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Praktikables Regelwerk bis Preisgabe der Klimaziele – Sachverständige sehen den neuen Entwurf für das Heizungsgesetz vor dem Fachausschuss des Bundestag teils sehr unterschiedlich.
Die Ampel drückt aufs Tempo. Fünf Tage ist es her, dass Klaus Ernst den Termin für die Anhörung zum neu formulierten Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) noch infrage stellte. Sollte das Papier nicht bis zum 30.
Juni vorliegen, wollte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie die Expertenrunde abblasen. Doch der Terminplan hielt. "Ich hoffe, sie hatten genügend Zeit zur Vorbereitung für diese Sitzung", begrüßte er auf die Minute pünktlich am 3.
Juli mehr als ein dutzend Sachverständige. Und der Linken-Politiker meinte das explizit "ironisch".
Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, die den Anfang in der Runde machte, konnte sich denn auch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. "Das Verfahren hat am Vertrauen genagt", sagte sie, schickte aber mit Blick auf das Resultat lobende Worte hinterher. In dem Gesetzentwurf sieht sie "teils sehr gute Verbesserungen in den Details". Mit den angestoßenen Änderungen liege "ein in Teilen praktikabler Gesetzentwurf vor".
VKU kritisiert "komplizierte Fahrpläne"Lob und Kritik kam auch vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing nahm das Fazit vorweg und sprach von "wesentlichen Verbesserungen, die wir begrüßen". Die enge Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung und den Grundsatz der Technologie-Offenheit habe man von Anfang an gefordert, erinnerte Liebing. Wichtig sei, "dass die unrealistischen Zwischenziele auch aus dem noch ausstehenden Wärmeplanungsgesetz herausgenommen werden".
Bei den Regeln für den Wandel der Gasnetze hin zu grünen Gasen, wie Wasserstoff, handle es sich erkennbar um einen Kompromiss. Die Ampel, kritisierte Liebing, stelle gleichzeitig neue Anforderungen durch komplizierte Fahrpläne, die noch mehr neue Fragen aufwerfen. Als weiteren Knackpunkt nannte er die noch offene Frage, was passiere, wenn Gasnetzkonzessionen auslaufen, also "ob Gasnetzbetreiber für die Zeit nach ihrer Konzession Verpflichtungen zum Übergang auf Wasserstoff eingehen dürfen."
Verbraucherschützer monieren "Paradigmenwechsel"Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erkennt in den Änderungen einen heiklen Kursschwenk. "Es gibt einige Verbesserungen, wir haben aber auch gesehen, dass die 65-EE-Vorgabe – ursprünglich als zentrales Ziel – nicht mehr sichergestellt ist", sagte VZBV-Vorständin Jutta Gurkmann. Die Verbraucherschützer sehen "die Erreichbarkeit der Klimaziele infrage gestellt". Zudem stellt der VZBV einen "Paradigmenwechsel" fest: Es gehe in dem Gesetz nicht mehr um den effizienten Einsatz von Energie, sondern es stehe "einzig und allein" die Einsparung von Treibhausgasemissionen im Fokus, kritisierte Gurkmann.
Fossile Gasheizungen, so der VZBV, könnten nach dem Entwurf auch nach dem 1.
Januar 2024 sowohl im Neubau als auch im Bestand eingebaut und für viele Jahre ausschließlich mit Erdgas betrieben werden. Mit dieser trügerischen Technologieoffenheit gehen jedoch hohe Kostenrisiken und jahrelange Unsicherheiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher einher."
Massive Kritik an dem überarbeiteten Gesetzentwurf gab es bereits vor der Anhörung vonseiten der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Bundesregierung torpediere die Pariser Klimaziele und treibe Menschen in die Kostenfalle, so die Organisation. "Mit diesem Gesetz werden fossile Strukturen auf die nächsten Jahrzehnte gefestigt. Die Gaslobby hat sich mit ihren Interessen brutal durchgesetzt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
BEE: Nur erneuerbare Heizungsanlagen fördernAnders die Sichtweise in der Erneuerbaren-Branche: Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt die Einigung der Ampel-Regierung zu dem Gesetzentwurf. "Handwerk, Industrie und Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen nach monatelanger Verunsicherung jetzt Planungs- und Investitionssicherheit", so BEE-Präsidentin Simone Peter. "Mit klaren Vorgaben können die Akzeptanz für die Wärmewende gestärkt und Fehlinvestitionen vermieden werden. Dafür muss neben dem Gesetz aber auch die neue Förderung einen klaren Ausstieg aus fossilen Energien und einen Weg hin zu Erneuerbaren vorgeben.
Werde die kommunale Wärmeplanung zeitlich nicht ambitionierter gefasst, komme der angekündigten Aufstockung der Fördersätze eine noch größere Bedeutung zu. Als problematisch sieht der BEE die vorgesehen Halbierung des Höchstbetrags förderfähiger Kosten. Der Höchstbetrags sollte keinesfalls unter 50.000
Euro pro Wohnung liegen. Und: "Im Sinne der Wärmewende sollten nur erneuerbare Heizungsanlagen förderbar sein", so Peter.
Der Bundesverband Geothermie (BVG) zeigte sich zufrieden ob der Planungssicherheit, die mit dem Gesetz kommt und der "Anerkennung von Geothermie als Erfüllungsoption der neuen Vorgaben". Für die Implementierung des GEG bedürfe es jetzt "eines Geothermie-Erschließungsgesetzes, welches Ordnungsrecht und Förderkulisse verbessert".
Montag, 3.07.2023, 16:51 Uhr
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