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Energie & Management > Studien - Preissprünge drohen beim Wechsel in den europäischen Emissionshandel
Quelle: Fotolia / mik38
Studien

Preissprünge drohen beim Wechsel in den europäischen Emissionshandel

Die Denkfabrik Agora Energiewende hat die kommenden Regeln des europäischen Emissionshandels ETS II analysiert. Um Preissprünge zu vermeiden, solle die deutsche Politik jetzt handeln.
Noch gilt in Deutschland für Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr und der Gebäudeheizung das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Dieses sieht feste Preise für den CO2-Gehalt von Öl, Gas und Kohle vor. Ab 2027 greift aber das europäische Emissionshandelsgesetz ETS II. Dieses gilt dann, anders als bisher das ETS I, nicht mehr nur für die Industrie und Kraftwerke. Stattdessen werden alle Sektoren erfasst und die Preise für Emissionszertifikate an der Börse ermittelt. Das könnte zu einem enormen Preissprung führen, warnt die Denkfabrik Agora Energiewende.

Laut ihrer Analyse könnte das Zertifikat für eine Tonne CO2 statt 45 Euro wie bisher, bis zu 300 Euro kosten. Daher macht Agora Vorschläge, wie ein sozialverträglicher Übergang vom nationalen zum europäischen CO2-Preis für Gebäude und Verkehr gelingen kann. Bis Ende Juni 2024 läuft die Frist für die Bundesregierung, den europäischen CO2-Handel ETS II in deutsches Recht zu überführen. Diese Chance sollte genutzt werden, appelliert die Denkfabrik.

CO2-Einnahmen für Klimaschutz nutzen

Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland, mahnte, dass die Einnahmen aus der CO2-Besteuerung nicht für das Stopfen von Haushaltslöchern zu nutzen seien. Vielmehr sollten damit Maßnahmen gefördert werden, die Treibhausgasemissionen mindern oder Menschen unterstützen, die aktuell ihre Emissionen nicht mindern können. Der ETS II biete ein wirksames Instrument zur Senkung der Emissionen, allerdings bedürfe er einer sozialen Flankierung, so Müller.

„Es gibt Menschen, die nicht das Geld haben, ihr Haus zu sanieren und auf eine klimafreundliche Heizung umzustellen“, so der Agora-Direktor. Zudem könnten Mieter ihre Heizungsart nicht beeinflussen und die Bevölkerung auf dem Land habe zu wenig Transport-Alternativen zum eigenen Auto. Hier solle die Bundesregierung die Einnahmen aus dem CO2-Preis gezielt für Förderungen und bessere Angebote einsetzen, schlug Müller vor.
 
Beim Übergang vom Brennstoffemissionshandel zum neuen
EU-CO2-Handel ETS 2 droht 2027 ein Preissprung -
(Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Agora Energiewende

Agora entwirft ein Drei-Punkte-Konzept
  • Wirksame Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudebereich umsetzen. Der Umstieg auf klimafreundliche Technologien senkt die Emissionen und damit die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten und ihren Preis.
  • CO2-Bepreisung schon jetzt moderat und planbar weiterentwickeln. Die Stärkung der nationalen CO2-Bepreisung bis 2027 und Etablierung eines nationalen Mindestpreises ab 2027 soll die Preisentwicklung planbar machen.
  • Einnahmen aus einer höheren CO2-Bepreisung rückverteilen, um das Risiko sozialer Verwerfungen zu vermeiden. Ein Klimageld könnte kurzfristig an alle, aber einkommensteuerpflichtig gezahlt werden. Längerfristig sollten gezielte Investitionsunterstützungen für Gruppen eingeführt werden, die besonders von hohen CO2-Preisen betroffen sind.
Fördern und Fordern kombinieren

Zudem müssten öffentliche Nahverkehrsangebote und das Stromnetz ausgebaut werden, fordert Agora. Der Umstieg auf Wärmepumpen und erneuerbare Heizenergie sowie klimaneutrale Mobilität senkten Emissionen und damit CO2-Kosten. So müsse Deutschland versuchen, Zahlungsverpflichtungen in Milliardenhöhe abzuwenden, die wegen der Verfehlung der Klimaschutzziele im Verkehrs und Gebäudesektor drohen.

Ordnungspolitische Maßnahmen sollte hinzukommen, schlägt Agora vor. Dazu gehört ein Bonus-Malus-System im Rahmen der Kfz-Steuer, um klimafreundliche Antriebe zu bevorzugen, der Abbau umweltschädlicher Subventionen bei Dienstwagen- und Dieselbesteuerung. Für Gebäude sollten Effizienz- und Emissions-Anforderungen an die ineffizientesten Bestandsgebäude gestellt werden, flankiert durch eine verstetigte Förderung für Sanierung und Heizungstausch.

Um Preissprünge zu vermeiden, könnte die Handelsphase des BEHG schon 2025 beginnen, ein Jahr früher als geplant. So bilde sich bereits ein Marktpreis, der mehr Informationen über die Entwicklung liefert. Um dennoch Planungssicherheit für Bürger und Unternehmen zu gewährleisten, könne ein Preiskorridor helfen, beispielsweise 2025 zwischen 60 und 80 Euro/Tonne CO2 und 2026 zwischen 90 und 110 Euro/Tonne CO2, so der Agora-Vorschlag.

Die Agora-Analyse zur CO2-Preisentwicklung steht im Internet bereit.

