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Energie & Management > Stromnetz - Kehrtwende für die Energiewende?
Hier gibt es kein zurück mehr: Die Erdkabel für Südostlink sind schon fertig und warten im Regensburger Hafen darauf, vergraben zu werden. Quelle: E&M / Drewnitzky
Stromnetz

Kehrtwende für die Energiewende?

Die Diskussion ist in vollem Gange: Abkehr von der Erdverkabelung bei den großen Stromtrassen und Rückkehr zum Freileitungsbau? Nicht nur die Kosten spielen eine Rolle.
Blicken wir ein paar Jahre zurück: Es ging zunächst um den Südlink, der bis zu 4.000 MW Windkraftstrom aus Schleswig-Holstein nach Bayern und Baden-Württemberg bringen soll. Nachdem der Bundestag im Dezember 2012 grünes Licht für den Start des Vorhabens gegeben hatte, formierte sich in der Bevölkerung Widerstand gegen die „Monstertrassen“ mit ihren hohen Strommasten. Schließlich einigten sich die Parteispitzen von SPD und CDU auf Druck der bayerischen CSU im Juli 2015 auf Erdkabel statt Freileitungen – und vernichteten damit drei Jahre Planungsarbeit der Ãœbertragungsnetzbetreiber, sorgten dafür, dass der Südlink mindestens dreimal so teuer wird und erreichten, dass von einem Fertigstellungstermin 2022 nicht einmal mehr geträumt werden durfte.

Nun könnte man den Standpunkt vertreten, dass eine gewisse Großzügigkeit angebracht ist, wenn sie eine friedliche Weiterführung der Projekte ermöglicht. Doch davon konnte überhaupt keine Rede sein. Jetzt mussten sich die Übertragungsnetzbetreiber mit den Grundstücksbesitzern herumstreiten. Zahllose Einsprüche waren und sind die Folge, Betretungsverbote verzögern Vermessungsarbeiten, Bodenproben und Umweltprüfungen, auch die Kommunalpolitik rebelliert. Es ist alles nur noch schlimmer geworden.

Und: Das Vergraben von Erdkabeln ist ein extrem teurer Spaß: Nicht nur, dass der Südlink jetzt nicht 3 Milliarden Euro kostet – so viel war anfangs für die Freileitung veranschlagt – sondern 10 Milliarden. 20 Milliarden Euro, so rechnen die Ãœbertragungsnetzbetreiber vor, ließen sich sparen, wenn wieder auf Masten gesetzt würde.

Aber es sind nicht nur die Kosten. Sowohl dem Landwirt als auch der Zauneidechse dürfte ein Hochspannungsmast auf der Wiese lieber sein, als eine metertief und -breit aufgebaggerte Schneise. Nachteile durch eine Erwärmung des Bodens, über die es endlose Diskussionen gab, sind bei Freileitungen kein Thema. Schwieriger ist am Ende auch die Wartung von Erdkabeln: Bei einem Defekt muss wieder gebuddelt werden. 

Betroffen von einer möglichen Kehrtwende von der Kehrtwende wären allerdings nicht die in Planung und Vorbereitung weit fortgeschrittenen Projekte Südlink oder Südostlink, sondern noch in der Anfangsphase steckende.

Müller: „Sehr vernünftiger Schritt“

Dazu erklärte Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur im Interview mit E&M: „Es macht nur Sinn für die Neubauleitungen. Das sind die Gleichstromleitungen DC40, 41, 42 (Ostwestlink, Nordwestlink, Südwestlink). Der ideale Zeitpunkt für die Entscheidung wäre der letzte Herbst gewesen, denn damals hat die Bundesnetzagentur mit ihren Planungen begonnen. Gleichwohl geht es bei diesen drei Leitungen um ungefähr 15 bis 16 Milliarden Euro über die Zeit hinweg. Darum sagen wir, wenn vor allem die betroffenen Bundesländer dem zustimmen würden und man diese Entscheidung aus der Vergangenheit korrigiert, würde das die Netzausbaukosten deutlich reduzieren und wäre ein sehr vernünftiger Schritt.“

Seitens der Bundespolitik haben sich SPD und CDU mittlerweile dafür ausgesprochen, den Erdkabelvorrang zu kippen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen bleibt allerdings skeptisch: Das Umswitchen auf Freileitungen ginge allenfalls, wenn sich die Länder einig seien, erklärte er. Doch davon kann momentan nicht die Rede sein. Aus den Bundesländern kommen ganz unterschiedliche Äußerungen zu dem Thema. Und Ãœberraschendes aus Bayern: Deutlich mehr überirdisch statt unterirdisch, kündigte Ministerpräsident Markus Söder in einer Regierungserklärung im Landtag an. „Ãœberirdisch wo möglich, unterirdisch wo nötig“, sagte er.

Den ausführlichen Bericht mit noch mehr Aspekten lesen Sie in der Printausgabe, die am 1. Juli erscheint.

