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Energie & Management > Veranstaltung - Unsichere Zukunft für die Gasnetze
Quelle: HB-Stadtwerketagung 2024
Veranstaltung

Unsichere Zukunft für die Gasnetze

Auf der Berliner Stadtwerketagung standen die Gasnetze und ihre Zukunft im Fokus. Sie können eine neue Aufgabe mit Wasserstoff oder Biomethan bekommen oder abgeschrieben werden.
Ein wichtiges Thema bei der Berliner Stadtwerketagung war die Zukunft der Gasnetze. Während einige Stadtwerke ihre Kunden schon darauf vorbereiten, dass es ein Ende der Erdgasversorgung geben wird, suchen andere nach neuen Medien wie Biomethan oder Wasserstoff, die als neuer Wein in den alten Schläuchen fließen können. Für die Bundesregierung kommentierte dies Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Energiesicherheit, Gas, Wasserstoffinfrastruktur im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK). „Der Umgang mit dem Gasnetz liege weiter in der Verantwortung der Netzbetreiber“, versicherte Steinberg.

Die Zukunft der Gasnetze müsse vor Ort von den Betreibern entschieden werden, so der Staatssekretär. Punktuell könne sogar der Ausbau von Gasnetzen noch sinnvoll sein. „Die Regierung wird niemandem vorschreiben, ob und wo Gasnetze stillgelegt werden.“ Im EU-Wasserstoff- und Gasgesetz werde allerdings durchaus gesagt, dass Betreiber auch Gasnetzstilllegungspläne erarbeiten sollten, schränkte Steinberg ein. Auch die Umwidmung der Netze für andere Gase als Erdgas sei möglich, je nach regionalen Gegebenheiten.

Abschreibungen und Rückbau anpassen?

Aktuell konsultiere das BWMK die Gasnetzbetreiber, um herauszufinden, wo die Gasversorgung welche Zukunft hat. Fünf bis zehn Prozent der Versorgung könne beispielsweise mit Biomethan erfolgen. Sollten Stilllegungen erforderlich sein, werde auch die Möglichkeit beschleunigter Abschreibungen erwogen. Es bleibe aber dabei, dass für den Klimaschutz künftig immer weniger Erdgas sowohl in der Produktion wie der Wärmeerzeugung eingesetzt werden soll.

Allerdings will das Ministerium Rückbauverpflichtungen, die für das Gasnetz zum Teil in Verträgen existieren, möglicherweise rechtlich außer Kraft setzen, um die hohen Kosten zu vermeiden. Eine Stilllegung nicht mehr genutzter Leitungen genüge völlig und sie könnten im Boden verbleiben. Natürlich müssten die Gaskunden rechtzeitig informiert werden und Alternativen angeboten bekommen, bevor das Erdgas abgestellt wird, unterstrich Steinberg. Das Ministerium habe zudem Rechtsgutachten eingeholt, nach denen für den Übergang Konzessionsinhaber des Gasnetzes verpflichtet werden können, es bis zum Ende weiter zu betreiben, falls sich keine anderen Interessenten mehr finden.

Alternativen zur Gasheizung erschließen

Technologieoffenheit sei in der Wärmewende nur begrenzt umsetzbar, weil regional nicht alles parallel möglich sei, gab Helmut Kleebank, SPD-Energiepolitiker aus dem Bundestag, zu bedenken. Zudem hätten Mieter keinen Einfluss auf die Heizungsentscheidung. Daher solle man es den Experten der regionalen Energieversorgung überlassen, die umsetzbaren und bezahlbaren Varianten zu identifizieren und umzusetzen. Bundeseinheitliche Gesetze könnten immer viele Sonderfälle nicht berücksichtigen, so Kleebank.

„Noch ist die kommunale Wärmeplanung nicht vorhanden, aber natürlich können wir nicht überall das Stromnetz für Wärmepumpen ertüchtigen und zugleich Wasserstoffnetz und Fernwärmenetz parallel anbieten“, sagte er. Kleebank gestand aber ein, dass trotz der Mittelknappheit auch mehr Geld für die Wärmewende bereitgestellt werden müsse. Für die Weiternutzung des Gasnetzes mit Wasserstoff sei der zeitliche Faktor schwierig. Da absehbar nicht viel Wasserstoff zur Verfügung stehe, sollte man sich auf die Anwendungen konzentrieren, die ihn unbedingt brauchen. Geothermie und andere regionale Wärmequellen seien daher weitaus verlässlicher und berechenbarer als andere Visionen, plädierte Kleebank.
 
