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Energie & Management > Wasserstoff - Steife Brise für die Elektrolyse
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Wasserstoff

Steife Brise für die Elektrolyse

In Nordfriesland geht im Projekt „eFarm“ die erste von zwei Wasserstofftankstellen in Betrieb. Dafür wandeln Elektrolyseure Windstrom in Wasserstoff um. Ein Modell für Post-EEG-Anlagen?
Nein, mit Milch und Gemüse hat das Projekt in Nordfriesland mit Namen „eFarm“ wahrlich nichts zu tun. Und doch liegt der Vergleich nahe, sind doch mit Ove Petersen und Heinrich Gärtner zwei Landwirte die Gründer des Projektinitiators „GP JOULE“. Man mag es ein Deja-vu nennen, das die beiden zu E-Farm trieb: Mit Blick auf die im Laufe der Jahre gesunkene Vergütung von EEG-Anlagen fühlten sie sich an die Position der Landwirte gegenüber Großabnehmern erinnert: stets weiter sinkende Margen für Milch und Co. Was in der Landwirtschaft als Lösung entstand, nämlich Genossenschaften, will GP Joule mit E-Farm auf die Beine stellen.

„Natürlich wollen wir als Projektierer weiterhin Windparks bauen, nehmen aber in Kauf, dass die Margen kleiner werden“, erklärt Ove Petersen, Geschäftsführer von GP Joule. Das Unternehmen im nordfriesischen Örtchen Reußenköge (Schleswig-Holstein) entwickelt bereits seit 2009 Konzepte für erneuerbare Energieanlagen. Mit Blick auf die sinkenden Vergütungen habe sich GP Joule nach der nächsten Wertschöpfungsstufe umgeschaut, an der dann möglichst viele teilnehmen können − vom Stadtwerk, Energiehändler, Tankstellenbetreiber bis hin zum Windparkbetreiber: Das Projekt E-Farm kommt neben GP Joule auf 19 Gesellschafter.

EEG-Umlagenbefreiung der grünen Elektrolyse wichtig

Für den Windstrom, der in Nordfriesland, dem nördlichsten Landkreis Deutschlands, häufig abgeschaltet wird, ist die Wasserstofferzeugung ein probates Mittel zur Speicherung der überschüssigen Energie. Allein 2019 lag der regional produzierte Überschussstrom bei 6,5 Mrd. kWh, was dem Stromverbrauch von über 1 Mio. Personen gleichkommt. Zudem sehen die Gesellschafter in der Wasserstofferzeugung eine alternative Vermarktungsmöglichkeit für Post-EEG-Anlagen.

 
Zwei Elektrolyseure beim Windpark Bosbüll
Bild: GP Joule
 
 
Die politischen Vorzeichen dafür stehen zunächst einmal gut, will doch Schleswig-Holstein 30 Mio. Euro für die Umsetzung seiner Wasserstoffstrategie in die Hand nehmen. „Was jetzt wichtig ist, ist die von der Bundesregierung zugesagte EEG-Umlagenbefreiung der grünen Elektrolyse“, so Fabian Sösemann, Leiter Energiewirtschaft bei GP Joule, gegenüber E&M. Der Grund: Den Betreibern älterer Windkraftanlagen falle es zunehmend schwer, einzuschätzen, wie lange ihre Anlagen noch laufen. „Das hängt immer von der Schwere des nächsten Schadens ab.“ Bei einem Totalschaden den Elektrolyseur einzupacken und woanders aufzustellen, sei zu kostspielig. „Bündelt man aber die Leistung mehrerer Windanlagen aus der Region und kann dafür auch das Netz nutzen, ohne dass die EEG-Umlage anfällt, wäre das ein gutes Konzept für Post-EEG-Anlagen.“

