E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > BHKW Des Monats - Heidelberg setzt mit iKWK-Anlage neue Maßstäbe
Quelle: Shutterstock, saicle / E&M
BHKW Des Monats

Heidelberg setzt mit iKWK-Anlage neue Maßstäbe

Die Stadtwerke Heidelberg haben ein innovatives KWK-System mit einer bislang einzigartigen Luft-Wasser-Wärmepumpe erfolgreich in Betrieb genommen.
 
Die Ventilatoren der iKWK-Anlage in Heidelberg
Quelle: Dittmer-Fotografie

Eigentlich sind es drei Anlagen: Die Stadtwerke Heidelberg haben in den vergangenen Monaten drei innovative KWK-Anlagen im Energiepark Pfaffengrund im Nordwesten der baden-württembergischen Stadt installiert. Zwei laufen bereits im Normalbetrieb, die dritte folgt Mitte des Jahres. Für die gesamte Anlage wurde eine neue Halle errichtet. „Die drei Anlagen sind einzeln fahrbar“, erklärt Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie, im Gespräch mit E&M. Das reduziere Start und Stopps, ohne dass Abstriche an der Flexibilität gemacht werden müssten.

Die Stadt Heidelberg strebt Klimaneutralität an, wobei die Wärmeversorgung eine zentrale Rolle einnimmt. Bereits seit 2011 erweitern die Stadtwerke ihr Angebot an grüner Fernwärme: Heute stammen 50 Prozent der gelieferten Fernwärme aus erneuerbaren Quellen, darunter ein Holzheizkraftwerk und Biomethan-Blockheizkraftwerke. Ein wichtiger neuer Baustein ist nun auch die iKWK-Anlage im Energiepark.

Eine Besonderheit der iKWK-Anlage stellt dabei eine dreiteilige Luft-Wasser-Wärmepumpe dar. Bei der innovativen KWK werden ein oder mehrere BHKW mit einer Erneuerbaren-Wärmequelle und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. In Heidelberg kommen folgende Komponenten zum Einsatz:
  • Drei BHKW mit einer Gesamtleistung von 6 MW elektrisch wie thermisch und einer Erzeugungskapazität von je 21 Millionen kWh Strom und Wärme
  • Drei Luft-Wasser-Wärmepumpen als erneuerbare Wärmeerzeuger mit einer Gesamtleistung von 4,5 MW und einer Kapazität von 7,8 Millionen kWh Wärme
  • Eine Power-to-Heat-Anlage als elektrischer Wärmeerzeuger mit einer Leistung von 2 MW
Vor allem das System der eingesetzten Luft-Wasser-Wärmepumpen sei in Deutschland bislang einzigartig. Es sei zudem gar nicht so einfach gewesen, eine entsprechende Anlage zu organisieren. Die Wahl fiel schließlich auf drei Sabroe-Systeme des Herstellers Johnson Controls, die in Dänemark produziert werden. Der Anlagenbau wurde von Engie Deutschland umgesetzt. „Bundesweit sind wir die Ersten, die eine Anlage in dieser Dimension gebaut haben“, sagt Tobias Enders, Projektleiter bei den Stadtwerken Heidelberg. „Als Kältemittel dient Ammoniak, da es effizienter ist als zum Beispiel CO2.“

Die Blockheizkraftwerke stammen von Zeppelin Power Systems. Sie werden vor allem in den Wintermonaten von Mitte Oktober bis Mitte März betrieben und laufen künftig rund 3.500 Stunden im Jahr. Das gehe sich mit den Wärmepumpen auch gut aus, so Enders. Sie erzeugen insbesondere im Herbst und Frühjahr Wärme.
Auch ohne die iKWK kann die Fernwärmeversorgung im Sommer über ein Holzheizkraftwerk, eine Abfallverwertungsanlage und mehrere Biomethan-Blockheizkraftwerken gedeckt werden. Die iKWK ergänzt daher den Erzeugungspark des Versorgers optimal − im Winter deckt die KWK den Wärmebedarf mit ab, in der Übergangszeit machen dies die Wärmepumpen.

„Ab einer Temperatur von unter fünf Grad Celsius können die Wärmepumpen nicht mehr betrieben werden“, erklärt Enders, „sie würden uns einfrieren.“ Ab rund rund 15 Grad Celsius weisen die Wärmepumpen einen COP von 2,2 auf und seien dann gut einsetzbar für die Heidelberger Wärmeversorgung.

Bis die gesamte Anlage lief, war vor allem viel technische Detailarbeit gefragt − insbesondere bei den Luft-Wasser-Wärmepumpen und den dazugehörigen Ventilatoren. Jede Wärmepumpe wälzt pro Stunde etwa 500.000 Kubikmeter Luft um. Die Außenluft wird von 180 Turbinen (60 Stück pro Einheit) angesaugt und in den Luftkühler gedrückt. „Wir entnehmen der Außenluft Energie, kühlen diese um fünf Grad ab und führen sie einem Solesystem zu“, erklärt Enders. Der Solekreislauf ist an die Wärmepumpen angeschlossen. Über Wärmetauscher wird die Energie für das Fernwärmenetz bereitgestellt.

