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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - RechtEck: Weichenstellung Gasnetztransformation
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe

RechtEck: Weichenstellung Gasnetztransformation

2024 wird ein wichtiges Jahr für die Zukunft der Gasverteilnetze und die Transformation hin zum Wasserstoff. Es berichtet Christian Thole*.
Das Wasserstoffkernnetz kommt. Für viele Industriekunden und Stadtwerke nur unklar, ob und wann auch für sie und zu welchen Bedingungen. Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Planungsvorgaben in § 28r EnWG für die Fernleitungsnetzbetreiber Gas im Dezember 2023 stehen die flankierenden Regelungen zur Entgeltbildung und zur staatlichen Risikoabsicherung vor den finalen Beratungen im parlamentarischen Prozess. Läuft es wie geplant, wird aus § 28r direkt § 28q. Der frei werdende Buchstabe wird für eine Reglung zur Entgeltdeckelung zur Verhinderung hoher Startentgelte für die ersten Wasserstoffnutzer genutzt und die staatliche Risikoübernahme in § 28s ergänzt. Angesichts der bestehenden Unsicherheiten im Markthochlauf und der noch fehlenden Kraftwerks- und Speicherstrategie unbedingt notwendig. 

Derweil wertet die Bundesnetzagentur die zweite Konsultationsrunde zur konkreten Wasserstoffinfrastrukturplanung der Fernleitungsnetzbetreiber aus. Infrage steht die grundsätzliche Dimensionierung des Wasserstoffkernnetzes, aktuell mit einer Leitungslänge von rund 9.700 Kilometern. Zielsetzung ist die Anbindung großer Industrie, von Kraftwerken, Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichern. Aber gilt das auch entsprechend dem politischen Willen deutschlandweit für alle Verbrauchsregionen und wo läuft die Grenze zwischen groß und nicht so groß? Klarheit soll es noch vor Ostern geben.

Für Verbraucher und Einspeiser von Wasserstoff ohne Anbindung an das Kernnetz gibt es eine weitere Chance. Mit §§ 15a ff. EnWG-E ist die Weiterentwicklung des Kernnetzes bereits im Gesetzgebungsprozess. Zum April 2024 wollen die Fernleitungsnetzbetreiber und die Wasserstofftransportnetzbetreiber eine gemeinsame Koordinierungsstelle einrichten, die bereits bis Ende Juni 2024 einen Szenariorahmen und auf dieser Basis bis Ende Mai 2025 einen Netzentwicklungsplan für Wasserstoff und Erdgas vorlegen soll, der wiederum bis Ende Juni 2026 von der BNetzA genehmigt wird. Ein sehr engagierter Zeitplan.

Verfügbarkeit von Wasserstoff hat Auswirkungen auf die Netzentgelte

Die Frage der Anbindung an das Kernnetz entscheidet nicht nur über die physische Verfügbarkeit von Wasserstoff, sondern kann erhebliche Auswirkungen auf die zu zahlenden Netzentgelte haben. Staatliche Garantien und gedeckelte Entgelte gelten nur für das Kernnetz. Stadtwerken und Industriekunden droht eine ungleiche Belastung durch eine Stapelung von hohen Netzentgelten für die regionale und lokale Verteilung von Wasserstoff. Einheitliche Entgelte über alle Ebenen hinweg müssen diskutiert werden.

Das künftige Wasserstoffnetz ist zudem entscheidend für die Verbraucher zum Einbau von H2-ready-Gasheizungen nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Diese Option besteht, sofern eine Kommune in der kommunalen Wärmeplanung ein Wasserstoffnetzausbaugebiet ausweist und mit dem Gasnetzbetreiber gemäß § 71f GEG einen Fahrplan zur Gasnetztransformation vertraglich vereinbart. Im Rahmen des vorgesehenen Genehmigungsverfahrens prüft die BNetzA Aussagen des Fahrplans zur Verfügbarkeit von Wasserstoff. Hier spielt das Zeitmoment eine Rolle: Die Kommunen müssen die Planungen − je nach Anzahl der Einwohner − bis zum 1. Juli 2026 beziehungsweise zum 1. Juli 2028 verabschiedet haben. Für Gasverteilnetzbetreiber ohne Kernnetzanschluss besteht damit eine erhebliche rechtliche Unsicherheit, da eine Berücksichtigung der Bedarfe nicht gesichert ist und bei Genehmigung des Netzentwicklungsplans zeitliche Verzögerungen drohen.