Die fünf geplanten Elektrolyseure, von denen zwei bereits im Testbetrieb laufen, arbeiten netzunabhängig. Die Windparks in Bosbüll, Dörpum, Langenhorn und Reußenköge haben sie gepachtet und verkaufen den Wasserstoff an E-Farm. „So haben wir eine reduzierte EEG-Umlage und vermeiden das Rechtsrisiko bei den Netzentgelten“, so Sösemann. Er verweist auf die Regelung im Energiewirtschaftsgesetz Paragraf 118 Absatz 6, das Elektrolyseure vom Netzentgelt befreit. Dies ist keineswegs selbstverständlich: Eine im April 2019 beschlossene Änderung im Netzausbaubeschleunigungsgesetz hatte vorgesehen, diese Befreiung zu streichen, sofern es sich um Power-to-X-Anlagen handelt, die Strom aus dem Netz nutzen und erzeugtes Gas nicht zurückverstromen. Nach reger Kritik aus der Energiebranche kippte der Bund diese Änderung wieder.

Potenzial der Erneuerbaren nicht ausgeschöpft

Überhaupt sei die Politik in Sachen Wasserstoff eher zurückhaltend: „Wir sehen bei einigen Politikern, dass sie den deutschen Markt schon fast abgehakt haben und Wasserstoff zum Importthema machen“, meint Geschäftsführer Petersen. Dabei haben die erneuerbaren Anlagen noch ein großes Ausbaupotenzial in Deutschland, „noch ist nicht jedes Süddach mit einer Solaranlage belegt“, weiß Petersen. Insbesondere der Strom aus Solar- und Windanlagen an Land ist es, den er als Energie für die Elektrolyse ansieht. Der Strom aus Offshore-Windturbinen dagegen gehöre − trotz hoher Förderung − zum teuersten. „Der Wasserstoff daraus wäre im ersten Schritt eher zu kostenintensiv.“

Natürlich könne man versuchen, Energieverbraucher zu flexibilisieren, aber dass der deutsche Stromverbrauch sauber die Erneuerbaren-Erzeugung abfährt, hält Petersen eher für unwahrscheinlich. „Es wird immer Spitzen geben und damit Zeiten, in denen der erneuerbare Strom günstig ist. Ihn dann in die Elektrolyse zu stecken und damit zu speichern, ist schlichtweg sehr effizient.“

Ein i-Tüpfelchen für die Effizienz gebe es noch, wenn die Politik einen Anreiz schaffen würde, die Wärme aus dem Elektrolyseverfahren zu nutzen − ähnlich dem KWK-Bonus. Bei E-Farm ist an den Elektrolysestandorten Bosbüll, Reußenköge und Dörpum eine Wärmeeinspeisung ins örtliche Netz vorgesehen. Der Wirkungsgrad der Elektrolyseure erreicht damit bis zu 95 %. Die voraussichtlich erzeugte Wärmemenge liegt bei 2,5 Mio. kWh im Jahr.

Generell solle der Fokus der Förderung auf der Wasserstoffnutzung liegen, „auf der Erzeugungsseite ist der Markt bereit“, ergänzt Petersen. Was fehle, sind die Anwendungen, also Fahrzeuge wie Züge, Schiffe sowie Busse und weitere kommunale Fahrzeuge. Die Nutzung CO2- und abgasfreier Fahrzeuge solle gesetzlich vorgeschrieben werden.

Wertschöpfung direkt vor Ort

Bei E-Farm werden zwei Busse im ÖPNV-Netz des Kreises Nordfriesland und mindestens 30 Pkw den Wasserstoff vor Ort abnehmen. GP Joule stellt hier „große Euphorie“ bei den Bürgern fest: Deutlich über 60 Willensbekundungen zum Kauf eines Wasserstofffahrzeugs konnte das Unternehmen bereits einsammeln. Die Präsenz von E-Farm in den Gesellschafterversammlungen der Windparks, an denen viele natürliche Personen beteiligt sind, tat sein Übriges. In der lokalen Wertschöpfung und der Bürgerbeteiligung sieht GP Joule wichtige Pfeiler für die Energiewende. Petersen betont: Nur wenn wir einen echten lokalen Nutzen mit den Erneuerbaren stiften, schaffen wir die Akzeptanz für einen 100-prozentigen Umstieg auf eine CO2-freie Energieversorgung.“

