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Energie & Management > Kernkraft - Union fordert schnelle Entscheidung über längere Laufzeiten
Quelle: RWE
Kernkraft

Union fordert schnelle Entscheidung über längere Laufzeiten

CDU-Chef Friedrich Merz besuchte am 4. August das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut in Bayern. Danach forderte er noch im August Gesetzesänderungen, um dessen Laufzeit zu verlängern.
Aus Sicht der Union sollten noch im August Gesetzesänderungen beschlossen werden, um einen Betrieb der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke über den beschlossenen Ausstieg zum Jahresende 2022 zu ermöglichen. Berücksichtige man die Dauer für die Bestellung neuer Brennstäbe von bis zu 15 Monaten, dürfe die Entscheidung nicht aufgeschoben werden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Er hatte mit CSU-Chef Markus Söder das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut in Bayern besucht. „Der Atomkraftwerkbetrieb ist technisch, personell und rechtlich weiter möglich“, schrieb Merz danach auf Twitter. Jetzt müsse entschieden werden, ob das auch politisch möglich sei.

Er plädierte für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke auch über den Jahreswechsel 2023/2024 hinaus, um Erdgas zu ersetzen, das wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nicht mehr geliefert werde. Merz betonte, es gehe dabei nicht darum, die alte Kernenergie zurückzuwollen. Der bayrische Ministerpräsident Söder sagte, von einer Verlängerung der Laufzeit von Isar 2 würde Deutschland genauso profitieren wie auch Bayern. Es gehe dabei aber nicht nur um drei Monate im neuen Jahr, die Reaktoren müssten mindestens bis 2024 weiter laufen.

Uneinigkeit in der Ampelkoalition

Aus den Regierungsfraktionen waren unterschiedliche Stimmen zu hören. Beim Besuch von Siemens Energy am 3. August hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorsichtig angedeutet, ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke für einige Monate „könnte Sinn machen“. Er will eine Stresssimulation für das deutsche Stromsystem abwarten.

Die bayerische Wirtschaft ist in einer besonders kritischen Lage, weil der Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung über Jahre blockiert wurde und die Stromtrassen zur Lieferung von Windstrom aus dem Norden nicht rechtzeitig fertiggestellt wurden. Einzige Alternative zur Kernkraftleistung sind Gaskraftwerke, die möglicherweise nicht genug Brennstoff bekommen. Die Grünen in der Bundesregierung wie Außenministerin Annalena Baerbock lehnen eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke entschieden ab. Die FDP steht ihr offen gegenüber.

Laufzeitverlängerung scheitert an Kernbrennstäben und Sicherheit

Zuvor hatte die Bundesregierung die Machbarkeit einer Laufzeitverlängerung geprüft. Demnach würden sowohl die auslaufenden Sicherheitsprüfungen wie das mangelnde Brennmaterial dem entgegenstehen. Ohnehin bestehe die Energiekrise beim Erdgas, das in der Industrie und zum Heizen benötigt werde, während die Kernkraftwerke Strom liefern.

Auch die Betreiber der Kernkraftwerke hatten eine Laufzeitverlängerung abgelehnt, weil Material fehle und das Personal bereits gekündigt ist. Der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, nannte die Diskussion rückwärtsgewandt. „Wir müssen uns um die Sachen kümmern, die wirklich die Probleme lösen. Gasinfrastruktur aufbauen, Gas sparen und die Energiewende beschleunigen“, sagte der Chef des Betreibers des Kernkraftwerks Emsland im Juni.

Zweifel an TÜV-Gutachten

Der TÜV Süd hatte der Bayrischen Landesregierung in einem Gutachten im April bescheinigt, dass Isar 2 aus Sicherheitsaspekten weiter betrieben werden und der bereits abgeschaltete Block in Grundremmingen wieder in Betrieb gehen könnte. Die Anwaltskanzlei des früheren Greenpeace-Spitzenfunktionärs Michael Günther hatte massive Kritik an dem TÜV-Papier geübt. Die kurze Gutachtenzeit nähre den Verdacht, „dass hier ein Gefälligkeitsgutachten erstellt worden ist", schrieben die Anwälte. Allerdings besteht die enge Verbindung des TÜV Süd mit der bayrischen Atomkraft bereits seit 1958 mit dem Bau des Forschungsreaktors in München-Garching.

Auch die Bundesregierung hegt massive Zweifel an dem Gutachten. „Diese drei Seiten entsprechen nicht den Maßstäben gutachterlicher Arbeit", erklärte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV). Eine Laufzeitverlängerung für die letzten drei deutschen Atomkraftwerke über 2022 hinaus würde bestenfalls 1 % des Erdgasverbrauchs in Deutschland einsparen. Zu diesem Schluss kam eine am 6. Juli veröffentlichte Analyse von Energy Brainpool im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy. Dafür sei der nötige technische und finanzielle Aufwand für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke nicht gerechtfertigt.

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) positionierte sich deutlich gegen den Streckbetrieb der verbliebenen deutschen Kernkraftwerke. Er sei energiepolitisch falsch und könne sogar schwerste finanzpolitische Verwerfungen auslösen, weil der Atomstrom bis Jahresende bereits eingeplant und verkauft sei. „Unter Ausblendung zentraler sicherheitstechnischer, aber auch wirtschaftlicher Fragen wird versucht, die aktuelle fossile Energiepreiskrise als Hebel für eine Revitalisierung der Atomenergie zu nutzen“, kritisierte BEE-Präsidentin Simone Peter. Der Ausstieg sei gesetzlich definiert und müsse am 31.12.2022 abgeschlossen werden.