Klarstellungen zum Fahrplan zur Gasnetztransformation werden durch die Festlegung der BNetzA erwartet, die spätestens zum 31. Dezember 2024 kommt.
Die europaweiten Regulierungsweichen für den künftigen Gasbinnenmarkt wurden bereits im November 2023 durch das Europäische Parlament und den Rat gestellt.
Die Novelle der Gasrichtlinie, künftig inklusive Wasserstoff, muss in nationales Recht umgesetzt werden. Der größte Streitpunkt konnte im europäischen Vermittlungsausschuss, dem Trilog-Verfahren, abgeräumt werden: Entgegen dem ursprünglichen Willen der Kommission können Stadtwerke beziehungsweise Gasverteilnetzbetreiber künftige Wasserstoffnetze betreiben. Die Entflechtungsregelungen aus dem Erdgasbereich sind auf Wasserstoff übertragbar. Zudem wird es einheitliche Netzzugangs- und Netzanschlussregelungen auch für Wasserstoff geben.

Im Schatten der Wasserstoffregulierung enthält die Richtlinie wichtige Weichen für die Zukunft der Gasnetze. Kommen wird für Gasverteilnetzbetreiber die Pflicht zur lokalen Netzplanung − für Erdgas als Stilllegungsplanung, für Wasserstoff als Netzentwicklungsplanung − und darauf basierend die Möglichkeit zur Kündigung von Netzanschlüssen in ganzen Netzbereichen.
National wird endlich eine ganz große Baustelle angegangen: Die Bundesnetzagentur hat am 18. Januar 2024 ein Eckpunktepapier zur Zukunft der Netzentgelt- und Anreizregulierung veröffentlicht und den Branchendialog gestartet. Darin das Sonderthema Gas zur Frage der regulatorischen Anerkennung von Rückstellungen für die Stilllegung und den Rückbau von Gasnetzen. 
2024 − es wird sehr spannend!

* Christian Thole, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held (BBH), Berlin

Mittwoch, 14.02.2024, 09:00 Uhr
Redaktion
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2024 wird ein wichtiges Jahr für die Zukunft der Gasverteilnetze und die Transformation hin zum Wasserstoff. Es berichtet Christian Thole*.
Das Wasserstoffkernnetz kommt. Für viele Industriekunden und Stadtwerke nur unklar, ob und wann auch für sie und zu welchen Bedingungen. Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Planungsvorgaben in § 28r EnWG für die Fernleitungsnetzbetreiber Gas im Dezember 2023 stehen die flankierenden Regelungen zur Entgeltbildung und zur staatlichen Risikoabsicherung vor den finalen Beratungen im parlamentarischen Prozess. Läuft es wie geplant, wird aus § 28r direkt § 28q. Der frei werdende Buchstabe wird für eine Reglung zur Entgeltdeckelung zur Verhinderung hoher Startentgelte für die ersten Wasserstoffnutzer genutzt und die staatliche Risikoübernahme in § 28s ergänzt. Angesichts der bestehenden Unsicherheiten im Markthochlauf und der noch fehlenden Kraftwerks- und Speicherstrategie unbedingt notwendig. 

Derweil wertet die Bundesnetzagentur die zweite Konsultationsrunde zur konkreten Wasserstoffinfrastrukturplanung der Fernleitungsnetzbetreiber aus. Infrage steht die grundsätzliche Dimensionierung des Wasserstoffkernnetzes, aktuell mit einer Leitungslänge von rund 9.700 Kilometern. Zielsetzung ist die Anbindung großer Industrie, von Kraftwerken, Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichern. Aber gilt das auch entsprechend dem politischen Willen deutschlandweit für alle Verbrauchsregionen und wo läuft die Grenze zwischen groß und nicht so groß? Klarheit soll es noch vor Ostern geben.