Damit die abgekühlte Luft nicht wieder angesaugt wird − und so die Effizienz der Anlage empfindlich stört −, haben die Stadtwerke Heidelberg gemeinsam mit dem Projektierer Enerko, dem Planungsbüro Simon und dem Institut für Industrieaerodynamik der FH Aachen das „Lufthaus“ entwickelt. In Heidelberg liegen nun zwölf Meter Höhenunterschied zwischen der Ansaugung und dem Luftaustritt am Kamin. Wobei die Ansaugung in 4,8 Metern Höhe stattfindet, der Luftaustritt am Kamin in rund 17 Metern Höhe. Der Durchmesser der Kamine beträgt um die vier Meter.

Das dritte Element ist eine Power-to-Heat-Anlage. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn zu viel Strom im Netz ist und produziert mit dem Überschussstrom Wärme, die für spätere Zeiten gespeichert wird. „Durch die intelligente Verschaltung der verschiedenen Wärmeerzeuger können iKWK-Anlagen flexibel auf Schwankungen im Stromnetz reagieren und zu seiner Stabilisierung beitragen.“ Die drei Anlagen sind einzeln anfahrbar, werden aber gemeinsam geregelt und gesteuert. Damit können die einzelnen Anlagenkomponenten flexibler und passgenauer für den Regelenergiemarkt eingesetzt werden.

Die iKWK-Anlage im Energiepark ist damit ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. In die gesamte innovative KWK-Anlage investieren die Stadtwerke Heidelberg rund 20 Millionen Euro. 

Die Anlage auf einen Blick

Betreiber: Stadtwerke Heidelberg
Anlage: Drei BHKW des Herstellers Zeppelin Power Systems mit je 2 MW elektrischer und 2 MW thermischer Leistung, drei Johnson-Controls-Wärmepumpen mit je 1,5 MW Nennleistung sowie eine Power-to-Heat-Anlage mit 2 MW
Besonderheit: Das System der eingesetzten Luft-Wasser-Wärmepumpen mitsamt der Abluftkanäle
Ansprechpartner: Tobias Enders, tobias.enders@swhd.de, Stadtwerke Heidelberg
 
 
In einer neuen Halle im Energiepark Pfaffengrund ist die iKWK-Anlage der Stadtwerke Heidelberg installiert worden
Quelle: Christian Buck Fotografie
 
Der Energiepark Pfaffengrund mit dem Wärmespeicher
Quelle: Christian Buck Fotografie

Donnerstag, 11.04.2024, 09:40 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > BHKW Des Monats - Heidelberg setzt mit iKWK-Anlage neue Maßstäbe
Quelle: Shutterstock, saicle / E&M
BHKW Des Monats
Heidelberg setzt mit iKWK-Anlage neue Maßstäbe
Die Stadtwerke Heidelberg haben ein innovatives KWK-System mit einer bislang einzigartigen Luft-Wasser-Wärmepumpe erfolgreich in Betrieb genommen.
 
Die Ventilatoren der iKWK-Anlage in Heidelberg
Quelle: Dittmer-Fotografie

Eigentlich sind es drei Anlagen: Die Stadtwerke Heidelberg haben in den vergangenen Monaten drei innovative KWK-Anlagen im Energiepark Pfaffengrund im Nordwesten der baden-württembergischen Stadt installiert. Zwei laufen bereits im Normalbetrieb, die dritte folgt Mitte des Jahres. Für die gesamte Anlage wurde eine neue Halle errichtet. „Die drei Anlagen sind einzeln fahrbar“, erklärt Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie, im Gespräch mit E&M. Das reduziere Start und Stopps, ohne dass Abstriche an der Flexibilität gemacht werden müssten.

Die Stadt Heidelberg strebt Klimaneutralität an, wobei die Wärmeversorgung eine zentrale Rolle einnimmt. Bereits seit 2011 erweitern die Stadtwerke ihr Angebot an grüner Fernwärme: Heute stammen 50 Prozent der gelieferten Fernwärme aus erneuerbaren Quellen, darunter ein Holzheizkraftwerk und Biomethan-Blockheizkraftwerke. Ein wichtiger neuer Baustein ist nun auch die iKWK-Anlage im Energiepark.

Eine Besonderheit der iKWK-Anlage stellt dabei eine dreiteilige Luft-Wasser-Wärmepumpe dar. Bei der innovativen KWK werden ein oder mehrere BHKW mit einer Erneuerbaren-Wärmequelle und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. In Heidelberg kommen folgende Komponenten zum Einsatz:
  • Drei BHKW mit einer Gesamtleistung von 6 MW elektrisch wie thermisch und einer Erzeugungskapazität von je 21 Millionen kWh Strom und Wärme
  • Drei Luft-Wasser-Wärmepumpen als erneuerbare Wärmeerzeuger mit einer Gesamtleistung von 4,5 MW und einer Kapazität von 7,8 Millionen kWh Wärme
  • Eine Power-to-Heat-Anlage als elektrischer Wärmeerzeuger mit einer Leistung von 2 MW
Vor allem das System der eingesetzten Luft-Wasser-Wärmepumpen sei in Deutschland bislang einzigartig. Es sei zudem gar nicht so einfach gewesen, eine entsprechende Anlage zu organisieren. Die Wahl fiel schließlich auf drei Sabroe-Systeme des Herstellers Johnson Controls, die in Dänemark produziert werden. Der Anlagenbau wurde von Engie Deutschland umgesetzt. „Bundesweit sind wir die Ersten, die eine Anlage in dieser Dimension gebaut haben“, sagt Tobias Enders, Projektleiter bei den Stadtwerken Heidelberg. „Als Kältemittel dient Ammoniak, da es effizienter ist als zum Beispiel CO2.“

