Sicher wäre es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) runtergelaufen wie Öl, hätte er während der Handelsblatt Jahrestagung Gas in Berlin die Diskussion um die Speicherung von CO2 und sein Zutun zum Gesetzentwurf einer Carbon-Management-Strategie verfolgt. Habeck habe im vergangenen Jahr das Thema „CCS aus dem Dornröschenschlaf geküsst“, in dem es hierzulande mehr als ein Jahrzehnt gelegen habe, kommentierte Friedbert Pflüger, Gründer und Geschäftsführer des „Clean Energy Forum“. „Und das ist klasse.“ Der Gesetzentwurf sei gut, aber er müsse auch umgesetzt werden. Hier gebe es aber noch „viel Gegenwind“, man sei also noch lang nicht am Ziel. „Und selbst wenn er durch den Bundestag durch ist, haben wir die Infrastruktur noch nicht“, sagte Pflüger auf der Handelsblatt-Jahrestagung Gas.
Anerkennende Worte kamen auch von Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG). „Habeck hat meine volle Hochachtung, dass er das Thema in die Hand genommen hat.“ Noch vor zwei Jahren, so Möhring weiter, habe er es nicht für möglich gehalten, dass nun wieder über eine CO2-Strategie geredet werde. Doch Skepsis spielt bei ihm mit. „Ich bin nicht überzeugt, dass das, was jetzt an Entwurf vorliegt, am Ende auch zu einer erfolgreichen Umsetzung führen wird.“
Sorgen bereiteten etwa ein möglicherweise zu kleiner Kreis von am CO2-Netz angeschlossenen Unternehmen sowie bis dato noch fehlende tragfähige Ideen, wer die notwendigen Pipelineinvestitionen tragen solle, kritisch auch, dass bei dem zu schaffenden Netz nicht von einem überragenden öffentlichen Interesse die Rede sei. „160 Millionen Tonnen CO2 werden der Industrie zugeschrieben – wir müssen etwas tun, und das auch kostengünstig“, unterstrich der Verbandschef.
Niedrigere Kosten für Onshore-Speicherung
Eine Speicherung des Kohlendioxids an geeigneten Standorten allein auf hoher See, wie der jetzige Kabinettsentwurf grundsätzlich vorsieht, hält Möhring für zu kurz gegriffen. „Das ist volkswirtschaftlich was Suboptimales.“ Die Kosten für eine Onshore-Speicherung wären deutlich niedriger. „Diese Frage ignorieren wir schlicht. Da ist die Regierung wieder sofort abgebogen.“
Doch ganz so starr ist der Kabinettsentwurf nicht. Er sieht auch vor, dass Bundesländer selbst entscheiden und für ihr jeweiliges Gebiet eine Speicherung erlauben dürfen („Opt-in“). Für den Aufbau einer Pipeline-Infrastruktur ist das aus heutiger Sicht aber eine weitere Unbekannte. „Wer eine Pipeline plant, der muss wissen, welche Größe er braucht. Und diese Planung muss eigentlich heute erfolgen.“
„Dass die Opt-in-Möglichkeit überhaupt vorgesehen ist, ist gut“, betonte Pflüger. „Wenn man also CCS in den Ländern verpressen könnte, statt es über Bahn, Schiff, Pipeline zu transportieren, dann würden wir dramatisch viel Geld einsparen.“ Pflüger sieht darin auch eine Antriebsfeder, die Druck auf die Landesregierungen ausüben dürfte. „Überall, wo es größere Industrie gibt, wird der Druck da sein. Wir werden Opt-in-Fälle in relativ kurzer Zeit erleben“, prophezeit er. „Wir stehen in einem Paradigmenwechsel.“
Zementhersteller: „Einer muss den Weg austrampeln“
Dass mittlerweile auch Pionierarbeit vorzuweisen ist, darauf ging Carolin Boßmeyer, Leiterin des Berliner Verbindungsbüros von Heidelberg Materials, ein. Das Unternehmen ist ihren Angaben zufolge einer der größten Zementhersteller der Welt mit rund 3.000 Standorten. Für das Werk Geseke in Nordrhein-Westfalen plant das Unternehmen den Aufbau einer gesamten CCS-Wertschöpfungskette, um dort ab 2029 jährlich 700.000 Tonnen CO2 abzuscheiden
„Einer muss den Weg austrampeln“, sagte Boßmeyer, finale Entscheidungen würden Ende nächsten Jahres fallen. „Jetzt bauen wir darauf, dass das Parlament nicht mehr zuckt, sondern handelt und den Weg frei macht für den CO2-Export.“ Auch seien noch Lösungen für die Finanzierung der Infrastruktur zu erarbeiten. Die beste Lösung sieht sie in einer Pipeline. In Geseke könne damit aber nicht vor 2030 gerechnet werden. Derzeit bemühe man sich um ein Konzept mit der Bahn.
