Quelle: Fotolia / Björn Braun
Netto sind nur 900 MW Windkraft im ersten Halbjahr dazugekommen. Die Branche erwartet mehr bis Ende 2024. Zugleich warnt sie vor einer Verunsicherung durch Gesetzesänderungen am EEG.
Zu viel Wind und eine große Autobahn-Baustelle behinderte den Aufbau von Turbinen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. So konnten nur 1.300
MW an neuen Windkraftanlagen errichtet werden. Das teilte der Bundesverband Windenergie (BWE) am 18.
Juli mit, gestützt auf Zahlen der Deutschen Windguard. Gleichzeitig wurden alte Anlagen nach 20
Jahren Betrieb abgebaut, sodass der Nettozuwachs nur 900
MW betrug.
Das ist weit entfernt vom Jahresziel von rund 4.000
MW. Der BWE zeigte sich aber optimistisch, dass bis Dezember noch viel geschafft wird.
Der Optimismus stützt sich auf die zahlreich erteilten Neugenehmigungen von Anlagen für 4.800
MW.
Allerdings müssten Umsetzungshürden - wie die Transportwege und die Netzanschlüsse - weiter beseitigt werden, sagte BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek vor Medien. Sie bedauerte, dass weiterhin der Löwenanteil der Anlagen im Norden errichtet wird und die südlichen Bundesländer mit ihrem höheren Strombedarf kaum nachziehen.
Da auch der Stromnetz-Ausbau zu langsam gehe, entstünden weiter hohe gesamtgesellschaftliche Kosten für die Abregelung von erneuerbaren Stromerzeugern und das zusätzliche Anfahren fossiler Kraftwerke (Redispatch), kritisierte sie. Zudem entstünden in Zeiten von viel Sonne und Wind öfter negative Preise an den Strombörsen, was zu Ausgleichszahlungen führt und das Konto nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) belastet.
Ausbau-Stopp droht bei EEG-ÄnderungIn diesem Zusammenhang wandte sie sich gegen eine Reform der EEG-Vergütung. Sie war von Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Vorstellung des Bundesetats für 2025 angekündigt worden. Seit 2022 werden die Vergütungen für erneuerbare Stromerzeuger aus dem Bundeshaushalt gezahlt, nicht mehr von den Verbrauchern über die EEG-Umlage von zuletzt etwa 7
Cent/kWh. Die Bundeszuschüsse betragen allerdings allein in diesem Jahr schon 8
Milliarden zusätzlich. „Wir wollen unmittelbar Sofortmaßnahmen gesetzgeberisch einleiten, um die Kosten des EEG unter Kontrolle zu bekommen“, so Lindner.
Bislang kommen die Mittel dafür aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Das soll 2025 geändert werden, damit der KTF zuverlässig andere Aufgaben erfüllen kann. Dazu gehören die Förderung der Gebäudesanierung, der Elektromobilität und der Wärmewende. Um den Kernhaushalt nicht zu überlasten, soll die EEG-Vergütung in Stunden negativer Strompreise nun 2025 ganz wegfallen. Das war im aktuellen EEG erst ab 2027 vorgesehen.
Heidebroek warnte, überstürzte Änderungen könnten den Ausbau stoppen. „Windkraftprojekte werden über acht Jahre entwickelt. Wenn die Refinanzierung nicht sicher absehbar ist, geben Banken keine Kredite mehr“, sagte sie. Besonders Anlagen, die von 2025 an in Betrieb gehen, dürften nicht schon unter eine solche Regelung fallen. Das zerstöre den Vertrauensschutz für die Investoren. „Wir haben eine 90-prozentige Fremdkapital-Quote bei den kleinen und mittelständischen Projekten“, erinnerte die BWE-Präsidentin.
Flexible Verbraucher könnten Stromüberschüsse aufnehmenZugleich versprach Heidebroek: „Wir als Branche sind bereit, mit der Ampelkoalition Lösungen für die hohen Kosten im EEG-Konto zu finden.“ Sie forderte die Politik auf, lieber rasch zum „Nutzen statt Abregeln“ anzureizen. Für den PV-Strom von
Dächern und Balkonen „muss ein Anreiz geschaffen werden, ihn systemdienlich zu nutzen“, so die BWE-Präsidentin.
Die Regierung überlegt auch, die Schwelle zur
Direktvermarktungspflicht zu
senken. Am 1. Januar 2025 soll die Grenze über drei Jahre von derzeit 100
kW auf schließlich 25
kW sinken. Die Einspeiseförderung soll spätestens mit dem Kohleausstieg 2038 komplett wegfallen und vielleicht schon vorher „auf Investitionskostenförderung umgestellt“ werden, heißt es in den Regierungsplänen.
|
Regionale Verteilung der bezuschlagten neuen Windkraftanlagen im 1. Halbjahr 2024 - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken - Quelle: Deutsche Windguard |
Hersteller für europäische WertschöpfungHier mahnte Dennis Rendschmidt vom Hersteller-Fachverband VDMA Power Systems, eine solche Investitionskosten-Förderung müsse die Gesamtkosten im Blick behalten. Das betreffe nicht nur die Vollkosten der Komponenten, sondern auch der Anlagen-Errichtung, der Transportkosten und der Pacht.
Die Verbände fordern darüber hinaus erneut einfachere, schnellere und bundeseinheitliche Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte.
Donnerstag, 18.07.2024, 16:01 Uhr
© 2024 Energie & Management GmbH