Quelle: BDEW-Kongress
Das Motto des BDEW-Kongresses „Gemeinsam einfach machen“, wurde von Industrievertretern als Anspruch an die Politik gerichtet. Die Technologien seien bereit, versicherten sie.
Am 6.
Juni, dem zweiten Tag des BDEW-Kongresses in Berlin, sind Industrievertreter und Politiker aufeinandergetroffen. Die Manager wünschten sich vor allem ein schnelleres Tempo der Genehmigungen und Rahmen, um für die klimafreundliche Transformation loslegen zu können (zur Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes siehe separate Meldung). So sagte Uwe Lauber, CEO und Vertriebsvorstand von MAN Energy Solutions. MAN stelle bereits Elektrolyseure her. Diese stünden aber dann „bei Kunden im Hof“, weil die Genehmigungen fehlten.
Übereinstimmend bezeichneten die Industrievertreter Wasserstoff als eine Lösung, um Treibhausgas-Emissionen in der Produktion zu reduzieren. Sie wünschten sich aber mehr Freiheit, welcher Wasserstoff zum Einsatz komme. Es wird „zu viel diskutiert, nichts umgesetzt“, kritisierte Lauber. Immerhin sei die künftige Möglichkeit, nunmehr CO2 auch abzuscheiden und einzulagern (CCS), eine Lösung für die Industrie, sagte Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
Industrie erwartet 70 Prozent H2-ImporteLösch geht davon aus, dass künftig nur 30
Prozent des deutschen Wasserstoff-Bedarfs aus eigener Produktion gedeckt würden und 70
Prozent importiert werden müssten. Dafür gebe es durchaus interessierte Produzenten im Ausland. Allerdings sehe er am Beispiel Australiens, dass dort bereits begonnen wird, aus eigenem Wasserstoff auch klimafreundlichen Stahl zu produzieren. Solcherart könnten Deutschland und Europa den Anschluss verlieren, fürchtet Lösch.
Darauf ging Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ein. Er sagte, dass es nicht nur um Klimaschutz gehe, sondern Europa mit der Transformation seiner Wirtschaft auch darum kämpfen müsse, global zu bestehen, beispielsweise gegenüber den USA und China. Dafür will er der Wirtschaft mehr Technologiefreiheit zugestehen.
Dies gefiel Lösch, der sich wünschte, es dem Preis zu überlassen, ob beispielsweise im Schwerlast-Transport künftig Wasserstoff oder Batteriestrom eingesetzt werde.
Ulf Heitmüller, CEO der Leipziger Verbundnetz Gas AG, sieht sein Unternehmen im Spagat zwischen der noch sicheren Versorgung aller Kunden mit Erdgas bei gleichzeitiger Umstellung der Netze auf Wasserstoff oder dem Neubau von Pipelines hierfür.
Michael Lewis, CEO des Kraftwerks-Betreibers Uniper, wünscht sich dafür mehr Pragmatismus sowie eine gute Koordination der Netze mit dem Ausbau von Energieerzeugung sowie mehr Geschwindigkeit: „Problematisch ist aktuell für die Unternehmen, dass sie große Investitionen vorab umsetzen müssen - wie für Wasserstoff -, aber das Geschäftsmodell noch nicht greifbar ist“. Er plädierte daher für staatliche Garantien, damit Abnehmer heute schon langfristige H2-Lieferverträge abschließen könnten.
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem Kongress Quelle: E&M / S. Harmsen |
Kraftwerksstrategie steckt im Dialog mit BrüsselAuf all dies reagierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Ausschreibungen zur Kraftwerksstrategie seien praktisch fertig, es laufe nur noch die Notifizierung im Dialog mit der EU-Kommission, versprach er. Zur Verzögerung sei es gekommen, weil Deutschland Kraftwerke ausschreiben wolle, bevor der tatsächliche Kapazitäts-Engpass eintrete. Dieser werde erst mit dem Kohleausstieg akut. Da aber der Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke viele Jahre dauere, müsse man heute beginnen und dies mit der EU klären.
Am selben Tag hatte der Bundestag eine Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verabschiedet, das den Bau von Anlagen jeder Art erleichtern soll. Auch das neue Strommarktdesign sei im Werden sowie eine Lösung, um den Übertragungsnetz-Ausbau so zu finanzieren, dass es keine großen Preissprünge gibt, sagte Habeck. Es sei ein Akkumulationskonto geplant, wie im April für das H2-Kernnetz im Bundestag beschlossen und nun von der Bundesnetzagentur weitergeführt (siehe separate Meldung).
Für die kommenden Monate der Ampelkoalition will Habeck die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie RED
III angehen sowie mehr Flexibilitäten im Stromnetz heben, indem beispielsweise bidirektionales Laden ermöglicht wird. „In der nächsten Legislaturperiode müssen auch Gebäudesektor und besonders Verkehrsbereich ihr Emissionen senken, der Energiebereich ist bereits auf Kurs“, sagte Habeck abschließend.
Donnerstag, 6.06.2024, 17:00 Uhr
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