(v.li.): Moderator Klaus Stratmann, MdB SPD Helmut Kleebank, Kathrin Thelen (SW München) und Martina Butz (SW Hanau) in der Diskussion
Quelle: Dietmar Gust

Geothermie braucht Zeit und Geld

Mit Geothermie hat Kathrin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energie der Stadtwerke München, bereits gute Erfahrungen gemacht, auch im Niedrigtemperaturbereich. Das Unternehmen plant, für die 1.000 Kilometer Fernwärmenetz zunehmend erneuerbare Energie bereitzustellen. Die Erweiterung dieses Netzes und alternativer Erzeugung stoße in der Stadt allerdings auf große Flächenkonkurrenz, gab sie zu bedenken.

Auch parallele Angebote seien zunächst nötig, um Kunden allmählich von der eigenen fossilen Heizung wegzubekommen, ohne Zwang. Allerdings erfordere Geothermie hohe Anfangsinvestitionen und benötige acht bis zehn Jahren für die Umsetzung. Daher seien die Risikoabsicherungen des Bundes für Geothermiebohrungen ein wichtiger Schritt, sagte Thelen.

Martina Butz, Geschäftsführerin Stadtwerke Hanau, hat wegen des hessischen Gesetzes bereits eine Wärmeplanung. Die Stadt habe auch bereits ein Wärmenetz verlegt, an das neue Kunden angeschlossen werden könnten. Dieses gelte es nun, ohne fossile Brennstoffe zu füllen. „Aktuell gibt es widersinnige Förderungen wie für ein Fernwärmenetz und Wärmepumpen an Häusern im gleichen Gebiet“, kritisierte Butz. Man müsse Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit vereinen, forderte sie von der Politik.
(Siehe auch Artikel „Augsburg widerspricht Gasnetz-Aus“)

Mittwoch, 10.04.2024, 15:18 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Veranstaltung - Unsichere Zukunft für die Gasnetze
Quelle: HB-Stadtwerketagung 2024
Veranstaltung
Unsichere Zukunft für die Gasnetze
Auf der Berliner Stadtwerketagung standen die Gasnetze und ihre Zukunft im Fokus. Sie können eine neue Aufgabe mit Wasserstoff oder Biomethan bekommen oder abgeschrieben werden.
Ein wichtiges Thema bei der Berliner Stadtwerketagung war die Zukunft der Gasnetze. Während einige Stadtwerke ihre Kunden schon darauf vorbereiten, dass es ein Ende der Erdgasversorgung geben wird, suchen andere nach neuen Medien wie Biomethan oder Wasserstoff, die als neuer Wein in den alten Schläuchen fließen können. Für die Bundesregierung kommentierte dies Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Energiesicherheit, Gas, Wasserstoffinfrastruktur im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK). „Der Umgang mit dem Gasnetz liege weiter in der Verantwortung der Netzbetreiber“, versicherte Steinberg.

Die Zukunft der Gasnetze müsse vor Ort von den Betreibern entschieden werden, so der Staatssekretär. Punktuell könne sogar der Ausbau von Gasnetzen noch sinnvoll sein. „Die Regierung wird niemandem vorschreiben, ob und wo Gasnetze stillgelegt werden.“ Im EU-Wasserstoff- und Gasgesetz werde allerdings durchaus gesagt, dass Betreiber auch Gasnetzstilllegungspläne erarbeiten sollten, schränkte Steinberg ein. Auch die Umwidmung der Netze für andere Gase als Erdgas sei möglich, je nach regionalen Gegebenheiten.

Abschreibungen und Rückbau anpassen?

Aktuell konsultiere das BWMK die Gasnetzbetreiber, um herauszufinden, wo die Gasversorgung welche Zukunft hat. Fünf bis zehn Prozent der Versorgung könne beispielsweise mit Biomethan erfolgen. Sollten Stilllegungen erforderlich sein, werde auch die Möglichkeit beschleunigter Abschreibungen erwogen. Es bleibe aber dabei, dass für den Klimaschutz künftig immer weniger Erdgas sowohl in der Produktion wie der Wärmeerzeugung eingesetzt werden soll.

