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Energie & Management > Politik - Energiepreisbremsen sollen rückwirkend ab Januar greifen
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Politik

Energiepreisbremsen sollen rückwirkend ab Januar greifen

Die Bundesregierung will die ab März geplanten Preisbremsen für Strom und Gas auch rückwirkend für Januar und Februar wirken lassen. Das Gesetz soll am 23. November im Kabinett sein.
Der für den Monat März ermittelte Entlastungsbetrag beim Strom- und Gaspreis soll verdreifacht werden und damit für die Monate Januar und Februar „gleichsam rückwirkend“ gelten. Der Gesetzentwurf für die Energiepreisbremsen liegt am 23. November dem Bundeskabinett zum Beschluss vor. Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen für 80  Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen garantierten Gasbruttopreis von 12 Cent/kWh bekommen.

Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der Vertragspreis gelten, um Sparen anzureizen. Für Fernwärme soll der garantierte Bruttopreis bei 9,5 Cent/kWh liegen. Auch für die Industrie ist ohnehin ab Januar eine Gaspreisbremse geplant. Diese großen Verbraucher sollen einen Garantiepreis von 7 Cent/kWh netto für 70 Prozent ihrer bisherigen Verbrauchsmenge erhalten. Die Entlastungen für die Industrie gelten nur, wenn während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme keine Dividenden gezahlt werden, heißt es im Gesetzentwurf. Alle Maßnahmen sind bis Ende März 2024 befristet.

Dezember-Einmalzahlung bereits Gesetz

Bundestag und Bundesrat hatten als ersten Schritt einer Energiepreisentlastung bereits eine Dezember-Einmalzahlung des Abschlags für Gas beschlossen. Auch eine Strompreisbremse von 40 Cent/kWh soll ab März greifen. Die Haushaltskunden profitierten zudem weiterhin von der Mehrwertsteuersenkung auf Erdgas und Fernwärme auf 7 Prozent. Das Kanzleramt hatte Anfang November vorgeschlagen, dass die Gaspreisbremse bereits im Februar in Kraft tritt. Allerdings benötigen die Versorger technisch den längeren Vorlauf bis März für die Umsetzung. Die Bundesregierung reagiert mit den milliardenschweren Entlastungen auf die wegen des Ukrainekrieges stark gestiegene Energiepreise.

Für größere Unternehmen, die insgesamt Entlastungen über 2 Millionen Euro beziehen, soll laut Entwurf eine Standortgarantie vorgeschrieben werden. Sie sollen bis April 2025 90 Prozent der zum 1. Januar 2023 vorhandenen Vollzeitstellen erhalten. Finanziert werden sollen die Entlastungen aus zusätzlichen Kreditaufnahmen bis zu 200 Milliarden Euro. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen befristet bis mindestens Ende Juni 2023 „Zufallsgewinne“ von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend ab 1. September 2022 abgeschöpft werden.

Protest der erneuerbaren Branche gegen Erlösabschöpfung

Das betrifft auch Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne, die zuletzt von hohen Preisen an der Börse profitiert haben. Da die geplante Abschöpfung bei den Erlösen ansetzt und nicht bei Gewinnen, stößt sie auf heftige Kritik in der Energiebranche. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht in dem Vorschlag einen Irrweg, der das Investitionsklima bei den erneuerbaren Energien auf lange Zeit zu beschädigen droht und die Einhaltung der Klimaziele riskiert.

„Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg“, fürchtet BEE-Präsidentin Simone Peter. Zudem benachteilige der Gesetzentwurf die erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Quellen wie Steinkohle oder Erdgas. Deshalb sei mit einer Klagewelle aus der gesamten Branche zu rechnen, sagte Peter. Der Vorschlag gehe zudem weit über den europäischen Rahmen hinaus, weil er bis ‚mindestens Juni 2023‘ reiche und eine Verlängerungsmöglichkeit bis Ende 2024 vorsehe. Auch die Rückwirkung ab September sei „verfassungswidrig“.

Besser EU-Vorlagen für „Übergewinne“ nutzen

„Eine Steuer auf Erlöse wäre nicht nur explizit mit EU-Recht vereinbar gewesen, sie hätte auch viel unnötige Bürokratie vermeiden können“, sagte Peter. Deutschland solle keinen Sonderweg einschlagen und stattdessen dem Vorschlag der EU folgen, fordert der BEE. Zudem müsse Bioenergie vollständig zur Ausnahme erklärt werden. Sonst drohe das Aus für viele Biogasanlagenbetreiber, warnte Peter. Dabei würde gerade Biogas zum Ersatz des fossilen Erdgases benötigt, sei heimisch und flexibel steuerbar. Die Branche hat für den 22. November zu einer Protestaktion von Bioenergie-Bauern vor dem Deutschen Bundestag in Berlin aufgerufen.
 
 
Unternehmen haben laut Gesetzentwurf zwei Möglichkeiten, wie die abzuschöpfenden Gewinne ermittelt werden: Entweder sie legen ihre Verträge offen oder die Gewinne werden anhand der durchschnittlichen Preise am Spot- und Terminmarkt berechnet. Im Falle bereits abgeschlossener Termingeschäfte müssten Unternehmen die erzielten Preise selbst berechnen und diese nachvollziehbar sowie durch zusätzliche Wirtschaftsprüfung bestätigt übermitteln. „So wird die Energiewende erneut ausgebremst – ein fatales Signal an Standort und Klima“, schloss Peter die Kritik.