Mittwoch, 29.05.2024, 14:49 Uhr
Susanne Harmsen
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Quelle: Fotolia / mik38
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Preissprünge drohen beim Wechsel in den europäischen Emissionshandel
Die Denkfabrik Agora Energiewende hat die kommenden Regeln des europäischen Emissionshandels ETS II analysiert. Um Preissprünge zu vermeiden, solle die deutsche Politik jetzt handeln.
Noch gilt in Deutschland für Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr und der Gebäudeheizung das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Dieses sieht feste Preise für den CO2-Gehalt von Öl, Gas und Kohle vor. Ab 2027 greift aber das europäische Emissionshandelsgesetz ETS II. Dieses gilt dann, anders als bisher das ETS I, nicht mehr nur für die Industrie und Kraftwerke. Stattdessen werden alle Sektoren erfasst und die Preise für Emissionszertifikate an der Börse ermittelt. Das könnte zu einem enormen Preissprung führen, warnt die Denkfabrik Agora Energiewende.

Laut ihrer Analyse könnte das Zertifikat für eine Tonne CO2 statt 45 Euro wie bisher, bis zu 300 Euro kosten. Daher macht Agora Vorschläge, wie ein sozialverträglicher Übergang vom nationalen zum europäischen CO2-Preis für Gebäude und Verkehr gelingen kann. Bis Ende Juni 2024 läuft die Frist für die Bundesregierung, den europäischen CO2-Handel ETS II in deutsches Recht zu überführen. Diese Chance sollte genutzt werden, appelliert die Denkfabrik.

CO2-Einnahmen für Klimaschutz nutzen

Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland, mahnte, dass die Einnahmen aus der CO2-Besteuerung nicht für das Stopfen von Haushaltslöchern zu nutzen seien. Vielmehr sollten damit Maßnahmen gefördert werden, die Treibhausgasemissionen mindern oder Menschen unterstützen, die aktuell ihre Emissionen nicht mindern können. Der ETS II biete ein wirksames Instrument zur Senkung der Emissionen, allerdings bedürfe er einer sozialen Flankierung, so Müller.

„Es gibt Menschen, die nicht das Geld haben, ihr Haus zu sanieren und auf eine klimafreundliche Heizung umzustellen“, so der Agora-Direktor. Zudem könnten Mieter ihre Heizungsart nicht beeinflussen und die Bevölkerung auf dem Land habe zu wenig Transport-Alternativen zum eigenen Auto. Hier solle die Bundesregierung die Einnahmen aus dem CO2-Preis gezielt für Förderungen und bessere Angebote einsetzen, schlug Müller vor.
 
Beim Übergang vom Brennstoffemissionshandel zum neuen
EU-CO2-Handel ETS 2 droht 2027 ein Preissprung -
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Agora entwirft ein Drei-Punkte-Konzept
  • Wirksame Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudebereich umsetzen. Der Umstieg auf klimafreundliche Technologien senkt die Emissionen und damit die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten und ihren Preis.
  • CO2-Bepreisung schon jetzt moderat und planbar weiterentwickeln. Die Stärkung der nationalen CO2-Bepreisung bis 2027 und Etablierung eines nationalen Mindestpreises ab 2027 soll die Preisentwicklung planbar machen.
  • Einnahmen aus einer höheren CO2-Bepreisung rückverteilen, um das Risiko sozialer Verwerfungen zu vermeiden. Ein Klimageld könnte kurzfristig an alle, aber einkommensteuerpflichtig gezahlt werden. Längerfristig sollten gezielte Investitionsunterstützungen für Gruppen eingeführt werden, die besonders von hohen CO2-Preisen betroffen sind.
Fördern und Fordern kombinieren

Zudem müssten öffentliche Nahverkehrsangebote und das Stromnetz ausgebaut werden, fordert Agora. Der Umstieg auf Wärmepumpen und erneuerbare Heizenergie sowie klimaneutrale Mobilität senkten Emissionen und damit CO2-Kosten. So müsse Deutschland versuchen, Zahlungsverpflichtungen in Milliardenhöhe abzuwenden, die wegen der Verfehlung der Klimaschutzziele im Verkehrs und Gebäudesektor drohen.

Ordnungspolitische Maßnahmen sollte hinzukommen, schlägt Agora vor. Dazu gehört ein Bonus-Malus-System im Rahmen der Kfz-Steuer, um klimafreundliche Antriebe zu bevorzugen, der Abbau umweltschädlicher Subventionen bei Dienstwagen- und Dieselbesteuerung. Für Gebäude sollten Effizienz- und Emissions-Anforderungen an die ineffizientesten Bestandsgebäude gestellt werden, flankiert durch eine verstetigte Förderung für Sanierung und Heizungstausch.

Um Preissprünge zu vermeiden, könnte die Handelsphase des BEHG schon 2025 beginnen, ein Jahr früher als geplant. So bilde sich bereits ein Marktpreis, der mehr Informationen über die Entwicklung liefert. Um dennoch Planungssicherheit für Bürger und Unternehmen zu gewährleisten, könne ein Preiskorridor helfen, beispielsweise 2025 zwischen 60 und 80 Euro/Tonne CO2 und 2026 zwischen 90 und 110 Euro/Tonne CO2, so der Agora-Vorschlag.

Die Agora-Analyse zur CO2-Preisentwicklung steht im Internet bereit.

Mittwoch, 29.05.2024, 14:49 Uhr
Susanne Harmsen

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