Auch mit dem Kreis Nordfriesland hat E-Farm einen durchaus gewichtigen Unterstützer: Die Mehrkosten, die gegenüber dieselbetriebenen Bussen am Anfang im Wasserstoffsystem vorhanden sind, will der Kreis tragen, so GP Joule. Mit der steigenden CO2-Bepreisung des Diesels werden diese Mehrkosten zwar sinken. Dennoch ist die Finanzspritze für die laufenden Kosten für die Projektpartner sehr erfreulich, fängt doch die Acht-Millionen-Euro-Finanzierung durch den Bund nur die Investitionskosten ab.

Das Projekt E-Farm im Norden Deutschlands als klares Plädoyer für eine dezentrale Wasserstofferzeugung? „Nur in der Momentaufnahme“, betont Fabian Sösemann. Mit Stand heute sei die dezentrale Erzeugung mit lokalen Abnehmern am wirtschaftlichsten. Hier schlagen die Transportkosten nicht so zu Buche wie bei einer zentralen Wasserstofferzeugung, die den Transport großer Strommengen aus dem Norden zu Elektrolyseuren in Industrieregionen Deutschlands vorsieht. Zwar liege der grüne Wasserstoff in den Erzeugungskosten derzeit über dem blauen Wasserstoff aus Erdgas. Durch die unmittelbare Nutzung im Mobilitäts- und Wärmesektor stehe mit dem grünen Wasserstoff jedoch ein marktgängiges Produkt bereit.

Klare Preissignale wichtig

Gegenüber der zentralen Wasserstofferzeugung will man bei GP Joule aber nicht die Augen verschließen: „Hierfür ist es wichtig, dass es saubere Preise für den Markt gibt“, so Sösemann. Die Preissignale sollten energieträgerübergreifend sein. „Es darf nicht passieren, dass die Kosten für den Energietransport im Gasnetz höher sind als im Stromnetz. Derzeit sind die Kosten für die Nutzung des Stromnetzes aber nicht verursachungsgerecht.“ Durch den Transport sieht Sösemann den Wasserstoffpreis verzerrt. „Im Augenblick gibt es im Stromnetz das Problem, dass die Redispatch-Kosten nicht dem Einzelnen zugeordnet sind, sondern einfach sozialisiert werden. Deswegen ist es dem einzelnen Akteur egal, ob er durch sein Tun das Stromnetz belastet oder nicht.“

Der Wasserstoffherstellung schreibt GP Joule, die 60 % am Augsburger Elektrolysehersteller „H-TEC SYSTEMS“ hält, eine erhebliche Kostensenkung zu. „Unsere Ingenieure sehen die Elektrolyseure jetzt da, wo der Solarmarkt mit den Solarmodulen in den 90ern war“, präzisiert Ove Petersen. Was jetzt noch als Ingenieurskunst in Handarbeit zusammengebaut werde, stehe unmittelbar vor der Massenfertigung. Allein auf die Nachfrage aus dem Markt komme es jetzt an. „Die Hersteller jedenfalls stehen in den Startlöchern.“ E&M

Projektbeschreibung

Im Projekt E-Farm baut GP Joule zusammen mit 19 Partnern (darunter Windparkbetreiber, Energieversorger und -händler und Logistiker) ein Erzeugungs- und Vertriebsnetz für grünen Wasserstoff in Nordfriesland auf. Fünf modular erweiterbare 225-kW-Elektrolyseure sollen mit Ökostrom aus der Region Wasserstoff erzeugen. Mit mobilen Speichercontainern wird dieser zu zwei Tankstellen in Niebüll und Husum transportiert und dient als Treibstoff für zwei Wasserstoffbusse sowie mindestens 30 Wasserstoff-Pkw und -Lkw. 8 Mio. Euro steuert das Bundesverkehrsministerium zur Realisierung bei.