Für Verbraucher und Einspeiser von Wasserstoff ohne Anbindung an das Kernnetz gibt es eine weitere Chance. Mit §§ 15a ff. EnWG-E ist die Weiterentwicklung des Kernnetzes bereits im Gesetzgebungsprozess. Zum April 2024 wollen die Fernleitungsnetzbetreiber und die Wasserstofftransportnetzbetreiber eine gemeinsame Koordinierungsstelle einrichten, die bereits bis Ende Juni 2024 einen Szenariorahmen und auf dieser Basis bis Ende Mai 2025 einen Netzentwicklungsplan für Wasserstoff und Erdgas vorlegen soll, der wiederum bis Ende Juni 2026 von der BNetzA genehmigt wird. Ein sehr engagierter Zeitplan.

Verfügbarkeit von Wasserstoff hat Auswirkungen auf die Netzentgelte

Die Frage der Anbindung an das Kernnetz entscheidet nicht nur über die physische Verfügbarkeit von Wasserstoff, sondern kann erhebliche Auswirkungen auf die zu zahlenden Netzentgelte haben. Staatliche Garantien und gedeckelte Entgelte gelten nur für das Kernnetz. Stadtwerken und Industriekunden droht eine ungleiche Belastung durch eine Stapelung von hohen Netzentgelten für die regionale und lokale Verteilung von Wasserstoff. Einheitliche Entgelte über alle Ebenen hinweg müssen diskutiert werden.

Das künftige Wasserstoffnetz ist zudem entscheidend für die Verbraucher zum Einbau von H2-ready-Gasheizungen nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Diese Option besteht, sofern eine Kommune in der kommunalen Wärmeplanung ein Wasserstoffnetzausbaugebiet ausweist und mit dem Gasnetzbetreiber gemäß § 71f GEG einen Fahrplan zur Gasnetztransformation vertraglich vereinbart. Im Rahmen des vorgesehenen Genehmigungsverfahrens prüft die BNetzA Aussagen des Fahrplans zur Verfügbarkeit von Wasserstoff. Hier spielt das Zeitmoment eine Rolle: Die Kommunen müssen die Planungen − je nach Anzahl der Einwohner − bis zum 1. Juli 2026 beziehungsweise zum 1. Juli 2028 verabschiedet haben. Für Gasverteilnetzbetreiber ohne Kernnetzanschluss besteht damit eine erhebliche rechtliche Unsicherheit, da eine Berücksichtigung der Bedarfe nicht gesichert ist und bei Genehmigung des Netzentwicklungsplans zeitliche Verzögerungen drohen.

Klarstellungen zum Fahrplan zur Gasnetztransformation werden durch die Festlegung der BNetzA erwartet, die spätestens zum 31. Dezember 2024 kommt.
Die europaweiten Regulierungsweichen für den künftigen Gasbinnenmarkt wurden bereits im November 2023 durch das Europäische Parlament und den Rat gestellt.
Die Novelle der Gasrichtlinie, künftig inklusive Wasserstoff, muss in nationales Recht umgesetzt werden. Der größte Streitpunkt konnte im europäischen Vermittlungsausschuss, dem Trilog-Verfahren, abgeräumt werden: Entgegen dem ursprünglichen Willen der Kommission können Stadtwerke beziehungsweise Gasverteilnetzbetreiber künftige Wasserstoffnetze betreiben. Die Entflechtungsregelungen aus dem Erdgasbereich sind auf Wasserstoff übertragbar. Zudem wird es einheitliche Netzzugangs- und Netzanschlussregelungen auch für Wasserstoff geben.

Im Schatten der Wasserstoffregulierung enthält die Richtlinie wichtige Weichen für die Zukunft der Gasnetze. Kommen wird für Gasverteilnetzbetreiber die Pflicht zur lokalen Netzplanung − für Erdgas als Stilllegungsplanung, für Wasserstoff als Netzentwicklungsplanung − und darauf basierend die Möglichkeit zur Kündigung von Netzanschlüssen in ganzen Netzbereichen.
National wird endlich eine ganz große Baustelle angegangen: Die Bundesnetzagentur hat am 18. Januar 2024 ein Eckpunktepapier zur Zukunft der Netzentgelt- und Anreizregulierung veröffentlicht und den Branchendialog gestartet. Darin das Sonderthema Gas zur Frage der regulatorischen Anerkennung von Rückstellungen für die Stilllegung und den Rückbau von Gasnetzen. 
2024 − es wird sehr spannend!

* Christian Thole, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held (BBH), Berlin

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