Allerdings will das Ministerium Rückbauverpflichtungen, die für das Gasnetz zum Teil in Verträgen existieren, möglicherweise rechtlich außer Kraft setzen, um die hohen Kosten zu vermeiden. Eine Stilllegung nicht mehr genutzter Leitungen genüge völlig und sie könnten im Boden verbleiben. Natürlich müssten die Gaskunden rechtzeitig informiert werden und Alternativen angeboten bekommen, bevor das Erdgas abgestellt wird, unterstrich Steinberg. Das Ministerium habe zudem Rechtsgutachten eingeholt, nach denen für den Übergang Konzessionsinhaber des Gasnetzes verpflichtet werden können, es bis zum Ende weiter zu betreiben, falls sich keine anderen Interessenten mehr finden.

Alternativen zur Gasheizung erschließen

Technologieoffenheit sei in der Wärmewende nur begrenzt umsetzbar, weil regional nicht alles parallel möglich sei, gab Helmut Kleebank, SPD-Energiepolitiker aus dem Bundestag, zu bedenken. Zudem hätten Mieter keinen Einfluss auf die Heizungsentscheidung. Daher solle man es den Experten der regionalen Energieversorgung überlassen, die umsetzbaren und bezahlbaren Varianten zu identifizieren und umzusetzen. Bundeseinheitliche Gesetze könnten immer viele Sonderfälle nicht berücksichtigen, so Kleebank.

„Noch ist die kommunale Wärmeplanung nicht vorhanden, aber natürlich können wir nicht überall das Stromnetz für Wärmepumpen ertüchtigen und zugleich Wasserstoffnetz und Fernwärmenetz parallel anbieten“, sagte er. Kleebank gestand aber ein, dass trotz der Mittelknappheit auch mehr Geld für die Wärmewende bereitgestellt werden müsse. Für die Weiternutzung des Gasnetzes mit Wasserstoff sei der zeitliche Faktor schwierig. Da absehbar nicht viel Wasserstoff zur Verfügung stehe, sollte man sich auf die Anwendungen konzentrieren, die ihn unbedingt brauchen. Geothermie und andere regionale Wärmequellen seien daher weitaus verlässlicher und berechenbarer als andere Visionen, plädierte Kleebank.
 
(v.li.): Moderator Klaus Stratmann, MdB SPD Helmut Kleebank, Kathrin Thelen (SW München) und Martina Butz (SW Hanau) in der Diskussion
Quelle: Dietmar Gust

Geothermie braucht Zeit und Geld

Mit Geothermie hat Kathrin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energie der Stadtwerke München, bereits gute Erfahrungen gemacht, auch im Niedrigtemperaturbereich. Das Unternehmen plant, für die 1.000 Kilometer Fernwärmenetz zunehmend erneuerbare Energie bereitzustellen. Die Erweiterung dieses Netzes und alternativer Erzeugung stoße in der Stadt allerdings auf große Flächenkonkurrenz, gab sie zu bedenken.

Auch parallele Angebote seien zunächst nötig, um Kunden allmählich von der eigenen fossilen Heizung wegzubekommen, ohne Zwang. Allerdings erfordere Geothermie hohe Anfangsinvestitionen und benötige acht bis zehn Jahren für die Umsetzung. Daher seien die Risikoabsicherungen des Bundes für Geothermiebohrungen ein wichtiger Schritt, sagte Thelen.

Martina Butz, Geschäftsführerin Stadtwerke Hanau, hat wegen des hessischen Gesetzes bereits eine Wärmeplanung. Die Stadt habe auch bereits ein Wärmenetz verlegt, an das neue Kunden angeschlossen werden könnten. Dieses gelte es nun, ohne fossile Brennstoffe zu füllen. „Aktuell gibt es widersinnige Förderungen wie für ein Fernwärmenetz und Wärmepumpen an Häusern im gleichen Gebiet“, kritisierte Butz. Man müsse Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit vereinen, forderte sie von der Politik.
(Siehe auch Artikel „Augsburg widerspricht Gasnetz-Aus“)

Mittwoch, 10.04.2024, 15:18 Uhr
Susanne Harmsen

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