Bei der Bundesnetzagentur nimmt das Thema unabhängiges Vergleichsportal für Endkunden Fahrt auf.
Vergleichsportale wie Verivox und Check 24 sind bei Verbrauchern beliebt. Verbrauch und Postleitzahl eingetippt – und schon spuckt das Internet eine Vielzahl von Angeboten aus. Die Strom- und Gaspreistarife sind meist günstiger als das Angebot des eigenen Anbieters. Warum also nicht wechseln? Das Portal hilft dabei. So lautet die Botschaft der Betreiber.
Etablierte Energieversorger wie Stadtwerke, aber auch Verbraucherschützer betrachten die Portale hingegen mit Skepsis. Zwar lässt sich mittels Werbung und günstigen Angeboten über die Portale durchaus neue Kundschaft gewinnen. Anderseits lassen sich die Portalbetreiber ihren Service gut bezahlen und kassieren bei jedem Wechsel, der über ihr Portal läuft. So sind sie daran interessiert, dass die Kunden oft wechseln.
Ein anderer Vorwurf lautet, die Vergleichsportal seien nicht wirklich transparent und hätten mit ihrer Gatekeeper-Funktion eine enorme Marktmacht. Was dagegen helfen könnte? Ein unabhängiges Vergleichsportal, das nicht an nur ans Geldverdienen denkt, sondern auch das Wohl der Verbraucher im Sinn hat. Die Bundesnetzagentur hat sich des Themas nun angenommen und will ein unabhängiges Vergleichsmedium schaffen.
Auf Anfrage der Redaktion zu dem Vorhaben schreibt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: „Neutrale und unabhängige Informationen zu Strom- und Gasanbietern sind für Verbraucherinnen und Verbraucher eine wichtige Hilfe, um einen Überblick zu Preisen und Konditionen zu bekommen. Wichtig ist, dass ein Vergleich verständlich, neutral und kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Dies sicherzustellen, ist Aufgabe der Bundesnetzagentur.“
Die Aufgabe liegt allerdings schon eine Weile herum. In der Novelle des EnWG aus dem Jahr 2021 ist das in Paragraf 41c festgehalten. Dort heißt es, dass die Bundesnetzagentur sicherstellt, dass Haushaltskunden mit einem Verbrauch von weniger als 100.000
kWh im Jahr „unentgeltlich Zugang zu mindestens einem unabhängigen Vergleichsinstrument haben“. Die Verbraucher sollen damit die Möglichkeit bekommen, verschiedene Stromlieferanten und deren Angebote vergleichen und beurteilen zu können.
Diese gesetzlichen Vorgaben beruhen auf europäischen Richtlinien und legen verschiedene Kriterien fest, die ein Vergleichsportal erfüllen muss, darunter Unabhängigkeit, Marktabdeckung und Objektivität. Das Portal kann durchaus von einem privatwirtschaftlichen Betreiber unterhalten werden, der, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, mit einem offiziellen Zertifikat bedacht wird. Sollte es keine geeigneten Vergleichsinstrumente geben oder keine Zertifizierungsanträge vorliegen, kann die Behörde die Leistung ausschreiben und am Ende auch selbst betreiben.
Die Bundesnetzagentur hat im April 2024 eine Anhörung durchgeführt, um interessierten Unternehmen und Institutionen die Möglichkeit zu geben, sich über die Anforderungen zu informieren und ihr Interesse zu bekunden. Insgesamt sind bis Mai neun Stellungnahmen eingegangen, die auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht wurden. Drei Betreiber haben konkret ihr Interesse an einem Zertifikat für ein Vergleichsportal bekundet.
Bedingungen sind „stark auslegungsbedürftig“Wie die Bundesnetzagentur mitteilte, sei ein Problem, dass die gesetzlichen Anforderungen für die Vergabe eines Vertrauenszeichens oder eine Zertifizierung „teilweise stark auslegungsbedürftig“ sind. Zudem gebe es in anderen Branchen bereits Rechtsprechung zu unabhängigen Tarifvergleichen, die hier gegebenenfalls zu berücksichtigen sei.
Mögliche Kandidaten für eine Zertifizierung wünschen sich daher über die Ausführungen im Anhörungstext hinausgehende Konkretisierungen durch die Bundesnetzagentur, insbesondere im Zusammenhang mit dem Kriterium der Marktabdeckung. Der Austausch mit verschiedenen Akteuren werde fortgesetzt, und die Anhörung sei lediglich der Auftakt für den weiteren Prozess gewesen, heißt es aus Bonn.
Wie ein Vergleichsportal aussehen könnte, zeigt das Beispiel Österreich. Dort gib es schon seit Jahren den „TARIFkalkulator“. Ein auf der Internetseite der Regulierungsbehörde E-Control eingebetteter Tarifrechner für Haushaltskunden. Er ist genauso aufgebaut wie die bekannten Portale in Deutschland. Postleitzahlen und Netzbetreiber angeben, fertig. Wechseln kann so einfach sein – und in Österreich ziemlich sicher.
|
Die Startseite des Tarifrechners der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control Quelle: Screenshot: E&M |
Montag, 29.07.2024, 17:14 Uhr
© 2024 Energie & Management GmbH