Donnerstag, 4.08.2022, 16:21 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Kernkraft - Union fordert schnelle Entscheidung über längere Laufzeiten
Quelle: RWE
Kernkraft
Union fordert schnelle Entscheidung über längere Laufzeiten
CDU-Chef Friedrich Merz besuchte am 4. August das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut in Bayern. Danach forderte er noch im August Gesetzesänderungen, um dessen Laufzeit zu verlängern.
Aus Sicht der Union sollten noch im August Gesetzesänderungen beschlossen werden, um einen Betrieb der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke über den beschlossenen Ausstieg zum Jahresende 2022 zu ermöglichen. Berücksichtige man die Dauer für die Bestellung neuer Brennstäbe von bis zu 15 Monaten, dürfe die Entscheidung nicht aufgeschoben werden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Er hatte mit CSU-Chef Markus Söder das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut in Bayern besucht. „Der Atomkraftwerkbetrieb ist technisch, personell und rechtlich weiter möglich“, schrieb Merz danach auf Twitter. Jetzt müsse entschieden werden, ob das auch politisch möglich sei.

Er plädierte für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke auch über den Jahreswechsel 2023/2024 hinaus, um Erdgas zu ersetzen, das wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nicht mehr geliefert werde. Merz betonte, es gehe dabei nicht darum, die alte Kernenergie zurückzuwollen. Der bayrische Ministerpräsident Söder sagte, von einer Verlängerung der Laufzeit von Isar 2 würde Deutschland genauso profitieren wie auch Bayern. Es gehe dabei aber nicht nur um drei Monate im neuen Jahr, die Reaktoren müssten mindestens bis 2024 weiter laufen.

Uneinigkeit in der Ampelkoalition

Aus den Regierungsfraktionen waren unterschiedliche Stimmen zu hören. Beim Besuch von Siemens Energy am 3. August hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorsichtig angedeutet, ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke für einige Monate „könnte Sinn machen“. Er will eine Stresssimulation für das deutsche Stromsystem abwarten.

Die bayerische Wirtschaft ist in einer besonders kritischen Lage, weil der Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung über Jahre blockiert wurde und die Stromtrassen zur Lieferung von Windstrom aus dem Norden nicht rechtzeitig fertiggestellt wurden. Einzige Alternative zur Kernkraftleistung sind Gaskraftwerke, die möglicherweise nicht genug Brennstoff bekommen. Die Grünen in der Bundesregierung wie Außenministerin Annalena Baerbock lehnen eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke entschieden ab. Die FDP steht ihr offen gegenüber.

Laufzeitverlängerung scheitert an Kernbrennstäben und Sicherheit

Zuvor hatte die Bundesregierung die Machbarkeit einer Laufzeitverlängerung geprüft. Demnach würden sowohl die auslaufenden Sicherheitsprüfungen wie das mangelnde Brennmaterial dem entgegenstehen. Ohnehin bestehe die Energiekrise beim Erdgas, das in der Industrie und zum Heizen benötigt werde, während die Kernkraftwerke Strom liefern.

Auch die Betreiber der Kernkraftwerke hatten eine Laufzeitverlängerung abgelehnt, weil Material fehle und das Personal bereits gekündigt ist. Der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, nannte die Diskussion rückwärtsgewandt. „Wir müssen uns um die Sachen kümmern, die wirklich die Probleme lösen. Gasinfrastruktur aufbauen, Gas sparen und die Energiewende beschleunigen“, sagte der Chef des Betreibers des Kernkraftwerks Emsland im Juni.

Zweifel an TÜV-Gutachten

Der TÜV Süd hatte der Bayrischen Landesregierung in einem Gutachten im April bescheinigt, dass Isar 2 aus Sicherheitsaspekten weiter betrieben werden und der bereits abgeschaltete Block in Grundremmingen wieder in Betrieb gehen könnte. Die Anwaltskanzlei des früheren Greenpeace-Spitzenfunktionärs Michael Günther hatte massive Kritik an dem TÜV-Papier geübt. Die kurze Gutachtenzeit nähre den Verdacht, „dass hier ein Gefälligkeitsgutachten erstellt worden ist", schrieben die Anwälte. Allerdings besteht die enge Verbindung des TÜV Süd mit der bayrischen Atomkraft bereits seit 1958 mit dem Bau des Forschungsreaktors in München-Garching.

Auch die Bundesregierung hegt massive Zweifel an dem Gutachten. „Diese drei Seiten entsprechen nicht den Maßstäben gutachterlicher Arbeit", erklärte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV). Eine Laufzeitverlängerung für die letzten drei deutschen Atomkraftwerke über 2022 hinaus würde bestenfalls 1 % des Erdgasverbrauchs in Deutschland einsparen. Zu diesem Schluss kam eine am 6. Juli veröffentlichte Analyse von Energy Brainpool im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy. Dafür sei der nötige technische und finanzielle Aufwand für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke nicht gerechtfertigt.

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) positionierte sich deutlich gegen den Streckbetrieb der verbliebenen deutschen Kernkraftwerke. Er sei energiepolitisch falsch und könne sogar schwerste finanzpolitische Verwerfungen auslösen, weil der Atomstrom bis Jahresende bereits eingeplant und verkauft sei. „Unter Ausblendung zentraler sicherheitstechnischer, aber auch wirtschaftlicher Fragen wird versucht, die aktuelle fossile Energiepreiskrise als Hebel für eine Revitalisierung der Atomenergie zu nutzen“, kritisierte BEE-Präsidentin Simone Peter. Der Ausstieg sei gesetzlich definiert und müsse am 31.12.2022 abgeschlossen werden.

Donnerstag, 4.08.2022, 16:21 Uhr
Susanne Harmsen

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