 

Dienstag, 22.12.2020, 11:37 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserstoff - Steife Brise für die Elektrolyse
Bild: EASAC
Wasserstoff
Steife Brise für die Elektrolyse
In Nordfriesland geht im Projekt „eFarm“ die erste von zwei Wasserstofftankstellen in Betrieb. Dafür wandeln Elektrolyseure Windstrom in Wasserstoff um. Ein Modell für Post-EEG-Anlagen?
Nein, mit Milch und Gemüse hat das Projekt in Nordfriesland mit Namen „eFarm“ wahrlich nichts zu tun. Und doch liegt der Vergleich nahe, sind doch mit Ove Petersen und Heinrich Gärtner zwei Landwirte die Gründer des Projektinitiators „GP JOULE“. Man mag es ein Deja-vu nennen, das die beiden zu E-Farm trieb: Mit Blick auf die im Laufe der Jahre gesunkene Vergütung von EEG-Anlagen fühlten sie sich an die Position der Landwirte gegenüber Großabnehmern erinnert: stets weiter sinkende Margen für Milch und Co. Was in der Landwirtschaft als Lösung entstand, nämlich Genossenschaften, will GP Joule mit E-Farm auf die Beine stellen.

„Natürlich wollen wir als Projektierer weiterhin Windparks bauen, nehmen aber in Kauf, dass die Margen kleiner werden“, erklärt Ove Petersen, Geschäftsführer von GP Joule. Das Unternehmen im nordfriesischen Örtchen Reußenköge (Schleswig-Holstein) entwickelt bereits seit 2009 Konzepte für erneuerbare Energieanlagen. Mit Blick auf die sinkenden Vergütungen habe sich GP Joule nach der nächsten Wertschöpfungsstufe umgeschaut, an der dann möglichst viele teilnehmen können − vom Stadtwerk, Energiehändler, Tankstellenbetreiber bis hin zum Windparkbetreiber: Das Projekt E-Farm kommt neben GP Joule auf 19 Gesellschafter.

EEG-Umlagenbefreiung der grünen Elektrolyse wichtig

Für den Windstrom, der in Nordfriesland, dem nördlichsten Landkreis Deutschlands, häufig abgeschaltet wird, ist die Wasserstofferzeugung ein probates Mittel zur Speicherung der überschüssigen Energie. Allein 2019 lag der regional produzierte Überschussstrom bei 6,5 Mrd. kWh, was dem Stromverbrauch von über 1 Mio. Personen gleichkommt. Zudem sehen die Gesellschafter in der Wasserstofferzeugung eine alternative Vermarktungsmöglichkeit für Post-EEG-Anlagen.

 
Zwei Elektrolyseure beim Windpark Bosbüll
Bild: GP Joule
 
 
Die politischen Vorzeichen dafür stehen zunächst einmal gut, will doch Schleswig-Holstein 30 Mio. Euro für die Umsetzung seiner Wasserstoffstrategie in die Hand nehmen. „Was jetzt wichtig ist, ist die von der Bundesregierung zugesagte EEG-Umlagenbefreiung der grünen Elektrolyse“, so Fabian Sösemann, Leiter Energiewirtschaft bei GP Joule, gegenüber E&M. Der Grund: Den Betreibern älterer Windkraftanlagen falle es zunehmend schwer, einzuschätzen, wie lange ihre Anlagen noch laufen. „Das hängt immer von der Schwere des nächsten Schadens ab.“ Bei einem Totalschaden den Elektrolyseur einzupacken und woanders aufzustellen, sei zu kostspielig. „Bündelt man aber die Leistung mehrerer Windanlagen aus der Region und kann dafür auch das Netz nutzen, ohne dass die EEG-Umlage anfällt, wäre das ein gutes Konzept für Post-EEG-Anlagen.“

