E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Wasserstoff - Untersuchung: Hochlauf für grünen Wasserstoff zu langsam
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Wasserstoff

Untersuchung: Hochlauf für grünen Wasserstoff zu langsam

Laut einer aktuellen Studie kann Norddeutschland zum Zentrum der deutschen Wasserstoffwirtschaft werden. Dafür müssten aber noch viele regulatorische Hemmnisse fallen.
Die „Wertschöpfungspotenziale für die Wasserstoffproduktion und Offshore-Windenergie in Norddeutschland“ waren das Thema einer Studie, die am 1. März in Berlin vorgestellt wurde. Sie wurde zugleich an den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), Stefan Wenzel (Grüne), und den Wasserstoffbeauftragten Till Mansmann (FDP) im Bundesforschungsministerium (BMBF) übergeben.

Autoren waren das Marktforschungsinstitut Trendresearch in Zusammenarbeit mit dem Windenergie-Netzwerk Wab, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC sowie der Länder Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Dirk Briese, Geschäftsführer von Trendresearch, stellte Ergebnisse der Studie vor. Die Autorinnen und Autoren folgern: Wegen des hohen Windkraftpotenzials hat Norddeutschland beste Voraussetzungen, Deutschlands Wasserstoffquelle Nummer eins zu werden.

Die fünf norddeutschen Länder, zu denen auch Hamburg und Schleswig-Holstein gehören, arbeiteten dafür im Projekt „High 5“ zusammen. Allerdings seien bislang trotz ambitionierter Zielsetzung im Bereich grüner Wasserstoff „nur rudimentäre Marktstrukturen vorhanden“, sagte Briese. Er sieht aber zugleich ein schnelles Wachstum von Projekten. Standorte für Elektrolyseure würden mittlerweile statt für 100 MW für 1.000 MW Leistung gesucht.

Infrastruktur entwickeln

Als ein Risiko für den Wasserstoff-Hochlauf konstatiert die Studie das Fehlen von Infrastruktur- und Produktionskapazitäten sowohl für Offshore-Windkraft wie für Elektrolyseanlagen in Deutschland und der EU. Auch Staatssekretär Wenzel sieht bei der Infrastruktur eine „gewaltige Herausforderung“. Dies betreffe Häfen, Schiffe, Konverter, Kabel und Pipelines für Wasserstoff. Für den Ausbau der Anlagen möchte Wenzel auch wieder mehr Schiffbau ansiedeln.
 
 
Wenzel nannte Offshore-Windkraft und Wasserstoff einen „Gamechanger für die Küstenländer“. Er sieht Standorte für Elektrolyseure zuerst in Norddeutschland, damit der Wasserstoff bald mit fossilen Brennstoffen preislich mithalten kann. So seien in der Region Nahost-Nordafrika (Mena) 1,1 Cent/kWh Produktionskosten möglich. „Im letzten Jahr schon war grüner Ammoniak billiger herstellbar als blauer“, konstatierte er. Für Deutschland oder Nordeuropa seien Preise um die 3 Cent/kWh "möglich“.

Hoher Wasserstoffbedarf für Klimaschutzziele

Bis 2030 könnten bis zu 130 Milliarden kWh Wasserstoff benötigt werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Es müsse heutiger „grauer“ Wasserstoff aus fossilen Quellen ersetzt und genug für neue Bereiche beispielsweise in der Industrie und im Verkehr bereitgestellt werden.
 
Von links: Dirk Briese (Trendresearch), Till Mansmann (BMBF), Stefan Wenzel (BMWK), Heiko Stohlmeyer (PWC) und Heike Winkler (Wab)
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

„Der Ukrainekrieg hat ironischerweise die Energiewende eher beschleunigt“, stellte Wenzel fest. Mehr Unternehmen setzten jetzt schnell auf Erneuerbare − auch, um den hohen Preisen der Fossilen zu entkommen.