Dienstag, 22.11.2022, 13:46 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Energiepreisbremsen sollen rückwirkend ab Januar greifen
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Politik
Energiepreisbremsen sollen rückwirkend ab Januar greifen
Die Bundesregierung will die ab März geplanten Preisbremsen für Strom und Gas auch rückwirkend für Januar und Februar wirken lassen. Das Gesetz soll am 23. November im Kabinett sein.
Der für den Monat März ermittelte Entlastungsbetrag beim Strom- und Gaspreis soll verdreifacht werden und damit für die Monate Januar und Februar „gleichsam rückwirkend“ gelten. Der Gesetzentwurf für die Energiepreisbremsen liegt am 23. November dem Bundeskabinett zum Beschluss vor. Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen für 80  Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen garantierten Gasbruttopreis von 12 Cent/kWh bekommen.

Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der Vertragspreis gelten, um Sparen anzureizen. Für Fernwärme soll der garantierte Bruttopreis bei 9,5 Cent/kWh liegen. Auch für die Industrie ist ohnehin ab Januar eine Gaspreisbremse geplant. Diese großen Verbraucher sollen einen Garantiepreis von 7 Cent/kWh netto für 70 Prozent ihrer bisherigen Verbrauchsmenge erhalten. Die Entlastungen für die Industrie gelten nur, wenn während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme keine Dividenden gezahlt werden, heißt es im Gesetzentwurf. Alle Maßnahmen sind bis Ende März 2024 befristet.

Dezember-Einmalzahlung bereits Gesetz

Bundestag und Bundesrat hatten als ersten Schritt einer Energiepreisentlastung bereits eine Dezember-Einmalzahlung des Abschlags für Gas beschlossen. Auch eine Strompreisbremse von 40 Cent/kWh soll ab März greifen. Die Haushaltskunden profitierten zudem weiterhin von der Mehrwertsteuersenkung auf Erdgas und Fernwärme auf 7 Prozent. Das Kanzleramt hatte Anfang November vorgeschlagen, dass die Gaspreisbremse bereits im Februar in Kraft tritt. Allerdings benötigen die Versorger technisch den längeren Vorlauf bis März für die Umsetzung. Die Bundesregierung reagiert mit den milliardenschweren Entlastungen auf die wegen des Ukrainekrieges stark gestiegene Energiepreise.

Für größere Unternehmen, die insgesamt Entlastungen über 2 Millionen Euro beziehen, soll laut Entwurf eine Standortgarantie vorgeschrieben werden. Sie sollen bis April 2025 90 Prozent der zum 1. Januar 2023 vorhandenen Vollzeitstellen erhalten. Finanziert werden sollen die Entlastungen aus zusätzlichen Kreditaufnahmen bis zu 200 Milliarden Euro. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen befristet bis mindestens Ende Juni 2023 „Zufallsgewinne“ von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend ab 1. September 2022 abgeschöpft werden.

Protest der erneuerbaren Branche gegen Erlösabschöpfung

Das betrifft auch Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne, die zuletzt von hohen Preisen an der Börse profitiert haben. Da die geplante Abschöpfung bei den Erlösen ansetzt und nicht bei Gewinnen, stößt sie auf heftige Kritik in der Energiebranche. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht in dem Vorschlag einen Irrweg, der das Investitionsklima bei den erneuerbaren Energien auf lange Zeit zu beschädigen droht und die Einhaltung der Klimaziele riskiert.

„Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg“, fürchtet BEE-Präsidentin Simone Peter. Zudem benachteilige der Gesetzentwurf die erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Quellen wie Steinkohle oder Erdgas. Deshalb sei mit einer Klagewelle aus der gesamten Branche zu rechnen, sagte Peter. Der Vorschlag gehe zudem weit über den europäischen Rahmen hinaus, weil er bis ‚mindestens Juni 2023‘ reiche und eine Verlängerungsmöglichkeit bis Ende 2024 vorsehe. Auch die Rückwirkung ab September sei „verfassungswidrig“.

Besser EU-Vorlagen für „Übergewinne“ nutzen

„Eine Steuer auf Erlöse wäre nicht nur explizit mit EU-Recht vereinbar gewesen, sie hätte auch viel unnötige Bürokratie vermeiden können“, sagte Peter. Deutschland solle keinen Sonderweg einschlagen und stattdessen dem Vorschlag der EU folgen, fordert der BEE. Zudem müsse Bioenergie vollständig zur Ausnahme erklärt werden. Sonst drohe das Aus für viele Biogasanlagenbetreiber, warnte Peter. Dabei würde gerade Biogas zum Ersatz des fossilen Erdgases benötigt, sei heimisch und flexibel steuerbar. Die Branche hat für den 22. November zu einer Protestaktion von Bioenergie-Bauern vor dem Deutschen Bundestag in Berlin aufgerufen.
 
 
Unternehmen haben laut Gesetzentwurf zwei Möglichkeiten, wie die abzuschöpfenden Gewinne ermittelt werden: Entweder sie legen ihre Verträge offen oder die Gewinne werden anhand der durchschnittlichen Preise am Spot- und Terminmarkt berechnet. Im Falle bereits abgeschlossener Termingeschäfte müssten Unternehmen die erzielten Preise selbst berechnen und diese nachvollziehbar sowie durch zusätzliche Wirtschaftsprüfung bestätigt übermitteln. „So wird die Energiewende erneut ausgebremst – ein fatales Signal an Standort und Klima“, schloss Peter die Kritik.

Dienstag, 22.11.2022, 13:46 Uhr
Susanne Harmsen

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