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In PPA müssen Erneuerbaren-Anlagenbetreiber mit hohen Abschlägen gegenüber dem Börsenstrompreis rechnen. Das ist normales Marktgeschehen, erklärte ein Enervis-Fachmann.
Der Strompreis, den ein Erneuerbaren-Direktvermarkter oder ein anderer Abnehmer an den Wind- oder Solaranlagenbetreiber in einem Power Purchase Agreement (PPA) zahlt, beträgt aber regelmäßig nur zwischen 75 % und 90 % des aktuellen Börsenpreises. Warum das so ist und wie sich die Vertragspartner gegen Risiken absichern, das erklärte Eckhard Kuhnhenne-Krausmann, Geschäftsführer beim Analysehaus Enervis, am 10. August in einem Webinar des Bundesverbands Windenergie (BWE).
PPA sind langfristige anlagen- oder parkscharfe Grünstromlieferverträge, die zwischen zwei und 15 Jahren laufen, so das kürzlich veröffentlichte dritte PPA-Barometer von E&M und Enervis. In Deutschland sind sie erst im Kommen, da es für sie bei staatlich geförderten Anlagen - mit Ausnahme der Innovationsausschreibungen - keine Notwendigkeit gab. Aber seit 2021 fällt massenhaft Windkraft aus der EEG-Förderung. In diesem Jahr sind es laut BWE 3600 MW (alles onshore). Und auch bei neuen Photovoltaikfreiflächenanlagen wird ein PPA zusätzlich zur fixen EEG-Marktprämie in der Innovationsausschreibung ein gängiger Bestandteil des Erlösmodells.
Bezugsgröße: Stromfutures
Die wichtigste Größe eines PPA ist: Welchen Strompreis zahlt der Offtaker, der Abnehmer, dem Anlagenbetreiber? Der Bezugswert ist normalerweise der Börsenstrompreis, erläuterte Kuhnhenne-Krausmann, also der mit öffentlichem Glauben belegte Marktwert von Strom aus welcher Erzeugungsart auch immer. Und zwar werden in Deutschland gewichtet die Jahresfutures der Börse EEX herangezogen, da es sich um einen langfristigen Liefervertrag handelt. Diese reichen bis zu sechs Jahre in die Zukunft.
Bis zu einem Viertel weniger für Wind
Von dem Future-Preismix muss der Betreiber eines Windparks an Land zunächst technologiespezifisch 20 bis 25 % abziehen. Warum? Dies spiegelt den tatsächlich erzielbaren Börsenstrompreis im Bundesdurchschnitt aller Onshore-Anlagen wider, und der ist naturgemäß niedriger. Kuhnhenne-Krausmann sprach hier von einem "signifikanten Kannibalisierungseffekt". Denn zu windstarken Zeiten, wenn die Windräder in Richtung Volllast gehen und mehr Strom einspeisen, gehen aufgrund des hohen Stromangebots die kurzfristigen Strompreise, der Spot, in den Keller.
Der nächste Abzug ist der Profilwert für eine konkrete Bauart an einem konkreten Standort. Er kann 10 % betragen. Am Beispiel ein und derselben Bauart an Standorten in Schleswig-Holstein und Sachsen im Enervis-Bewertungstool zeigte Kuhnhenne-Krausmann bereits 4 Euro pro MWh Unterschied auf, der aus standortspezifischen Windstärken resultiert. Das Wetterrisiko betrug im Norden zudem 1,80 Euro, in Sachsen 2,60 Euro pro MWh. "Die Risikoprofilierung nimmt ausgehend von Künstenstandorten in Richtung Süden zu", erklärte der Enervis-Geschäftsführer. "Ausnahmen bilden eher atypische Standorte in Mittelgebirgslagen."
Abzug für die fernere Zukunft
Zusätzlich sinkt der Profilwert für die künftigen Erzeugungszeiträume immer weiter ab, obwohl die Anlage dann womöglich genauso viel oder mehr Strom produziert. Der Abschlag ist individuell unterschiedlich. Dies erklärte Kuhnhenne-Krausmann damit, dass die Zubauanlagen mit ihrer höheren Windausbeute den durchschnittlichen Marktwert von Wind onshore nach oben treiben, was die Ausbeute der vermarkteten Altanlage stetig schlechter aussehen lässt. In einem Beispiel mit einer Enercon E66 steigt der von Enervis prognostizierte Profilwert bis 2023 und sinkt dann kontinuierlich bis zum Ende des Prognosezeitraums 2030.
Selbst ob die Anlage bei Negativpreisen abgeregelt werden kann oder nicht, spielt eine gewaltige Rolle. In einem Projektbeispiel von 2020, das Kuhnhenne-Krausmann zeigte, lag der Profilwert einer abgeregelten Anlage um bis zu 14 % höher. Betreiber von Anlagen, die während mindestens vier Stunden negativer Strompreise weiterlaufen, verlieren den Marktwert ("anzulegender Wert") als Einnahmeposition für jene Zeiträume komplett - ein Risiko, das sich einpreisen lässt.
Abzug für Grünstromqualität
Wenn dann noch aus dem grauen PPA ein grünes PPA werden soll, müssen Herkunftsnachweise (HKN) her, für die der Abnehmer des PPA-Stroms zwar bereit ist, zu zahlen, deren Kosten sich aber ebenfalls als Abzug im PPA-Strompreis widerspiegeln. die der Direktvermarkter ebenfalls dem Betreiber abzieht. "In der Regel werden die Preise für europäische Herkunftsnachweise von um 0,5 bis 0,7 Euro pro Megawattstunde akzeptiert", sagte Kuhnhenne-Krausmann, "aber wir haben teilweise auch zwei Euro und darüber gesehen." Hintergrund: Nichtdeutsche, vor allem norwegische HKN sind wegen des ungleich höheren Angebots günstiger als deutsche.
Fazit des Enervis-Experten: "Berechnen Sie den Marktwert projektscharf!"
Dienstag, 10.08.2021, 16:29 Uhr
Georg Eble
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