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Energie & Management > F&E - Ammoniak-Synthese im lastflexibleren Reaktor
Quelle: Shutterstock
F&E

Ammoniak-Synthese im lastflexibleren Reaktor

Forscher arbeiten mit Linde Engineering an einem Reaktor für die Produktion von grünem Ammoniak. Mit diesem wollen sie das Speichern grüner Energie in H2-Derivaten günstiger machen.
In der Fachzeitschrift Chemical Engineering Journal haben Wissenschaftler aus dem Forschungszentrum Jülich, der Technischen Universität München und der Linde Engineering jetzt einen neuen Ansatz beschrieben. Mit dessen Hilfe sollen, wie sie schreiben, die Kosten für das Speichern von grünem Strom in Wasserstoffderivaten sinken.

Im Blick hat die Forschergruppe dabei zunächst die Ammoniak-Synthese. Ammoniak ist eine Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff und birgt als Energiespeicher den Forschern zufolge im Vergleich zu reinem Wasserstoff einen großen Vorteil: Es hat eine deutlich höhere Energiedichte, was die Lagerung und den Transport aufgrund des geringeren Volumens deutlich vereinfacht. Wasserstoff in seiner Reinform, der mit 300 bar Druck komprimiert wird, enthält bei einem Volumen von 1 Kubikmeter rund 700 kWh Energie. Bei Ammoniak beinhaltet 1 Kubikmeter bei einer Komprimierung von 20 bar 3.000 kWh. 

Synthese bislang an konstante Versorgung gekoppelt

Um den Vorteil des Ammoniaks in einem klimafreundlichen Energiesystem der Zukunft nutzen zu können, muss laut den Wissenschaftlern ein Nadelöhr überwunden werden: So sei die Ammoniak-Synthese darauf angewiesen, konstant mit Stickstoff und Wasserstoff versorgt zu werden. Stickstoff kann jederzeit aus der Luft gewonnen werden. Wasserstoff muss dem Prozess zugeführt werden. Das wird zur Herausforderung, wenn Ammoniak künftig mit grünem Wasserstoff hergestellt werden soll. Dieser stammt aus der Elektrolyse und liegt nur dann vor, wenn er mit grünem Strom produziert wird. Grüner Strom aus Sonnen- und Windkraft steht jedoch nicht gleichbleibend zur Verfügung − im Gegensatz zu Erdgas, mit dessen Hilfe grauer Wasserstoff gewonnen wird, der bisher bei der Ammoniak-Synthese zum Einsatz kommt. 

Die Forschergruppe aus Jülich und München arbeitet daran, die Ammoniak-Synthese mithilfe eines neuen Reaktorkonzepts besser an die schwankende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff anzupassen. Damit will sie verhindern, dass in einem grünen Energiesystem der Zukunft zusätzliche große Speicher in den Prozess eingebunden werden müssen. 
 
Unterschied zwischen einer Ammoniak-Synthese mit großem Pufferspeicher (oben) und einer Ammoniak-Synthese mit lastflexiblerem Reaktor (unten)
Zur Vergrößerung bitte auf die Grafik klicken
Quelle: Forschungszentrum Jülich/Reisen

„Pufferspeicher-Lösungen, die die geringe Lastflexibilität der aktuell eingesetzten Synthese-Anlagen ausgleichen können, sind mitunter problematisch für die Wirtschaftlichkeit der Ammoniak-Synthese“, erklärt Prof. Andreas Peschel vom Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Speicher kleiner und günstiger werden.“ 

Heutige Anlagen sind aufgrund der Versorgung mit grauem Wasserstoff auf eine konstant hohe Auslastung ausgelegt. Bei einer geringeren Auslastung von unter 50 Prozent müssten sie heruntergefahren werden. Das anschließende Hochfahren der Ammoniak-Synthese dauert mehrere Tage. Mit dem heutigen Design sind die Anlagen also nur eingeschränkt mit grüner Energie kompatibel. 

