasserkraftwerke spielen im Konzert der Erneuerbaren nicht die erste Geige. Zu klein die Anlagen, zu überschaubar ihre Anzahl. Ihre Qualitäten können aber wertvoll sein, sagt der Landesverband Erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen (LEE NRW). Umso schneller sei das Potenzial auszuschöpfen, so der Vize-Geschäftsführer Philipp Hawlitzky.
Zwar verfüge das bevölkerungsreichste Bundesland über Anlagen im Umfang von 534 MW Leistung und liege damit auf Rang vier. Im vergangenen Jahr seien aber nur dürftige 170 kW hinzugekommen, davon entfielen allein auf ein Werk an der Biggetalsperre (Sauerland) 125 kW. „Bei solchen Minizahlen verbietet es sich von Wachstum zu sprechen“, so Philipp Hawlitzky.
In nennenswertem Maßstab ließe sich Wasserkraft an Talsperren zubauen, so der Funktionär. NRW verfüge über 81 dieser Anlagen, was bundesweit den Spitzenplatz bedeutet. Aber nur an 31 von ihnen erfolge die Produktion von Strom. Sie allein kommen auf eine Kapazität von zusammen 93 MW. Auch wenn nicht jede Talsperre geeignet für das Gewinnen von Wasserkraft sei, ließen sich nach Berechnungen des LEE NRW hier doch etwa 100 MW zubauen oder durch Repowering hinzugewinnen. Die Wasserwirtschaft müsse hier ihren Spielraum nutzen und investieren, fordert Philipp Hawlitzky.
Fische durchkreuzen so manchen Ausbauplan
Die Zahlen für 2022 sind kein Ruhmesblatt, wie auch die vergangene Dekade kaum Bewegung in die Wasserkraft gebracht hat. Etwa 11 MW Zubau weist die Statistik des LEE für den Zeitraum seit 2013 aus, seit 2015 überspringt der jährliche Ausbau selten die 1-MW-Marke. Daher spricht der Branchenverband auch vom wichtigen Energieträger, der nach wie vor weitgehend ungenutzt bleibe. Philipp Hawlitzky sieht einen Vorteil darin, dass Wasserkraft beständig Energie produziere und damit eine wertvolle Ergänzung zu Wind- und Sonnenenergie darstelle. Einen Schlüssel für den Ausbau der Wasserkraft sieht der Verband in schnelleren Genehmigungsprozessen. Schließlich sei auch diese Art der Energieerzeugung seit dem Osterpaket der Bundesregierung mit dem Goldstandard ausgezeichnet, von „überragendem öffentlichen Interesse“ zu sein. Die Wasserbehörden müssten dies in den Verwaltungsprozessen auch nachweisen und – wie gefordert – binnen zwei Jahren Anlagen zulassen.
Dass Wasserkraft ähnlich wie Windenergieprojekte enorme Hürden überwinden muss, zeigt ein Fall aus dem Eifel-Landkreis Euskirchen. Dort in Schleiden-Gemünd wartet Betreiber Hubert Verbeek seit 2009 auf den Start für ein 105-kW-Werk. Erst 2020 hatte er vom Kreis die Genehmigung erhalten, der prompt eine Klage des Fischereiverbands Westfalen Lippe folgte. Das Projekt ist weiterhin blockiert. Der Artenschutz ist oftmals eine Hypothek für kleine Kraftwerke. Die Investoren bemühen sich, durch baulich integrierte Fischaufstiege den Nutzen auch für die Fauna herauszustellen. Das Potenzial der Wasserkraft lasse sich durch Ertüchtigung bestehender Anlagen, durch Neubau an bestehenden Staustufen (13.000 Querbauwerke) und Talsperren heben. Heute produzieren die vorhandenen Wasserkraftwerke in NRW rund 660 Millionen kWh pro Jahr, das deckt den Bedarf von etwa 200.000 Durchschnittshaushalten. Der LEE NRW hält einen bis zu 25 Prozent höheren Stromertrag für möglich.
Dienstag, 7.03.2023, 15:53 Uhr
Volker Stephan
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