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Die NRW-Grünen erhöhen mit einer Machbarkeitsstudie den Druck auf die CDU/FDP-geführte Landesregierung, schnell konkrete Schritte für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels einzuleiten.
Nordrhein-Westfalen als das Bundesland mit den höchsten Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen kann bis 2040 klimaneutral werden – und damit fünf Jahre schneller als von Bundes- und Landesregierung in Klimaschutzgesetzen angepeilt. Das legt eine von der Grünen-Landtagsfraktion in Auftrag gegebene Studie nahe, die notwendige Schritte benennt, um die Erderwärmung gemäß des Pariser Klimaabkommens auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Eine wesentliche Voraussetzung für das Ziel sei der Kohleausstieg bereits im Jahr 2030, heißt es in der Studie des von Karl-Martin Hentschel geführten „Projektbüros Klimaschutz“. Mathematiker und Wirtschaftsmanager Hentschel war in den 2000er-Jahren Grünen-Fraktionschef im Landtag Schleswig-Holsteins und hat mit der Auswertung Hunderter Studien „den Stand der Wissenschaft“ und die Möglichkeit abgebildet, wie die „große Transformation“ der Gesellschaft in den kommenden 20 Jahren gelingen könne.
Das Land müsste 5 Mrd. Euro pro Jahr für die Energiewende investierenIn den Bereichen Energie und Industrie produziert NRW überdurchschnittlich viele Treibhausgase. Durch den Kohleausstieg bis 2030 und die Klimaneutralität der Stromproduktion und des Verkehrssektors bis 2035 könnten die Emissionen auf 9 % des Wertes von 2018 absinken. Die Umstellung von Industrie und Hauswärme lasse sich bis 2040 verwirklichen, so die Studie. Das gesamte „Investitionsprojekt“ werde 300 bis 400 Mrd. Euro kosten, rechnet sie vor. Ein Viertel davon müsste die öffentliche Hand übernehmen, was einem jährlichen Betrag von 5 Mrd. Euro entspräche. Den Rest würden Wirtschaft und Privathaushalte selbst beziehungsweise mit öffentlichen Zuschüssen stemmen, so Hentschel.
Restemissionen aus Flugverkehr und Zementindustrie sowie aus der schwer zu transformierenden Landwirtschaft (Viehzucht, Düngung) belaufen sich in knapp 20 Jahren auf 4 %. Das Wissenschaftlerteam um Hentschel empfiehlt zu ihrer Kompensierung das Aufforsten von Waldflächen (+12 %), weil dies billiger und schneller zu realisieren sei. Technische Lösungen wie CO2-Speicherung kämen erst langfristig zum Zuge.
Die Grünen-Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer feiert die „erste umfassende Studie für konkrete Schritte“ als „Meilenstein für die Klimaneutralität“. Sie vorzulegen sei eigentlich Aufgabe der aktuellen schwarz-gelben Landesregierung, die aber „nicht sagen will, wie sie die Klimaziele der Bundesregierung bis 2045 auf Nordrhein-Westfalen übertragen will“.
Gegen die „planlose und ambitionslose“ Klimapolitik des Kabinetts von Armin Laschet (CDU), das anstelle des dringenden Ausbaus der erneuerbaren Energie in der Realität Beschränkungen für die Wind- und Solarenergie auferlege, setzen die Grünen ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm für mehr Klimaschutz in NRW. Es reagiert auf die wesentlichen Ergebnisse der Hentschel-Studie und beinhaltet neben der „Leitentscheidung“ (Schäffer) für den Kohleausstieg 2030 die Forderung nach einem eigenen Klimaschutzgesetz für NRW mit verbindlichen Vorgaben für die einzelnen Sektoren, die jährlich zu überprüfen seien.
Zusätzliche Flächen für Wind- und Solarkraftwerke sollen den erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien sicherstellen, dazu müsse mehr Personal bei Planungs- und Genehmigungsbehörden für schnellere Verfahren sorgen, so Wibke Brems, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Energiepolitik und Klimaschutz. Die Grünen wollen ferner die Kommunen und Industrieunternehmen bei den Klimaschutzanstrengungen unterstützen, klimafreundliches Heizen forcieren, Schiene und Fahrrad im Verkehrssektor Vorrang einräumen sowie sicherstellen, dass teure Sanierungsmaßnahmen und nötige Investitionen durch das Land sozial abgefedert werden.
Die Studie "
Wie kann Nordrhein-Westfalen auf den 1,5-Grad-Pfad kommen?" ist im Internet als Download verfügbar.
Donnerstag, 24.06.2021, 16:19 Uhr
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