Reaktor mit einer größeren Wärmetauschfläche

Das Ziel der Forschergruppe ist eine Funktionalität der Ammoniak-Synthese schon ab einer Mindestauslastung von 10 Prozent. „Wenn das gelingt, dann bedeutet das in Relation zu einer Mindestauslastung von 50 Prozent, dass der vorgeschaltete Wasserstoff-Pufferspeicher nur noch ein Fünftel der Größe haben muss. Das bedeutet für die Zukunft einen großen wirtschaftlichen und logistischen Vorteil“, sagt Peschel. Um das Ziel zu erreichen, will die Forschergruppe einen Reaktor mit einer größeren Wärmetauschfläche nutzen. So kann die für die Ammoniak-Synthese notwendige Wärme von etwa 350 Grad Celcius effizienter gewonnen werden und steht im Gegensatz zu heute betriebenen Anlagen auch bei geringerer Auslastung des Systems zur Verfügung. 

Am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft in Jülich bauen und betreiben Peschel und sein Forscherteam in den kommenden zwei Jahren eine Versuchsanlage für den Reaktor, der die Lastflexibilität erhöht. „Die Technik dafür ist schon recht weit erforscht, sodass wir uns aus dem Betrieb weitere Erkenntnisse erhoffen, um mit der Technologie schnell in die Anwendung zu kommen.“ So gebe es bereits Pläne für eine Weiterentwicklung des aktuell geplanten. Die Jülicher Wasserstoffforscher planen zudem, auch für Wasserstoffderivate wie Methanol und Methan neuartige Reaktoren und Prozesskonzepte zu entwerfen, um den Energiespeicherprozess günstiger zu gestalten. 

Die Forscher sind von dem großen Nutzen einer grünen Ammoniak-Synthese für die Zukunft überzeugt. „Ammoniak ist nicht nur als Speicherlösung für Wasserstoff hochinteressant“, sagt Peschel. „Es wird schon lange in großen Mengen als Grundstoff für die Herstellung von Düngemitteln eingesetzt und ist damit eine der am meisten genutzten Chemikalien weltweit. Wenn es uns gelingt, die Ammoniak-Produktion auf grünen Wasserstoff umzustellen, dann kann das weltweit eine Hebelwirkung im Kampf gegen die Klimaerwärmung haben.“

Dienstag, 9.04.2024, 09:10 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > F&E - Ammoniak-Synthese im lastflexibleren Reaktor
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Ammoniak-Synthese im lastflexibleren Reaktor
Forscher arbeiten mit Linde Engineering an einem Reaktor für die Produktion von grünem Ammoniak. Mit diesem wollen sie das Speichern grüner Energie in H2-Derivaten günstiger machen.
In der Fachzeitschrift Chemical Engineering Journal haben Wissenschaftler aus dem Forschungszentrum Jülich, der Technischen Universität München und der Linde Engineering jetzt einen neuen Ansatz beschrieben. Mit dessen Hilfe sollen, wie sie schreiben, die Kosten für das Speichern von grünem Strom in Wasserstoffderivaten sinken.

Im Blick hat die Forschergruppe dabei zunächst die Ammoniak-Synthese. Ammoniak ist eine Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff und birgt als Energiespeicher den Forschern zufolge im Vergleich zu reinem Wasserstoff einen großen Vorteil: Es hat eine deutlich höhere Energiedichte, was die Lagerung und den Transport aufgrund des geringeren Volumens deutlich vereinfacht. Wasserstoff in seiner Reinform, der mit 300 bar Druck komprimiert wird, enthält bei einem Volumen von 1 Kubikmeter rund 700 kWh Energie. Bei Ammoniak beinhaltet 1 Kubikmeter bei einer Komprimierung von 20 bar 3.000 kWh. 

Synthese bislang an konstante Versorgung gekoppelt

Um den Vorteil des Ammoniaks in einem klimafreundlichen Energiesystem der Zukunft nutzen zu können, muss laut den Wissenschaftlern ein Nadelöhr überwunden werden: So sei die Ammoniak-Synthese darauf angewiesen, konstant mit Stickstoff und Wasserstoff versorgt zu werden. Stickstoff kann jederzeit aus der Luft gewonnen werden. Wasserstoff muss dem Prozess zugeführt werden. Das wird zur Herausforderung, wenn Ammoniak künftig mit grünem Wasserstoff hergestellt werden soll. Dieser stammt aus der Elektrolyse und liegt nur dann vor, wenn er mit grünem Strom produziert wird. Grüner Strom aus Sonnen- und Windkraft steht jedoch nicht gleichbleibend zur Verfügung − im Gegensatz zu Erdgas, mit dessen Hilfe grauer Wasserstoff gewonnen wird, der bisher bei der Ammoniak-Synthese zum Einsatz kommt. 

