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Die EU-Kommission will ab 4. Juli „vorläufige Ausgleichszölle“ auf batteriegetriebene Autos (BEV) aus China erheben. Zuvor soll mit Peking verhandelt werden.
Die Kommission hatte Anfang des Jahres eine Untersuchung eingeleitet um festzustellen, ob die chinesischen Hersteller von batteriegetriebenen Fahrzeugen Subventionen erhalten, die nach den Regeln der WTO nicht erlaubt sind.
Diese Untersuchung habe zu dem Ergebnis geführt, teilte die Kommission am 12. Juni mit, „dass die Wertschöpfungskette für batteriegetriebene Elektrofahrzeuge in China von unfairen Subventionen profitiert“. Die europäischen Hersteller von BEV würden dadurch der Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens ausgesetzt.
Um gut gerüstet in die Gespräche mit Peking zu gehen, hat die Kommission mitgeteilt, welche zusätzlichen Zölle sie erheben würde, um den subventionsbedingten Wettbewerbsvorteil der Chinesen auszugleichen. Dabei wurden bei den drei wichtigsten Herstellern unterschiedliche Vorteile ermittelt.
Die Kommission werde deswegen, für den Fall, dass es mit der Volksrepublik keine Verständigung gebe, auf die BEV des Konzerns BYD 17,4 Prozent Zoll erheben, Geely müsste 20 Prozent bezahlen und SAIC 38,1 Prozent. Andere Anbieter, die von der Kommission nicht einzeln untersucht wurden, sollen 21 Prozent Strafzoll zahlen. Hersteller, die an der Untersuchung der Kommission nicht mitgewirkt haben, 38,1 Prozent − zusätzlich zum normalen Einfuhrzoll von 10 Prozent.
Die Kommission steht unter erheblichem Druck insbesondere von Frankreich: „Der Preis dieser Autos wird durch riesige, staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt“, hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt, als sie die Untersuchung und die Machtprobe mit Peking eingeleitet hatte. In Brüssel wird Wert auf die Feststellung gelegt, dass sich die EU genau an die Vorgaben der WTO halte.
Risiko eines globalen Handelskonfliktes
Das wird von der Führung in Peking bestritten. Die EU suche nur Ausreden, um gegen chinesische Autos vorzugehen und verstoße damit gegen die Regeln des Welthandels, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. China werde nicht tatenlos zusehen, wenn seine Interessen verletzt würden. Schützenhilfe erhielt China von der deutschen Autolobby (VDA), die in der Drohung mit Strafzöllen ein Hindernis für die globale Zusammenarbeit sieht: „Durch diese Maßnahme wächst das Risiko eines globalen Handelskonfliktes weiter an“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Der potentielle Schaden sei womöglich höher als der mögliche Nutzen: „Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken.“
Die deutschen Hersteller wären einerseits von den europäischen Zöllen betroffen, weil sie selbst BEV in China fertigen. Sie fürchten aber auch chinesische Gegenmaßnahmen. Davon könnten Premiumkarossen erfasst werden, die bislang in Europa gefertigt und nach China exportiert werden. Die Autolobby kolportiert, die Regierung in Peking plane einen Vergeltungszoll von 25 Prozent auf solche Fahrzeuge. Im Gespräch sind allerdings auch Importabgaben auf französische Produkte wie Cognac. China selbst untersucht gegenwärtig, ob Chemikalien aus Europa Subventionen erhalten. Die Energie- und Wasserwirtschaft schloss sich der Kritik des VDA an. Zölle leisteten keinen Beitrag, „die Klimaziele zu erreichen und die Transformation zu unterstützen“, erklärten Müller und die BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae gemeinsam.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte in Berlin vor einem „Zollwettlauf“. Entscheidend sei, dass jetzt gesprochen werde. Die Kommission habe ein differenziertes Gutachten vorgelegt, das eine gute Grundlage für Gespräche mit Peking sei. Dabei gehe es darum, Missstände abzuschaffen, sie zu bewerten und um mögliche Kompensation: „Wenn wir in einen Zollwettlauf mit China einsteigen, dann wäre das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.“
Der Sprecher der deutschen Unionsabgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary (CDU), bezeichnete die Ankündigung der Kommission als „überfällig und völlig angemessen“. Es sei richtig, die europäischen Hersteller vor einer „Schwemme an Elektroautos, die unter Produktionskosten nach Europa exportiert werden“, zu schützen.
Die Umweltorganisation „Umwelt und Verkehr“ (T&E) begrüßte die Entscheidung der Kommission, forderte aber gleichzeitig eine Industriepolitik mit dem Ziel „erschwingliche Elektroautos Made in Europe anzubieten“. Einfuhrzölle seien kurzfristig nötig um sicherzustellen, dass die europäischen Hersteller aufholen könnten und der Automobilstandort Europa langfristig Bestand habe.
Die Beibehaltung der Flottengrenzwerte für die Automobilhersteller bis 2035 sei jedoch ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Nach einer Analyse von T&E könnte mittelfristig jedes vierte BEV, das in der EU verkauft wird, aus China kommen. Die Zölle, die die EU dafür vereinnahmt, sollten für den Aufbau einer europäischen Batterie-Lieferkette verwendet werden.
Mittwoch, 12.06.2024, 17:05 Uhr
Tom Weingärtner
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