Freitag, 28.06.2024, 12:17 Uhr
Günter Drewnitzky
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Hier gibt es kein zurück mehr: Die Erdkabel für Südostlink sind schon fertig und warten im Regensburger Hafen darauf, vergraben zu werden. Quelle: E&M / Drewnitzky
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Kehrtwende für die Energiewende?
Die Diskussion ist in vollem Gange: Abkehr von der Erdverkabelung bei den großen Stromtrassen und Rückkehr zum Freileitungsbau? Nicht nur die Kosten spielen eine Rolle.
Blicken wir ein paar Jahre zurück: Es ging zunächst um den Südlink, der bis zu 4.000 MW Windkraftstrom aus Schleswig-Holstein nach Bayern und Baden-Württemberg bringen soll. Nachdem der Bundestag im Dezember 2012 grünes Licht für den Start des Vorhabens gegeben hatte, formierte sich in der Bevölkerung Widerstand gegen die „Monstertrassen“ mit ihren hohen Strommasten. Schließlich einigten sich die Parteispitzen von SPD und CDU auf Druck der bayerischen CSU im Juli 2015 auf Erdkabel statt Freileitungen – und vernichteten damit drei Jahre Planungsarbeit der Ãœbertragungsnetzbetreiber, sorgten dafür, dass der Südlink mindestens dreimal so teuer wird und erreichten, dass von einem Fertigstellungstermin 2022 nicht einmal mehr geträumt werden durfte.

Nun könnte man den Standpunkt vertreten, dass eine gewisse Großzügigkeit angebracht ist, wenn sie eine friedliche Weiterführung der Projekte ermöglicht. Doch davon konnte überhaupt keine Rede sein. Jetzt mussten sich die Übertragungsnetzbetreiber mit den Grundstücksbesitzern herumstreiten. Zahllose Einsprüche waren und sind die Folge, Betretungsverbote verzögern Vermessungsarbeiten, Bodenproben und Umweltprüfungen, auch die Kommunalpolitik rebelliert. Es ist alles nur noch schlimmer geworden.

Und: Das Vergraben von Erdkabeln ist ein extrem teurer Spaß: Nicht nur, dass der Südlink jetzt nicht 3 Milliarden Euro kostet – so viel war anfangs für die Freileitung veranschlagt – sondern 10 Milliarden. 20 Milliarden Euro, so rechnen die Ãœbertragungsnetzbetreiber vor, ließen sich sparen, wenn wieder auf Masten gesetzt würde.

Aber es sind nicht nur die Kosten. Sowohl dem Landwirt als auch der Zauneidechse dürfte ein Hochspannungsmast auf der Wiese lieber sein, als eine metertief und -breit aufgebaggerte Schneise. Nachteile durch eine Erwärmung des Bodens, über die es endlose Diskussionen gab, sind bei Freileitungen kein Thema. Schwieriger ist am Ende auch die Wartung von Erdkabeln: Bei einem Defekt muss wieder gebuddelt werden. 

Betroffen von einer möglichen Kehrtwende von der Kehrtwende wären allerdings nicht die in Planung und Vorbereitung weit fortgeschrittenen Projekte Südlink oder Südostlink, sondern noch in der Anfangsphase steckende.

Müller: „Sehr vernünftiger Schritt“

Dazu erklärte Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur im Interview mit E&M: „Es macht nur Sinn für die Neubauleitungen. Das sind die Gleichstromleitungen DC40, 41, 42 (Ostwestlink, Nordwestlink, Südwestlink). Der ideale Zeitpunkt für die Entscheidung wäre der letzte Herbst gewesen, denn damals hat die Bundesnetzagentur mit ihren Planungen begonnen. Gleichwohl geht es bei diesen drei Leitungen um ungefähr 15 bis 16 Milliarden Euro über die Zeit hinweg. Darum sagen wir, wenn vor allem die betroffenen Bundesländer dem zustimmen würden und man diese Entscheidung aus der Vergangenheit korrigiert, würde das die Netzausbaukosten deutlich reduzieren und wäre ein sehr vernünftiger Schritt.“

Seitens der Bundespolitik haben sich SPD und CDU mittlerweile dafür ausgesprochen, den Erdkabelvorrang zu kippen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen bleibt allerdings skeptisch: Das Umswitchen auf Freileitungen ginge allenfalls, wenn sich die Länder einig seien, erklärte er. Doch davon kann momentan nicht die Rede sein. Aus den Bundesländern kommen ganz unterschiedliche Äußerungen zu dem Thema. Und Ãœberraschendes aus Bayern: Deutlich mehr überirdisch statt unterirdisch, kündigte Ministerpräsident Markus Söder in einer Regierungserklärung im Landtag an. „Ãœberirdisch wo möglich, unterirdisch wo nötig“, sagte er.

Den ausführlichen Bericht mit noch mehr Aspekten lesen Sie in der Printausgabe, die am 1. Juli erscheint.

Freitag, 28.06.2024, 12:17 Uhr
Günter Drewnitzky

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