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Energie & Management > Kraftwerke - Kapazitätsmarkt soll mit Zertifikaten funktionieren
Quelle: Shutterstock / industryviews
Kraftwerke

Kapazitätsmarkt soll mit Zertifikaten funktionieren

Ein „Kombinierter Kapazitätsmarkt“ soll die Lücken in der Stromproduktion aus Wind und Sonne schließen. Ein wissenschaftliches Kurzpapier gibt Einblicke, wie das aussehen könnte.
In Berlin wird zurzeit darüber nachgedacht, wie der Strombedarf aus steuerbarer Leistung, der neben dem Strom aus Wind und Sonne auch in Zukunft unverzichtbar ist, gedeckt werden kann. Das Bundeswirtschaftsministerium nimmt Vorschläge und Anregungen aus der Zivilgesellschaft noch bis Anfang September entgegen, bevor es einen eigenen Vorschlag machen will.

Das Öko-Institut hat in diesem Zusammenhang, gemeinsam mit den Beratungsfirmen Consentec und „r2b energy consulting“, ein Kurzpapier im Rahmen des wissenschaftlichen Begleitvorhabens zur Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) im Auftrag von Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegt.

Darin wird die Bildung eines „Kombinierten Kapazitätsmarktes“ (KKM) vorgeschlagen, der aus einem zentralen und einem dezentralen Element bestehen soll. Bei richtiger Ausgestaltung kämen so die Vorteile beider Ansätze zum Tragen, während die Nachteile minimiert würden, heißt es zur Begründung.

Das zentrale Element (KKM-Z) wäre eine bundesweit organisierte Ausschreibung für neue, zusätzliche Kapazitäten, die eine Prämie dafür erhalten, dass sie Kapazitäten für einen bestimmten Zeitraum bereithalten. Die Höhe der Prämie, die für Investitionssicherheit sorgen soll, wird durch eine zentrale Auktion ermittelt.

Die Kapazitätszusagen werden von den Anbietern in Form von Zertifikaten an eine staatliche Stelle (KKM-Administrator) abgegeben, die sie im dezentralen Kapazitätsmarkt verkauft (die Einnahmen dienen dazu, die Kosten für die Prämien zu decken).

Das dezentrale Element (KKM-D) besteht aus der Verpflichtung der Bilanzkreisverantwortlichen (BKV), sich für Spitzenlastsituationen mit Kapazitätszertifikaten einzudecken. Die Kosten dafür werden an die Endkunden weitergegeben. Die BKV können auch eigene Flexibilität einsetzen, für die keine Zertifikate benötigt werden.

Die von einem BKV erworbenen Zertifikate werden einem Konto gutgeschrieben und der BKV muss zur Spitzenlast genug Zertifikate auf dem Konto haben, um seine Kapazität zu decken. Er hat damit einen Anreiz, die eigene Last zum Zeitpunkt der Spitzenlast zu minimieren.

Der KKM-Administrator vergleicht die Verpflichtung jedes BKV ex post mit seiner tatsächlichen Spitzenlast in dem entsprechenden Zeitfenster. Abweichungen zwischen der Verpflichtung und dem Bestand an Zertifikaten müssen finanziell ausgeglichen werden.

Die in der zentralen Ausschreibung erfolgreichen Anbieter erhalten Kapazitätszahlungen zur Refinanzierung ihrer Investitionen. Die Ausschreibung findet 5 Jahre vor Beginn der Verpflichtungsperiode statt und soll jährlich wiederholt werden, solange es Bedarf an neuen Anlagen gibt. Zertifizierte Bestandsanlagen können ihre Zertifikate ebenfalls am KKM-D anbieten.

Wie groß die auszuschreibenden Kapazitäten sein sollen, wird auf der Grundlage von Simulationsrechnungen ermittelt. Die Menge der Zertifikate, die im KKM-D nachgefragt werden, ergibt sich aus den Verpflichtungen und Erwartungen der BKV. Die Höhe der Verpflichtung ergibt sich aus der Last eines Lieferanten zum Zeitpunkt der Spitzenlast.

Die Teilnahme am KKM ist grundsätzlich freiwillig, nur die BKV müssen Kapazitätszertifikate halten. Als weitere Teilnehmer kommen Lieferanten und alle Kapazitätsanbieter in Betracht: Kraftwerke, Speicher oder Anbieter von Lastflexibilität. Sie stellen aus ihren Kapazitäten einen „Versorgungssicherheitsbeitrag“ bereit, der auch die Grundlage für die Kapazitätsvergütung darstellt.

Im KKM-Z gibt es, vor allem mit Rücksicht auf die EU, einen Abschöpfungsmechanismus. Danach wird für alle Anlagen, die Kapazitätszahlungen erhalten, ein Grundpreis(„strike price“) festgelegt. Einnahmen, die den Grundpreis übersteigen, müssen zur Refinanzierung des KKM an die staatliche Stelle abgeführt werden. Der Grundpreis sollte mindestens die Grenzkosten der Erzeuger decken.
Anlagen, die bereits gefördert werden, zum Beispiel im Rahmen des EEG, können sich nicht an einer Ausschreibung des KKM-Z beteiligen. Ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit wird durch Zertifikate berücksichtigt, die in den KKM-D eingebracht werden können.

Das Kurzpapier „Ãœberblick zur Ausgestaltung eines kombinierten Kapazitätsmarktes“ kann im Internet heruntergeladen werden..

