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Das grüner werdende Energiesystem der kommenden Dekaden ist ohne Erdgas undenkbar. Das legt eine Analyse des Berliner Beratungsunternehmens KPMG nahe.
Auf dem Weg zur erneuerbaren Energieversorgung bleibt Erdgas ein steter Begleiter. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des in Berlin ansässigen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. Je nach technischem Fortschritt beim Ausbau der Ökoenergien fällt demnach die Bedeutung des fossilen Energieträgers aber unterschiedlich hoch aus.
Die Studie geht für das Jahr 2050, wenn Deutschland die Treibhausgasneutralität bereits fünf Jahre erreicht haben soll, von drei Szenarien aus, die „extreme“ Entwicklungen beinhalten. Je nach Ausbau der Kraftwerkskapazitäten bei den erneuerbaren Energien entwickelt die „Trendanalyse“ genannte Erhebung einen unterschiedlichen Bedarf an Erdgas. Basisjahr der Berechnung ist 2019, in dem etwas mehr als 800 Mrd. kWh Erdgas zum Einsatz kamen.
Das Gedankenmodell des „Fortschrittspessimismus“ setzt voraus, dass durch die nur allmähliche Transformation des Energiesystems weder der Primärenergieverbrauch bis 2050 wie erhofft sinkt noch ausreichend (grüner) Wasserstoff für die Stromproduktion verfügbar ist. Dadurch steige der Verbrauch von Erdgas bis 2035 auf 860 Mrd. kWh, um bis 2050 um etwa 10 % auf etwa 780 Mrd. kWh zu sinken.
Im Szenario „Grünstrom“ der Studie kommt Erdgas die Rolle einer Brückentechnologie während des Ausbaus der Erneuerbaren zu, was den Bedarf im Jahr 2035 nur leicht schrumpfen lässt (etwa 700 Mrd. kWh). Wenn der Primärenergieverbrauch in diesem Modell 2050 auf dem halben Wert von 2019 angelangt und im Wesentlichen durch Ökostrom getragen ist, ist Erdgas nur noch mit 300 Mrd. kWh beteiligt.
Stadtwerke sollen Investitionsbedarf und Partnersuche genau prüfen
Falls sich die Entwicklung hin zur „Wasserstoffwirtschaft“ (Szenario 3) beschleunigt, erreicht Erdgas gemäß der Berechnungen im Jahr 2035 den Höchstwert. Mehr als 1.000 Mrd. kWh des Gases tragen dann zur Energieerzeugung bei. Dies für den Fall, dass der für die Produktion grünen Wasserstoffs nötige Ökostrom noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Dann kommt Erdgas bei der Pyrolyse oder Dampfreformierung mit CO2-Abscheidung zum Einsatz, solange die Abfallprodukte Kohlenstoffstaub und CO2 die Klimabilanz nicht belasten und gespeichert oder verwertet werden können. Bis 2050 sorgt der technische Fortschritt in diesem Szenario für einen Rückgang beim Erdgasverbrauch um über 50 % auf gut 500 Mrd. kWh.
Die Studie geht zusammenfassend davon aus, dass Erdgas kurz- und mittelfristig den Wegfall des Stroms aus Kernenergie und Kohleverstromung kompensieren könne. Langfristig bleibe Erdgas ein wichtiger Faktor, weil es für die weniger klimaschädliche Produktion von Wasserstoff zum Einsatz komme.
Für Stadtwerke formuliert das Beratungsunternehmen KPMG noch einige Handlungsempfehlungen. Sie müssten stärker in Energiedienstleistungen und Ökosystemen denken und möglichen Unsicherheiten im Markt mit mehr Kompetenzen in diesen Bereichen begegnen. Geld werde auch eine Rolle spielen, durch einen hohen Investitionsbedarf bei Entwicklung und Vertrieb innovativer
Energielösungen sowie beim Aufbau neuer Geschäftsfelder. Im Wettbewerb sei daher zu prüfen, ob Stadtwerke mit (weiteren) Partnern oder Investoren zusammenarbeiten oder aus eigener Kraft handeln wollen.
Grundsätzlich sollten Gasversorger und -unternehmen im Falle von Neuinvestitionen in die Erdgasinfrastrukturen vorab klären, ob die Anlagen, Speicher und Leitungen auch im Wasserstoffmarkt der Zukunft einsetzbar sind.
Das Beratungsunternehmen KPMG sendet die Studie "
Zukunft Erdgas – Auslaufmodell oder Herzstück der Energieversorgung in Deutschland?" auf Anfrage über das Internet zu.
Dienstag, 17.08.2021, 16:41 Uhr
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