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Die deutschen Gasspeicher sind nahezu voll, sie weisen einen Füllstand von 97 Prozent auf. Die Gefahr einer Gasmangellage sieht der Speicherverband Ines dennoch nicht gebannt.
Die Befüllung der Gasspeicher ist in den Sommermonaten bei niedrigem Verbrauch relativ konstant verlaufen: „In Summe lässt sich sagen, dass wir den Monat September mit Füllständen von 96
Prozent abgeschlossen haben. Derzeit weisen die Gasspeicher in Deutschland sogar deutlich über 97
Prozent auf“, erklärte Sebastian Heinermann, geborener Bleschke. Bereits am Morgen des 26.
Septembers seien, so der Geschäftsführer des Gasspeicherverbandes Initiative Energien Speichern (Ines), die gesetzlich für den 1.
November vorgegebenen 95
Prozent erreicht worden. 2022 sei dies erst zum 13.
Oktober der Fall gewesen.
Ist es im Oktober und im November nicht extrem kalt, rechnet Ines für danach mit ganz vollen Gasspeichern. Entwarnung für eine Gasmangellage gibt der Verband jedoch auch bei seiner dritten vorgelegten Einschätzung zur Gasversorgung-Situation in Deutschland nicht.
Zum
Hintergrund: Ines modelliert fortlaufend die europäischen Gasmärkte, um einzuschätzen, wie sicher die Gasversorgung ist. Sie betrachtet dabei die Speicherbefüllung und die Gasversorgung Deutschlands in drei Szenarien:
- unter Normaltemperatur-Bedingungen auf Basis des EU-Wetterjahres 2016,
- wie im relativ milden europäischen Winter 2020
- und entsprechend dem kalten europäischen Winter 2010.
Im Extremfall Entleerung der Speicher im JanuarDas Kälteszenario vor Augen, konstatierte Heinermann nun: „Selbst wenn die Gasspeicher erneut vollständig vor dem Winter befüllt werden, könnte die Gasnachfrage bei extrem kalten Temperaturen und aktuellem Verbrauchsverhalten vermutlich nicht mehr vollständig gedeckt werden.“ Selbst bei normalen Temperaturen werde die gesetzliche Füllstandsvorgabe von 40
Prozent zum 1.
Februar 2024 herausfordernd sein.
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Rückblick: Die bisherigen Gasspeicherfüllstände in Deutschland im zeitlichen Verlauf seit Oktober 2022 (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken) Quellen: GIE / Ines |
Bei Extremkälte rechne man bei Ines mit einer vollständigen Leerung der deutschen Gasspeicher im Januar 2024. Die Gaslücke beziffert Heinermann dann fürs erste Quartal 2024 auf 10 bis 16
Milliarden kWh pro Monat (siehe blauer Bereich in der Grafik zum Ausblick). "Der Gasmangel könnte in diesem Szenario dann an einzelnen Tagen bis zu 40
Prozent des deutschen Gasverbrauchs betragen", so Heinermann.
Zur Sicherung der Gasversorgung empfiehlt Ines, kurzfristig weitere schwimmende LNG-Terminals in Betrieb zu nehmen. Derzeit sind drei in Betrieb − im niedersächsischen Wilhelmshaven, in Lubmin in Vorpommern und in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein. Drei weitere LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Stade und in Mukran auf Rügen sollen folgen.
„Wenn es uns nicht gelingt, vor dem Winter weitere schwimmende LNG-Terminals in Betrieb zu nehmen, können bei extrem kalten Temperaturen vermutlich nur noch zusätzliche Einsparbemühungen einen Gasmangel vermeiden“, warnte Heinermann. In kalten Wintern verbrauchten im Wesentlichen Haushalte und Gewerbe Heizgas.
Bei einem
Gasmangel reduzierten hohe Gaspreise am Handelsmarkt den Gasverbrauch in Industrie und Kraftwerken. Zusätzliche Einsparbemühungen, vor allem in Haushalten und im Gewerbe, könnten daher einen großen Beitrag für die Industrieversorgung leisten.
Das Ines-Papier
„Versorgungssicherheit Gas − INES-Szenarien (Oktober-Update)“ ist auf der Internetseite des Verbandes downloadbar.
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Ausblick: Angenommene künftige Gasspeicher-Füllstände bei unterschiedlichen Temperaturen (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken) Quelle: Ines |
Gasversorgung auf EU-EbeneAuch auf EU-Ebene lag der Füllstand der Gasspeicher bei zuletzt 97
Prozent. Das teilte die Brüsseler Denkfabrik Bruegel mit Verweis auf Daten von Gas Infrastructure Europe (GIE) am 10.
Oktober mit.
Auch ohne Lieferungen aus Russland werde die EU den kommenden Winter überstehen, meint Bruegel in einem Bericht. Und: „Wenn die EU den Winter mit mindestens 30
Prozent der Gasvorräte beendet, kann man von einem Winter ohne ernste Bedrohung für die Versorgungssicherheit sprechen.“
Die EU-Staaten reagierten mittlerweile besser auf Krisen im Gasmarkt, so ein Fazit. Bruegel begründet dies mit diversifizierten Gasimporten, dem Ausbau der LNG-Rückvergasungskapazitäten und dem zunehmenden Einsatz erneuerbarer Energien. Von entscheidender Bedeutung bleibe jedoch, die Nachfrage nach Gas zu reduzieren. Die Marktanalysten von Bruegel sprechen sich gegen nationale Maßnahmen aus, diese etwa mit Subventionen noch zu erhöhen.
Der Bericht
„The European Union is ready for the 2023-24 winter gas season“ lässt sich auf der Internetseite von Bruegel einsehen.
Donnerstag, 12.10.2023, 15:29 Uhr
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