Montag, 19.08.2024, 17:11 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Kraftwerke - Kapazitätsmarkt soll mit Zertifikaten funktionieren
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Kraftwerke
Kapazitätsmarkt soll mit Zertifikaten funktionieren
Ein „Kombinierter Kapazitätsmarkt“ soll die Lücken in der Stromproduktion aus Wind und Sonne schließen. Ein wissenschaftliches Kurzpapier gibt Einblicke, wie das aussehen könnte.
In Berlin wird zurzeit darüber nachgedacht, wie der Strombedarf aus steuerbarer Leistung, der neben dem Strom aus Wind und Sonne auch in Zukunft unverzichtbar ist, gedeckt werden kann. Das Bundeswirtschaftsministerium nimmt Vorschläge und Anregungen aus der Zivilgesellschaft noch bis Anfang September entgegen, bevor es einen eigenen Vorschlag machen will.

Das Öko-Institut hat in diesem Zusammenhang, gemeinsam mit den Beratungsfirmen Consentec und „r2b energy consulting“, ein Kurzpapier im Rahmen des wissenschaftlichen Begleitvorhabens zur Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) im Auftrag von Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegt.

Darin wird die Bildung eines „Kombinierten Kapazitätsmarktes“ (KKM) vorgeschlagen, der aus einem zentralen und einem dezentralen Element bestehen soll. Bei richtiger Ausgestaltung kämen so die Vorteile beider Ansätze zum Tragen, während die Nachteile minimiert würden, heißt es zur Begründung.

Das zentrale Element (KKM-Z) wäre eine bundesweit organisierte Ausschreibung für neue, zusätzliche Kapazitäten, die eine Prämie dafür erhalten, dass sie Kapazitäten für einen bestimmten Zeitraum bereithalten. Die Höhe der Prämie, die für Investitionssicherheit sorgen soll, wird durch eine zentrale Auktion ermittelt.

Die Kapazitätszusagen werden von den Anbietern in Form von Zertifikaten an eine staatliche Stelle (KKM-Administrator) abgegeben, die sie im dezentralen Kapazitätsmarkt verkauft (die Einnahmen dienen dazu, die Kosten für die Prämien zu decken).

Das dezentrale Element (KKM-D) besteht aus der Verpflichtung der Bilanzkreisverantwortlichen (BKV), sich für Spitzenlastsituationen mit Kapazitätszertifikaten einzudecken. Die Kosten dafür werden an die Endkunden weitergegeben. Die BKV können auch eigene Flexibilität einsetzen, für die keine Zertifikate benötigt werden.

Die von einem BKV erworbenen Zertifikate werden einem Konto gutgeschrieben und der BKV muss zur Spitzenlast genug Zertifikate auf dem Konto haben, um seine Kapazität zu decken. Er hat damit einen Anreiz, die eigene Last zum Zeitpunkt der Spitzenlast zu minimieren.

Der KKM-Administrator vergleicht die Verpflichtung jedes BKV ex post mit seiner tatsächlichen Spitzenlast in dem entsprechenden Zeitfenster. Abweichungen zwischen der Verpflichtung und dem Bestand an Zertifikaten müssen finanziell ausgeglichen werden.

Die in der zentralen Ausschreibung erfolgreichen Anbieter erhalten Kapazitätszahlungen zur Refinanzierung ihrer Investitionen. Die Ausschreibung findet 5 Jahre vor Beginn der Verpflichtungsperiode statt und soll jährlich wiederholt werden, solange es Bedarf an neuen Anlagen gibt. Zertifizierte Bestandsanlagen können ihre Zertifikate ebenfalls am KKM-D anbieten.

Wie groß die auszuschreibenden Kapazitäten sein sollen, wird auf der Grundlage von Simulationsrechnungen ermittelt. Die Menge der Zertifikate, die im KKM-D nachgefragt werden, ergibt sich aus den Verpflichtungen und Erwartungen der BKV. Die Höhe der Verpflichtung ergibt sich aus der Last eines Lieferanten zum Zeitpunkt der Spitzenlast.

Die Teilnahme am KKM ist grundsätzlich freiwillig, nur die BKV müssen Kapazitätszertifikate halten. Als weitere Teilnehmer kommen Lieferanten und alle Kapazitätsanbieter in Betracht: Kraftwerke, Speicher oder Anbieter von Lastflexibilität. Sie stellen aus ihren Kapazitäten einen „Versorgungssicherheitsbeitrag“ bereit, der auch die Grundlage für die Kapazitätsvergütung darstellt.

Im KKM-Z gibt es, vor allem mit Rücksicht auf die EU, einen Abschöpfungsmechanismus. Danach wird für alle Anlagen, die Kapazitätszahlungen erhalten, ein Grundpreis(„strike price“) festgelegt. Einnahmen, die den Grundpreis übersteigen, müssen zur Refinanzierung des KKM an die staatliche Stelle abgeführt werden. Der Grundpreis sollte mindestens die Grenzkosten der Erzeuger decken.
Anlagen, die bereits gefördert werden, zum Beispiel im Rahmen des EEG, können sich nicht an einer Ausschreibung des KKM-Z beteiligen. Ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit wird durch Zertifikate berücksichtigt, die in den KKM-D eingebracht werden können.

Das Kurzpapier „Ãœberblick zur Ausgestaltung eines kombinierten Kapazitätsmarktes“ kann im Internet heruntergeladen werden..

Montag, 19.08.2024, 17:11 Uhr
Tom Weingärtner

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