In welcher Größenordnung die CCS-Abscheidung und -Speicherung schließlich den Sack Zement teurer machen wird, dazu gebe es noch keine belastbaren Aussagen, so Boßmeyer. „Wir werden schon ein grünes Premium dafür brauchen. Aber wir machen das Ganze schließlich nicht, weil wir glauben, mit dem grauen Produkt durchzukommen.“
An der Westküste Norwegens
Gespeichert werden soll das CO2 aus der Geseker Zementherstellung im gerade fertiggestellten Gemeinschaftsprojekt Northern Lights in Norwegen, an dem Shell, Equinor und Total Energies beteiligt sind. „Die erste offene Plattform, um Emissionen aus Europa per Schiff an die Westküste Norwegens zu bringen und dort in 2.500 Meter Tiefe zu lagern“, wie Nina Scholz, Country Manager Germany bei Equinor, unterstrich.
Es sei geplant, eine Pipeline von Kontinentaleuropa zu errichten, das verringere die Kosten gegenüber einem Schiffstransport um die Hälfte – Speicherlizenzen seien ausreichend vorhanden. Am weitesten fortgeschritten, so Scholz, sind die Verhandlungen über Exportpunkte mit Belgien gediehen. Für Deutschland schaue man sich gerade Wilhelmshaven an. „Also andere Länder sind uns in den politischen Rahmenbedingungen schon voraus.“
Sicher wäre es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) runtergelaufen wie Öl, hätte er während der Handelsblatt Jahrestagung Gas in Berlin die Diskussion um die Speicherung von CO2 und sein Zutun zum Gesetzentwurf einer Carbon-Management-Strategie verfolgt. Habeck habe im vergangenen Jahr das Thema „CCS aus dem Dornröschenschlaf geküsst“, in dem es hierzulande mehr als ein Jahrzehnt gelegen habe, kommentierte Friedbert Pflüger, Gründer und Geschäftsführer des „Clean Energy Forum“. „Und das ist klasse.“ Der Gesetzentwurf sei gut, aber er müsse auch umgesetzt werden. Hier gebe es aber noch „viel Gegenwind“, man sei also noch lang nicht am Ziel. „Und selbst wenn er durch den Bundestag durch ist, haben wir die Infrastruktur noch nicht“, sagte Pflüger auf der Handelsblatt-Jahrestagung Gas.
Anerkennende Worte kamen auch von Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG). „Habeck hat meine volle Hochachtung, dass er das Thema in die Hand genommen hat.“ Noch vor zwei Jahren, so Möhring weiter, habe er es nicht für möglich gehalten, dass nun wieder über eine CO2-Strategie geredet werde. Doch Skepsis spielt bei ihm mit. „Ich bin nicht überzeugt, dass das, was jetzt an Entwurf vorliegt, am Ende auch zu einer erfolgreichen Umsetzung führen wird.“
Sorgen bereiteten etwa ein möglicherweise zu kleiner Kreis von am CO2-Netz angeschlossenen Unternehmen sowie bis dato noch fehlende tragfähige Ideen, wer die notwendigen Pipelineinvestitionen tragen solle, kritisch auch, dass bei dem zu schaffenden Netz nicht von einem überragenden öffentlichen Interesse die Rede sei. „160 Millionen Tonnen CO2 werden der Industrie zugeschrieben – wir müssen etwas tun, und das auch kostengünstig“, unterstrich der Verbandschef.