Die fünf geplanten Elektrolyseure, von denen zwei bereits im Testbetrieb laufen, arbeiten netzunabhängig. Die Windparks in Bosbüll, Dörpum, Langenhorn und Reußenköge haben sie gepachtet und verkaufen den Wasserstoff an E-Farm. „So haben wir eine reduzierte EEG-Umlage und vermeiden das Rechtsrisiko bei den Netzentgelten“, so Sösemann. Er verweist auf die Regelung im Energiewirtschaftsgesetz Paragraf 118 Absatz 6, das Elektrolyseure vom Netzentgelt befreit. Dies ist keineswegs selbstverständlich: Eine im April 2019 beschlossene Änderung im Netzausbaubeschleunigungsgesetz hatte vorgesehen, diese Befreiung zu streichen, sofern es sich um Power-to-X-Anlagen handelt, die Strom aus dem Netz nutzen und erzeugtes Gas nicht zurückverstromen. Nach reger Kritik aus der Energiebranche kippte der Bund diese Änderung wieder.

Potenzial der Erneuerbaren nicht ausgeschöpft

Überhaupt sei die Politik in Sachen Wasserstoff eher zurückhaltend: „Wir sehen bei einigen Politikern, dass sie den deutschen Markt schon fast abgehakt haben und Wasserstoff zum Importthema machen“, meint Geschäftsführer Petersen. Dabei haben die erneuerbaren Anlagen noch ein großes Ausbaupotenzial in Deutschland, „noch ist nicht jedes Süddach mit einer Solaranlage belegt“, weiß Petersen. Insbesondere der Strom aus Solar- und Windanlagen an Land ist es, den er als Energie für die Elektrolyse ansieht. Der Strom aus Offshore-Windturbinen dagegen gehöre − trotz hoher Förderung − zum teuersten. „Der Wasserstoff daraus wäre im ersten Schritt eher zu kostenintensiv.“

Natürlich könne man versuchen, Energieverbraucher zu flexibilisieren, aber dass der deutsche Stromverbrauch sauber die Erneuerbaren-Erzeugung abfährt, hält Petersen eher für unwahrscheinlich. „Es wird immer Spitzen geben und damit Zeiten, in denen der erneuerbare Strom günstig ist. Ihn dann in die Elektrolyse zu stecken und damit zu speichern, ist schlichtweg sehr effizient.“

Ein i-Tüpfelchen für die Effizienz gebe es noch, wenn die Politik einen Anreiz schaffen würde, die Wärme aus dem Elektrolyseverfahren zu nutzen − ähnlich dem KWK-Bonus. Bei E-Farm ist an den Elektrolysestandorten Bosbüll, Reußenköge und Dörpum eine Wärmeeinspeisung ins örtliche Netz vorgesehen. Der Wirkungsgrad der Elektrolyseure erreicht damit bis zu 95 %. Die voraussichtlich erzeugte Wärmemenge liegt bei 2,5 Mio. kWh im Jahr.

Generell solle der Fokus der Förderung auf der Wasserstoffnutzung liegen, „auf der Erzeugungsseite ist der Markt bereit“, ergänzt Petersen. Was fehle, sind die Anwendungen, also Fahrzeuge wie Züge, Schiffe sowie Busse und weitere kommunale Fahrzeuge. Die Nutzung CO2- und abgasfreier Fahrzeuge solle gesetzlich vorgeschrieben werden.

Wertschöpfung direkt vor Ort

Bei E-Farm werden zwei Busse im ÖPNV-Netz des Kreises Nordfriesland und mindestens 30 Pkw den Wasserstoff vor Ort abnehmen. GP Joule stellt hier „große Euphorie“ bei den Bürgern fest: Deutlich über 60 Willensbekundungen zum Kauf eines Wasserstofffahrzeugs konnte das Unternehmen bereits einsammeln. Die Präsenz von E-Farm in den Gesellschafterversammlungen der Windparks, an denen viele natürliche Personen beteiligt sind, tat sein Übriges. In der lokalen Wertschöpfung und der Bürgerbeteiligung sieht GP Joule wichtige Pfeiler für die Energiewende. Petersen betont: Nur wenn wir einen echten lokalen Nutzen mit den Erneuerbaren stiften, schaffen wir die Akzeptanz für einen 100-prozentigen Umstieg auf eine CO2-freie Energieversorgung.“