BMBF-Wasserstoffbeauftragter Mansmann stellte fest, dass bei allen Anstrengungen nur 20 bis 30 Prozent des deutschen Bedarfs im Lande zu erzeugen seien. Importe würden daher unumgänglich, wofür die Regierung bereits weltweit Verträge schließe.

Der geplante massive Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung ergebe „erst durch die Kopplung mit Wasserstoff Sinn“, warb Mansmann. Das klimafreundlich erzeugte Gas überbrücke Zeiten mit zu wenig Wind und Sonne. „Wir haben das Ziel, Deutschland weiter als Industriestandort zu erhalten“, sagte Wenzel. Dabei solle in Kürze auch ein europäischer Industriestrompreis helfen, versprach er.

Geschäftsmodelle noch ungewiss

Wab-Geschäftsführerin Heike Winkler nannte fehlende Geschäftsmodelle als eine Ursache für den schleppenden Ausbau von Windkraft und Elektrolyse. Auch die Studie stellt verlässliche gesetzliche Investitionsrahmen in den Mittelpunkt. Der Staatssekretär verwies auf die Vergütungen für die Sonderenergieflächen in der Nordsee, in denen direkt neben Windrädern Elektrolyseure entstehen sollen. Es gebe bereits ein gefördertes Pilotprojekt von Siemens.

Wenzel sieht nicht die Fördergelder der EU als Problem an, um mit den USA und anderen Schritt zu halten, sondern die langen Entscheidungswege. „Drei Jahre bis zur Entscheidung für IPCEI ist zu langsam“, sagte er. IPCEI sind „Wichtige europäische Projekte von gemeinsamem Interesse“. Ein Steuermodell zur Förderung von erneuerbaren Energien und Wasserstoff wie in den USA sei bei 27 Staaten „schwer nachahmbar“. Er sehe aber eine große Einigungsbereitschaft seit dem Ukrainekrieg und der Energiekrise, schloss Wenzel.

Die Studie Wertschöpfung der Offshore-Windenergie in Deutschland steht als PDF zum Download bereit.


Donnerstag, 2.03.2023, 13:55 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wasserstoff - Untersuchung: Hochlauf für grünen Wasserstoff zu langsam
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Wasserstoff
Untersuchung: Hochlauf für grünen Wasserstoff zu langsam
Laut einer aktuellen Studie kann Norddeutschland zum Zentrum der deutschen Wasserstoffwirtschaft werden. Dafür müssten aber noch viele regulatorische Hemmnisse fallen.
Die „Wertschöpfungspotenziale für die Wasserstoffproduktion und Offshore-Windenergie in Norddeutschland“ waren das Thema einer Studie, die am 1. März in Berlin vorgestellt wurde. Sie wurde zugleich an den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), Stefan Wenzel (Grüne), und den Wasserstoffbeauftragten Till Mansmann (FDP) im Bundesforschungsministerium (BMBF) übergeben.

Autoren waren das Marktforschungsinstitut Trendresearch in Zusammenarbeit mit dem Windenergie-Netzwerk Wab, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC sowie der Länder Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Dirk Briese, Geschäftsführer von Trendresearch, stellte Ergebnisse der Studie vor. Die Autorinnen und Autoren folgern: Wegen des hohen Windkraftpotenzials hat Norddeutschland beste Voraussetzungen, Deutschlands Wasserstoffquelle Nummer eins zu werden.

Die fünf norddeutschen Länder, zu denen auch Hamburg und Schleswig-Holstein gehören, arbeiteten dafür im Projekt „High 5“ zusammen. Allerdings seien bislang trotz ambitionierter Zielsetzung im Bereich grüner Wasserstoff „nur rudimentäre Marktstrukturen vorhanden“, sagte Briese. Er sieht aber zugleich ein schnelles Wachstum von Projekten. Standorte für Elektrolyseure würden mittlerweile statt für 100 MW für 1.000 MW Leistung gesucht.