Die Blockheizkraftwerke stammen von Zeppelin Power Systems. Sie werden vor allem in den Wintermonaten von Mitte Oktober bis Mitte März betrieben und laufen künftig rund 3.500 Stunden im Jahr. Das gehe sich mit den Wärmepumpen auch gut aus, so Enders. Sie erzeugen insbesondere im Herbst und Frühjahr Wärme.
Auch ohne die iKWK kann die Fernwärmeversorgung im Sommer über ein Holzheizkraftwerk, eine Abfallverwertungsanlage und mehrere Biomethan-Blockheizkraftwerken gedeckt werden. Die iKWK ergänzt daher den Erzeugungspark des Versorgers optimal − im Winter deckt die KWK den Wärmebedarf mit ab, in der Übergangszeit machen dies die Wärmepumpen.

„Ab einer Temperatur von unter fünf Grad Celsius können die Wärmepumpen nicht mehr betrieben werden“, erklärt Enders, „sie würden uns einfrieren.“ Ab rund rund 15 Grad Celsius weisen die Wärmepumpen einen COP von 2,2 auf und seien dann gut einsetzbar für die Heidelberger Wärmeversorgung.

Bis die gesamte Anlage lief, war vor allem viel technische Detailarbeit gefragt − insbesondere bei den Luft-Wasser-Wärmepumpen und den dazugehörigen Ventilatoren. Jede Wärmepumpe wälzt pro Stunde etwa 500.000 Kubikmeter Luft um. Die Außenluft wird von 180 Turbinen (60 Stück pro Einheit) angesaugt und in den Luftkühler gedrückt. „Wir entnehmen der Außenluft Energie, kühlen diese um fünf Grad ab und führen sie einem Solesystem zu“, erklärt Enders. Der Solekreislauf ist an die Wärmepumpen angeschlossen. Über Wärmetauscher wird die Energie für das Fernwärmenetz bereitgestellt.

Damit die abgekühlte Luft nicht wieder angesaugt wird − und so die Effizienz der Anlage empfindlich stört −, haben die Stadtwerke Heidelberg gemeinsam mit dem Projektierer Enerko, dem Planungsbüro Simon und dem Institut für Industrieaerodynamik der FH Aachen das „Lufthaus“ entwickelt. In Heidelberg liegen nun zwölf Meter Höhenunterschied zwischen der Ansaugung und dem Luftaustritt am Kamin. Wobei die Ansaugung in 4,8 Metern Höhe stattfindet, der Luftaustritt am Kamin in rund 17 Metern Höhe. Der Durchmesser der Kamine beträgt um die vier Meter.

Das dritte Element ist eine Power-to-Heat-Anlage. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn zu viel Strom im Netz ist und produziert mit dem Überschussstrom Wärme, die für spätere Zeiten gespeichert wird. „Durch die intelligente Verschaltung der verschiedenen Wärmeerzeuger können iKWK-Anlagen flexibel auf Schwankungen im Stromnetz reagieren und zu seiner Stabilisierung beitragen.“ Die drei Anlagen sind einzeln anfahrbar, werden aber gemeinsam geregelt und gesteuert. Damit können die einzelnen Anlagenkomponenten flexibler und passgenauer für den Regelenergiemarkt eingesetzt werden.

Die iKWK-Anlage im Energiepark ist damit ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. In die gesamte innovative KWK-Anlage investieren die Stadtwerke Heidelberg rund 20 Millionen Euro. 

Die Anlage auf einen Blick

Betreiber: Stadtwerke Heidelberg
Anlage: Drei BHKW des Herstellers Zeppelin Power Systems mit je 2 MW elektrischer und 2 MW thermischer Leistung, drei Johnson-Controls-Wärmepumpen mit je 1,5 MW Nennleistung sowie eine Power-to-Heat-Anlage mit 2 MW
Besonderheit: Das System der eingesetzten Luft-Wasser-Wärmepumpen mitsamt der Abluftkanäle
Ansprechpartner: Tobias Enders, tobias.enders@swhd.de, Stadtwerke Heidelberg
 
 
In einer neuen Halle im Energiepark Pfaffengrund ist die iKWK-Anlage der Stadtwerke Heidelberg installiert worden
Quelle: Christian Buck Fotografie
 
Der Energiepark Pfaffengrund mit dem Wärmespeicher
Quelle: Christian Buck Fotografie

Donnerstag, 11.04.2024, 09:40 Uhr
Heidi Roider

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.