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Die Bundesregierung arbeitet aktuell an Eckpunkten für ihr Klimaschutz-Sofortprogramm. Besonders im Verkehrsbereich fehlten wirksame Maßnahmen, kritisieren Umweltschützer.
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) sind Eckpunkte des Klimaschutzsofortprogramms der Bundesregierung bekannt geworden. Mit ihm sollen die Klimaschutzverpflichtungen bis 2030 noch eingehalten werden. Allerdings liefen die geplanten Maßnahmen „nicht konform mit dem 1,5-Grad-Ziel“, kritisierte Greenpeace Geschäftsführer Martin Kaiser. Besonders das Bundesverkehrsministerium habe keine Sofortmaßnahmen vorgelegt, obwohl es massiv seine Treibhausgasminderungsziele verfehlt, wie der Sachverständigenrat der Bundesregierung festgestellt hatte.
Tempolimit als Sofortrezept
„Es ist schon besonders dreist, dass im Verkehrsbereich, wo wir bei den Einsparungen der Emissionen 30 Jahre Stillstand hatten, nun der größte Widerstand ist“, kritisierte Kaiser an die Adresse von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Im Verkehrssektor bleibt bis 2030 noch immer ein Minderungsbedarf von 118 bis 175 Millionen Tonnen Treibhausgase, der durch die Maßnahmen aus dem Sofortprogramm nicht gedeckt wäre. Wissing will erst zum Frühjahr 2023 weitere Instrumente vorlegen, um die Lücke zu schließen, so die Informationen aus dem BMWK.
Zu den bislang vorgesehenen Maßnahmen im Verkehr gehören etwa der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, eine bundesweite elektrische Ladeinfrastruktur und mehr saubere Kraftstoffe im Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr. Kaiser forderte zusätzlich einen früheren Verbrenner-Ausstieg, ein Tempolimit sowie die Erhöhung der Zulassungssteuer für Verbrenner. In allen anderen Sektoren, etwa Gebäude oder Landwirtschaft, würden die Ziele mit den bislang angedachten Maßnahmen erreicht.
Verabschiedung noch im November geplant
Die Staatengemeinschaft hat sich 2015 bei der Klimakonferenz in Paris das Ziel gesetzt, die Erderwärmung unter 2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten, möglichst unter 1,5 Grad Celsius. Deutschland hatte sich dafür verpflichtet, seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Im Klimaschutzgesetz von August 2021 wurden dafür genaue Ziele für die einzelnen Sektoren festgelegt. Das Klima-Sofortprogramm, um die Ziele zu erreichen, ist am 31. Oktober in die Abstimmung zwischen den Ministerien gegangen und soll noch im November im Bundeskabinett verabschiedet werden.
Ein zentraler Punkt, der alle Bereiche betrifft, ist der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien. Vorgesehen ist, dass bis 2030 Strom zu 80 Prozent ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen, vorwiegend aus Wind- und Solarenergie, stammen soll. Im Gebäudesektor sehen die Eckpunkte aus dem Haus von Robert Habeck (Grüne) vor, dass ab 2024 möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit will die Bundesregierung vor allem die Nutzung von Wärmepumpen vorantreiben.
In der Industrie sollen die Treibhausgase gemindert werden, indem Unternehmen verstärkt auf klimafreundliche Produktionsweisen und Technologien setzen. Das Sofortprogramm soll die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für sogenannte Klimaschutzdifferenzverträge schaffen. Mit diesen Verträgen können die Mehrkosten einer klimafreundlichen Produktion staatlich abgesichert werden.
Novelle des Klimaschutzgesetzes 2023
Die Eckpunkte zum Klima-Sofortprogramm enthalten außerdem erste Anhaltspunkte für eine Weiterentwicklung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Entsprechende Eckpunkte dazu, wie das Gesetz überarbeitet werden soll, will die Bundesregierung ebenfalls im Frühjahr 2023 beschließen. Das Gesetz ist die Grundlage für die nötigen Emissionseinsparungen in den einzelnen Sektoren.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Lukas Köhler, ist dafür, die jährlichen Sektorziele gänzlich abzuschaffen und das Klimaschutzgesetz entsprechend zu reformieren. Habecks Wirtschaftsministerium müsse dazu schnell einen konkreten Vorschlag vorlegen, sagte Köhler der dpa. Die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum forderte Wissings Ministerium dagegen auf, „endlich neue Maßnahmen“ für mehr Klimaschutz im Verkehr zu liefern. Es brauche dringend eine Reform des Dienstwagenprivilegs und der KfZ-Steuer, sagte sie.
Dienstag, 1.11.2022, 15:02 Uhr
Susanne Harmsen/dpa
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