Infrastruktur entwickeln

Als ein Risiko für den Wasserstoff-Hochlauf konstatiert die Studie das Fehlen von Infrastruktur- und Produktionskapazitäten sowohl für Offshore-Windkraft wie für Elektrolyseanlagen in Deutschland und der EU. Auch Staatssekretär Wenzel sieht bei der Infrastruktur eine „gewaltige Herausforderung“. Dies betreffe Häfen, Schiffe, Konverter, Kabel und Pipelines für Wasserstoff. Für den Ausbau der Anlagen möchte Wenzel auch wieder mehr Schiffbau ansiedeln.
 
 
Wenzel nannte Offshore-Windkraft und Wasserstoff einen „Gamechanger für die Küstenländer“. Er sieht Standorte für Elektrolyseure zuerst in Norddeutschland, damit der Wasserstoff bald mit fossilen Brennstoffen preislich mithalten kann. So seien in der Region Nahost-Nordafrika (Mena) 1,1 Cent/kWh Produktionskosten möglich. „Im letzten Jahr schon war grüner Ammoniak billiger herstellbar als blauer“, konstatierte er. Für Deutschland oder Nordeuropa seien Preise um die 3 Cent/kWh "möglich“.

Hoher Wasserstoffbedarf für Klimaschutzziele

Bis 2030 könnten bis zu 130 Milliarden kWh Wasserstoff benötigt werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Es müsse heutiger „grauer“ Wasserstoff aus fossilen Quellen ersetzt und genug für neue Bereiche beispielsweise in der Industrie und im Verkehr bereitgestellt werden.
 
Von links: Dirk Briese (Trendresearch), Till Mansmann (BMBF), Stefan Wenzel (BMWK), Heiko Stohlmeyer (PWC) und Heike Winkler (Wab)
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

„Der Ukrainekrieg hat ironischerweise die Energiewende eher beschleunigt“, stellte Wenzel fest. Mehr Unternehmen setzten jetzt schnell auf Erneuerbare − auch, um den hohen Preisen der Fossilen zu entkommen.

BMBF-Wasserstoffbeauftragter Mansmann stellte fest, dass bei allen Anstrengungen nur 20 bis 30 Prozent des deutschen Bedarfs im Lande zu erzeugen seien. Importe würden daher unumgänglich, wofür die Regierung bereits weltweit Verträge schließe.

Der geplante massive Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung ergebe „erst durch die Kopplung mit Wasserstoff Sinn“, warb Mansmann. Das klimafreundlich erzeugte Gas überbrücke Zeiten mit zu wenig Wind und Sonne. „Wir haben das Ziel, Deutschland weiter als Industriestandort zu erhalten“, sagte Wenzel. Dabei solle in Kürze auch ein europäischer Industriestrompreis helfen, versprach er.

Geschäftsmodelle noch ungewiss

Wab-Geschäftsführerin Heike Winkler nannte fehlende Geschäftsmodelle als eine Ursache für den schleppenden Ausbau von Windkraft und Elektrolyse. Auch die Studie stellt verlässliche gesetzliche Investitionsrahmen in den Mittelpunkt. Der Staatssekretär verwies auf die Vergütungen für die Sonderenergieflächen in der Nordsee, in denen direkt neben Windrädern Elektrolyseure entstehen sollen. Es gebe bereits ein gefördertes Pilotprojekt von Siemens.

Wenzel sieht nicht die Fördergelder der EU als Problem an, um mit den USA und anderen Schritt zu halten, sondern die langen Entscheidungswege. „Drei Jahre bis zur Entscheidung für IPCEI ist zu langsam“, sagte er. IPCEI sind „Wichtige europäische Projekte von gemeinsamem Interesse“. Ein Steuermodell zur Förderung von erneuerbaren Energien und Wasserstoff wie in den USA sei bei 27 Staaten „schwer nachahmbar“. Er sehe aber eine große Einigungsbereitschaft seit dem Ukrainekrieg und der Energiekrise, schloss Wenzel.

Die Studie Wertschöpfung der Offshore-Windenergie in Deutschland steht als PDF zum Download bereit.


Donnerstag, 2.03.2023, 13:55 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.