Auch mit dem Kreis Nordfriesland hat E-Farm einen durchaus gewichtigen Unterstützer: Die Mehrkosten, die gegenüber dieselbetriebenen Bussen am Anfang im Wasserstoffsystem vorhanden sind, will der Kreis tragen, so GP Joule. Mit der steigenden CO2-Bepreisung des Diesels werden diese Mehrkosten zwar sinken. Dennoch ist die Finanzspritze für die laufenden Kosten für die Projektpartner sehr erfreulich, fängt doch die Acht-Millionen-Euro-Finanzierung durch den Bund nur die Investitionskosten ab.

Das Projekt E-Farm im Norden Deutschlands als klares Plädoyer für eine dezentrale Wasserstofferzeugung? „Nur in der Momentaufnahme“, betont Fabian Sösemann. Mit Stand heute sei die dezentrale Erzeugung mit lokalen Abnehmern am wirtschaftlichsten. Hier schlagen die Transportkosten nicht so zu Buche wie bei einer zentralen Wasserstofferzeugung, die den Transport großer Strommengen aus dem Norden zu Elektrolyseuren in Industrieregionen Deutschlands vorsieht. Zwar liege der grüne Wasserstoff in den Erzeugungskosten derzeit über dem blauen Wasserstoff aus Erdgas. Durch die unmittelbare Nutzung im Mobilitäts- und Wärmesektor stehe mit dem grünen Wasserstoff jedoch ein marktgängiges Produkt bereit.

Klare Preissignale wichtig

Gegenüber der zentralen Wasserstofferzeugung will man bei GP Joule aber nicht die Augen verschließen: „Hierfür ist es wichtig, dass es saubere Preise für den Markt gibt“, so Sösemann. Die Preissignale sollten energieträgerübergreifend sein. „Es darf nicht passieren, dass die Kosten für den Energietransport im Gasnetz höher sind als im Stromnetz. Derzeit sind die Kosten für die Nutzung des Stromnetzes aber nicht verursachungsgerecht.“ Durch den Transport sieht Sösemann den Wasserstoffpreis verzerrt. „Im Augenblick gibt es im Stromnetz das Problem, dass die Redispatch-Kosten nicht dem Einzelnen zugeordnet sind, sondern einfach sozialisiert werden. Deswegen ist es dem einzelnen Akteur egal, ob er durch sein Tun das Stromnetz belastet oder nicht.“

Der Wasserstoffherstellung schreibt GP Joule, die 60 % am Augsburger Elektrolysehersteller „H-TEC SYSTEMS“ hält, eine erhebliche Kostensenkung zu. „Unsere Ingenieure sehen die Elektrolyseure jetzt da, wo der Solarmarkt mit den Solarmodulen in den 90ern war“, präzisiert Ove Petersen. Was jetzt noch als Ingenieurskunst in Handarbeit zusammengebaut werde, stehe unmittelbar vor der Massenfertigung. Allein auf die Nachfrage aus dem Markt komme es jetzt an. „Die Hersteller jedenfalls stehen in den Startlöchern.“ E&M

Projektbeschreibung

Im Projekt E-Farm baut GP Joule zusammen mit 19 Partnern (darunter Windparkbetreiber, Energieversorger und -händler und Logistiker) ein Erzeugungs- und Vertriebsnetz für grünen Wasserstoff in Nordfriesland auf. Fünf modular erweiterbare 225-kW-Elektrolyseure sollen mit Ökostrom aus der Region Wasserstoff erzeugen. Mit mobilen Speichercontainern wird dieser zu zwei Tankstellen in Niebüll und Husum transportiert und dient als Treibstoff für zwei Wasserstoffbusse sowie mindestens 30 Wasserstoff-Pkw und -Lkw. 8 Mio. Euro steuert das Bundesverkehrsministerium zur Realisierung bei.



 

Dienstag, 22.12.2020, 11:37 Uhr
Davina Spohn

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