Die Forschergruppe aus Jülich und München arbeitet daran, die Ammoniak-Synthese mithilfe eines neuen Reaktorkonzepts besser an die schwankende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff anzupassen. Damit will sie verhindern, dass in einem grünen Energiesystem der Zukunft zusätzliche große Speicher in den Prozess eingebunden werden müssen. 
 
Unterschied zwischen einer Ammoniak-Synthese mit großem Pufferspeicher (oben) und einer Ammoniak-Synthese mit lastflexiblerem Reaktor (unten)
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Quelle: Forschungszentrum Jülich/Reisen

„Pufferspeicher-Lösungen, die die geringe Lastflexibilität der aktuell eingesetzten Synthese-Anlagen ausgleichen können, sind mitunter problematisch für die Wirtschaftlichkeit der Ammoniak-Synthese“, erklärt Prof. Andreas Peschel vom Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Speicher kleiner und günstiger werden.“ 

Heutige Anlagen sind aufgrund der Versorgung mit grauem Wasserstoff auf eine konstant hohe Auslastung ausgelegt. Bei einer geringeren Auslastung von unter 50 Prozent müssten sie heruntergefahren werden. Das anschließende Hochfahren der Ammoniak-Synthese dauert mehrere Tage. Mit dem heutigen Design sind die Anlagen also nur eingeschränkt mit grüner Energie kompatibel. 

Reaktor mit einer größeren Wärmetauschfläche

Das Ziel der Forschergruppe ist eine Funktionalität der Ammoniak-Synthese schon ab einer Mindestauslastung von 10 Prozent. „Wenn das gelingt, dann bedeutet das in Relation zu einer Mindestauslastung von 50 Prozent, dass der vorgeschaltete Wasserstoff-Pufferspeicher nur noch ein Fünftel der Größe haben muss. Das bedeutet für die Zukunft einen großen wirtschaftlichen und logistischen Vorteil“, sagt Peschel. Um das Ziel zu erreichen, will die Forschergruppe einen Reaktor mit einer größeren Wärmetauschfläche nutzen. So kann die für die Ammoniak-Synthese notwendige Wärme von etwa 350 Grad Celcius effizienter gewonnen werden und steht im Gegensatz zu heute betriebenen Anlagen auch bei geringerer Auslastung des Systems zur Verfügung. 

Am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft in Jülich bauen und betreiben Peschel und sein Forscherteam in den kommenden zwei Jahren eine Versuchsanlage für den Reaktor, der die Lastflexibilität erhöht. „Die Technik dafür ist schon recht weit erforscht, sodass wir uns aus dem Betrieb weitere Erkenntnisse erhoffen, um mit der Technologie schnell in die Anwendung zu kommen.“ So gebe es bereits Pläne für eine Weiterentwicklung des aktuell geplanten. Die Jülicher Wasserstoffforscher planen zudem, auch für Wasserstoffderivate wie Methanol und Methan neuartige Reaktoren und Prozesskonzepte zu entwerfen, um den Energiespeicherprozess günstiger zu gestalten. 

Die Forscher sind von dem großen Nutzen einer grünen Ammoniak-Synthese für die Zukunft überzeugt. „Ammoniak ist nicht nur als Speicherlösung für Wasserstoff hochinteressant“, sagt Peschel. „Es wird schon lange in großen Mengen als Grundstoff für die Herstellung von Düngemitteln eingesetzt und ist damit eine der am meisten genutzten Chemikalien weltweit. Wenn es uns gelingt, die Ammoniak-Produktion auf grünen Wasserstoff umzustellen, dann kann das weltweit eine Hebelwirkung im Kampf gegen die Klimaerwärmung haben.“

Dienstag, 9.04.2024, 09:10 Uhr
Davina Spohn

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