Niedrigere Kosten für Onshore-Speicherung
Eine Speicherung des Kohlendioxids an geeigneten Standorten allein auf hoher See, wie der jetzige Kabinettsentwurf grundsätzlich vorsieht, hält Möhring für zu kurz gegriffen. „Das ist volkswirtschaftlich was Suboptimales.“ Die Kosten für eine Onshore-Speicherung wären deutlich niedriger. „Diese Frage ignorieren wir schlicht. Da ist die Regierung wieder sofort abgebogen.“
Doch ganz so starr ist der Kabinettsentwurf nicht. Er sieht auch vor, dass Bundesländer selbst entscheiden und für ihr jeweiliges Gebiet eine Speicherung erlauben dürfen („Opt-in“). Für den Aufbau einer Pipeline-Infrastruktur ist das aus heutiger Sicht aber eine weitere Unbekannte. „Wer eine Pipeline plant, der muss wissen, welche Größe er braucht. Und diese Planung muss eigentlich heute erfolgen.“
„Dass die Opt-in-Möglichkeit überhaupt vorgesehen ist, ist gut“, betonte Pflüger. „Wenn man also CCS in den Ländern verpressen könnte, statt es über Bahn, Schiff, Pipeline zu transportieren, dann würden wir dramatisch viel Geld einsparen.“ Pflüger sieht darin auch eine Antriebsfeder, die Druck auf die Landesregierungen ausüben dürfte. „Überall, wo es größere Industrie gibt, wird der Druck da sein. Wir werden Opt-in-Fälle in relativ kurzer Zeit erleben“, prophezeit er. „Wir stehen in einem Paradigmenwechsel.“
Zementhersteller: „Einer muss den Weg austrampeln“
Dass mittlerweile auch Pionierarbeit vorzuweisen ist, darauf ging Carolin Boßmeyer, Leiterin des Berliner Verbindungsbüros von Heidelberg Materials, ein. Das Unternehmen ist ihren Angaben zufolge einer der größten Zementhersteller der Welt mit rund 3.000 Standorten. Für das Werk Geseke in Nordrhein-Westfalen plant das Unternehmen den Aufbau einer gesamten CCS-Wertschöpfungskette, um dort ab 2029 jährlich 700.000 Tonnen CO2 abzuscheiden
„Einer muss den Weg austrampeln“, sagte Boßmeyer, finale Entscheidungen würden Ende nächsten Jahres fallen. „Jetzt bauen wir darauf, dass das Parlament nicht mehr zuckt, sondern handelt und den Weg frei macht für den CO2-Export.“ Auch seien noch Lösungen für die Finanzierung der Infrastruktur zu erarbeiten. Die beste Lösung sieht sie in einer Pipeline. In Geseke könne damit aber nicht vor 2030 gerechnet werden. Derzeit bemühe man sich um ein Konzept mit der Bahn.
In welcher Größenordnung die CCS-Abscheidung und -Speicherung schließlich den Sack Zement teurer machen wird, dazu gebe es noch keine belastbaren Aussagen, so Boßmeyer. „Wir werden schon ein grünes Premium dafür brauchen. Aber wir machen das Ganze schließlich nicht, weil wir glauben, mit dem grauen Produkt durchzukommen.“
An der Westküste Norwegens
Gespeichert werden soll das CO2 aus der Geseker Zementherstellung im gerade fertiggestellten Gemeinschaftsprojekt Northern Lights in Norwegen, an dem Shell, Equinor und Total Energies beteiligt sind. „Die erste offene Plattform, um Emissionen aus Europa per Schiff an die Westküste Norwegens zu bringen und dort in 2.500 Meter Tiefe zu lagern“, wie Nina Scholz, Country Manager Germany bei Equinor, unterstrich.
Es sei geplant, eine Pipeline von Kontinentaleuropa zu errichten, das verringere die Kosten gegenüber einem Schiffstransport um die Hälfte – Speicherlizenzen seien ausreichend vorhanden. Am weitesten fortgeschritten, so Scholz, sind die Verhandlungen über Exportpunkte mit Belgien gediehen. Für Deutschland schaue man sich gerade Wilhelmshaven an. „Also andere Länder sind uns in den politischen Rahmenbedingungen schon voraus.“