Gaskraftwerk Hamm. Quelle: Trianel
Nachdem die Verhandlungen mit der EU-Kommission zur Kraftwerksstrategie weiter anhalten, plädiert der Branchenverband BEE dafür, andere flexible Anlagen voranzubringen.
Da konkrete Ausschreibungen für Kraftwerke nach Angaben der Bundesnetzagentur wohl in diesem Jahr nicht mehr kommen werde, setzt sich der BEE dafür ein, „bestehenden beziehungsweise schnell ausweitbaren heimischen Kapazitäten der flexibel steuerbaren Anlagen (Erneuerbare, Speicher und Sektorenkopplung) jetzt mit einfachen Gesetzesänderungen voranzubringen“, wie es in einer Verbandsmitteilung heißt.
„Der Spatz in der Hand wartet darauf, gefüttert zu werden. Das geht schneller, als auf die Taube auf dem Dach zu warten. Denn im Falle der H2-ready-Gaskraftwerke benötigt die Klärung beihilferechtlicher Fragen mit der EU-Kommission offenbar mehr Zeit“, so BEE-Präsidentin Simone Peter. Um die Lücke schließen, die nach der Halbierung der Kraftwerksstrategie auf 10.000 MW Leistung entstanden ist, fordert der BEE die kombinierte Betrachtung von Kapazität und Flexibilität.
„Die Kapazitäten, die künftig über die zehn Gigawatt gebraucht werden, müssen bereits heute als dringend benötigte Flexibilitätsoptionen aufgebaut werden“ erklärte Peter. Das aktuelle Strommarktdesign sei den wachsenden Herausforderungen, die mit der Entfesselung von Wind- und Solarenergie und damit ihrer systemsetzenden Rolle im Strommarkt einhergehen, nicht gewachsen.
Statt Wind- und Solarstrom abzuregeln, weil der Ausbau der Netze weiter stockt, brauche es flexibel steuerbare Kraftwerke, die den Ausgleich gewährleisten. Hierfür stünden schon heute zigtausend Bioenergie- und Wasserkraftanlagen zur Verfügung. „Auch Speicher und Sektorenkopplungsanlagen kommen schnell hinzu, wenn entsprechende Anreize gesetzt werden. Ihre dezentrale Verfügbarkeit sei gleichzeitig ein Garant für Systemdienlichkeit, wie sie in den Eckpunkten der Kraftwerksstrategie gefordert wird. „Zudem sind heimische Wertschöpfung, Resilienz und Bezahlbarkeit mit diesem Erneuerbaren-Anlagenpark verbunden“, so Peter. Damit werde die weitere Dekarbonisierung und die Stromversorgungssicherheit gleichzeitig gewährleistet und Kosten gegenüber zusätzlichen H2-ready-Gaskraftwerken gespart.
Der BEE hatte im April ein Thesenpapier vorgelegt, in dem er empfiehlt, die Flexibilitätsoptionen im Energiesystem ganzheitlich zu prüfen und bereits vorhandene erneuerbare Potenziale zu nutzen. Allein der bestehende Biogasanlagenpark kann nach den Erkenntnissen des Verbandes bei Umrüstung auf eine flexible Fahrweise zwischen 18.000 bis 27.000 MW gesicherte flexible Leistung bereitstellen. Eine Weiterentwicklung der Vergütungsstruktur im EEG, etwa der Flexibilitätsprämie, wäre hierfür notwendig.
Im Bereich der Speicher wird die Absenkung der Stromnebenkosten von Stromspeichern als wirksame Maßnahme gesehen. Kleine, netzdienliche Elektrolyseure könnten zudem erheblich zur Netzstabilität und zur Senkung von Netzkosten beitragen. Das gelte auch für stetig verfügbare, planbare und flexibel steuerbare Wasserkraft. „Der erneuerbare Energiemix ist hier und heute nutzbar. Gesetzliche Anpassungen können zügig für weitere Kapazität und neue Flexibilität sorgen,” betonte Peter.
Freitag, 7.06.2024, 15:32 Uhr
Günter Drewnitzky
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