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Auf einer virtuellen Fachtagung zum Wasserstoff von BDEW und VDE diskutierten Praktiker und Politikvertreter, welcher Rahmen klimaneutrales Gas voranbringen kann.
Zum Abschluss der Online-Fachtagung von BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) und VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) ging es um die Markteinführung von Wasserstoff. Anke Tuschek, Mitglied der Hauptgeschäftsführung im BDEW, forderte als Basis von Geschäftsmodellen einen verbindlichen und verlässlichen Rahmen von der Politik. „Ganz wichtig ist es für Unternehmen, keine Lieblingstechnologien oder -pfade festzulegen, sondern Wettbewerb zulassen. Die Währung muss die kostengünstige CO2-Vermeidung sein, dann setzen sich die richtigen Technologien durch“, appellierte Tuschek.
In seiner Erwiderung sagte Thorsten Herdan, Abteilungsleiter II für Energiepolitik im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), die Wasserstoffwirtschaft solle von der Nachfrage gesteuert hochgefahren werden. „Wir regulieren keine Märkte und verbieten nichts“, sagte Herdan. Im Wärmemarkt werde es der Markt schon richten, ob er Wasserstoff bezahlen will oder nicht. Momentan sei die Industrie wegen des noch hohen Preises für grünen Wasserstoff zuerst bereit einzusteigen. „Die Regulatorik und die Förderung werden der Nachfrage helfen, auf die Füße zu kommen“, versprach er.
Aus- und Weiterbildung für Wasserstoff
Thomas Becks, Leiter des Geschäftsbereichs neue Technologien und Services beim VDE, lobte: „Die Wasserstoffstrategie ist ein sehr guter erster Aufschlag, verschiedene Branchen jetzt zusammenzuführen.“ Er wünscht sich eine Roadmap nicht nur der Technik, sondern auch der Entscheidungen und Kompetenzen bis 2030 und der Konsequenzen, wenn wir die Ziele nicht erreichen. „Investitionen kommen nicht ohne überschaubare Zeiträume des Return-on-Invest“, sagte Becks. In einem neuen Markt, einer neuen Technologie könne man nicht alles heute schon festlegen. Dringend nötig sei aber eine verlässliche Zertifizierung und Standardisierung der grünen Gase, sonst funktioniere kein Markt.
Ingenieure und Techniker müssten jetzt aus- und weitergebildet werden für das Thema Wasserstoff sowie Forschung und Entwicklung mehr auf die praktische Anwendung ausgerichtet werden. Die deutsche Projektförderung sei hervorragend im Vergleich mit anderen Ländern. Becks wünscht sich eine deutsche und europäische Landkarte, die die Großverbraucher von Wasserstoff verzeichnet, um die Produktion des grünen Gases dort anzusiedeln und nicht am Bedarf vorbeizubauen, wie bei der Elektromobilität zum Teil geschehen.
Wasserstoff in alle Sektoren lassen
„Wir müssen Wasserstoff in alle Bereiche bringen, um einen liquiden Markt zu bekommen, exklusive Netze und Verwendungen genügen nicht“, forderte Tuschek. So sei es aber im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) aktuell festgelegt. „Wir haben die Infrastruktur und Erfahrungen mit der Gaswirtschaft, wir wollen sie von klimaschonend auf klimaneutral umstellen, dazu benötigen wir nur die Regularien, die dies gestatten“, sagte sie dem Staatssekretär. „Wir brauchen Wasserstoff in Wärme und Verkehr ebenso wie in der Industrie“, so Tuschek.
Herdan antwortete, dass es auch noch keinen europarechtlichen Rahmen gebe. „Darum entwickeln wir erst einmal erste Produktionsstätten für Wasserstoff“, erläuterte er. Bis Mitte nächsten Jahres solle ein Entwurf in den Bundestag kommen, wie Wasserstoff in die bestehenden Gasnetze kommen kann, versprach er. „Wir arbeiten an einem Weg der Refinanzierung der Investitionen in Wasserstoff“, sagte Herdan. Entweder über eine Förderung für Wasserstoffinfrastruktur oder über eine Änderung im EnWG, umriss er. Ziel sei es, bedarfsgerecht ausbauen, weder zu viel noch zu wenig.
Damit Strom günstig genug für die Sektorkopplung werde, müsse eine Abgabe- und Umlagereform im Strommarkt kommen, sagte Herdan. Sie werde mit den Beihilfeleitlinien in der EU, die gerade diskutiert werden, gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode kommen. Ein klarer CO2-Preis sei die günstigste Lösung. Der bisherige Beihilfeleitrahmen sei auf Wasserstoff nicht anwendbar, weil mangels Referenzanlagen die Mehrkosten nicht kalkulierbar seien. „Wir wollen diese Aufgaben gemeinsam mit der Wirtschaft lösen und auch nach der Bundestagswahl verlässlich weiter machen“, versicherte er.
Mittwoch, 24.02.2021, 15:56 Uhr
Susanne Harmsen
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