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Die 20 größten Industrieländer der Welt tun nach jüngsten Erkenntnissen nicht genug, um ihre Treibhausgase zu reduzieren. Die Energiekrise könnte sie weiter zurückwerfen.
Weltweit steige der Ausstoß von Klimagasen weiter an, heißt es im Jahresbericht der Umweltorganisation Climate Transparency. Aufgrund der Corona-Pandemie seien die Emissionen 2020 zwar um 4,9 % zurückgegangen, 2021 aber wieder um 6,1 % gestiegen. Langfristig habe sich das Wachstum der Emissionen aber verlangsamt. Stieg der globale CO2-Ausstoß von 2000 bis 2009 noch um mehr als 2 % pro Jahr, waren es in den zehn Jahren danach weniger als 2 % jährlich.
Diesen Trends folgen auch die Emissionen der G-20, die drei Viertel der weltweiten Treibhausgase ausstoßen (bei 67 % der Weltbevölkerung und 85 % der globalen Wirtschaftsleistung). Ihre Emissionen steigen zwar deutlich langsamer als ihre Wirtschaftsleistung, aber nach Ansicht von Climate Transparency immer noch zu schnell, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
Die meisten Länder (außer Brasilien, Indien, Indonesien, Mexiko und Russland) hätten ihre Klimaziele − sogenannte Nationally Determined Contribution (NDC) − in den vergangenen Jahren zwar verbessert, "insgesamt reichen aber weder die Klimaziele noch die ergriffenen Maßnahmen zu ihrer Umsetzung, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen". Grund für mehr Zuversicht sehen die Klimaschützer in der EU, China und den USA, die ihre NDC's substantiell erhöht hätten. Insgesamt würden die bis 2030 ins Auge gefassten Maßnahmen zu einer Erwärmung der Atmosphäre um 2,4 Grad führen.
Das einzige Land mit einer "nahezu ausreichenden" Klimapolitik ist nach der Bewertung von Climate Transparency Großbritannien. Die Staaten der EU, die USA, Japan und Australien unternähmen "nicht genug", um ihren Ausstoß an Klimagasen zu senken, die großen Schwellenländer unternähmen "viel zu wenig", die Klimapolitik Russlands und der Türkei sei "völlig unzureichend".
Unterschiedliche Verbindlichkeiten der Ziele
Positiv sei, dass sich inzwischen alle Regierungen der G-20 außer Mexiko vorgenommen hätten, in absehbarer Zeit keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Die meisten Länder haben dafür das Jahr 2050 ins Auge gefasst, Deutschland will schon 2045 emissionsfrei werden, China allerdings erst 2060. Die Verbindlichkeit dieser Ziele sei allerdings sehr unterschiedlich, auch wenn immer mehr Staaten dazu übergingen, das Ausstiegsdatum gesetzlich festzulegen.
Die meisten G-20-Länder wollten die Klimaneutralität nicht nur im Inland erreichen, sondern kalkulierten auch mit der Anrechnung von Reduktionsleistungen außerhalb ihrer Grenzen. Dabei bestehe das Risiko von Doppelzählungen. Hinzu komme, dass man sich auf Technologien verlasse, die − wie die CO2-Abtrennung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) − technisch nicht ausgereift und oft nicht wirtschaftlich seien.
Glaubwürdig sei die emissionsfreie Zukunft nur, wenn die G-20 ihre Emissionen bis 2030 mindestens halbierten. Dafür müssten sie sich wesentlich anspruchsvollere Klimaziele für die kommenden Jahre setzen und ihre Investitionspläne für den Klimaschutz signifikant erhöhen.
Die Energieerzeugung verursachte 2019 rund drei Viertel der Treibhausgase in den G-20-Ländern, 40 % davon entfielen auf die Elektrizitätswirtschaft, gefolgt von der Industrie (23 %) und dem Verkehr (19 %). Die Stromerzeugung aus Erneuerbaren spiele daher eine Schlüsselrolle bei der Entkoppelung der Emissionen vom Wirtschaftswachstum. Die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren habe sich zwischen 2010 und 2021 dramatisch verbessert. Die Kosten für Solarstrom sanken in diesem Zeitraum um 88 %, für Windstrom um 68 %, Offshore-Wind um 60 %.
Trotzdem subventionierte die Staatengruppe 2019 bis 2020 die Nutzung fossiler Energie noch mit 124 Mrd. US-Dollar (126 Mrd. Euro). Die höchsten Beträge stellte Japan (knapp 13,3 Mrd. Euro) bereit, gefolgt von Südkorea (10,2 Mrd. Euro) und China (8,2 Mrd. Euro). Seitdem haben sich alle G-20 verpflichtet, keine öffentlichen Mittel mehr für internationale, fossile Projekte zu bewilligen.
Historisch hohes Subventionsniveau für fossile Energien
Der Bericht kritisiert allerdings, dass es krisenbedingte Ausnahmen für Erdgas gebe, die langfristige Abhängigkeiten schaffen könnten. Das gelte vor allem für Investitionen in die fossile Infrastruktur mit einer hohen Lebensdauer, die die Energiewende belasteten. Im gleichen Zeitraum(2019-20) wurden "saubere Energieprojekte“ mit 19,9 Mrd. Euro gefördert. Für die Kern- und Wasserkraft sowie den Ausbau der Infrastruktur wurden 18,1 Mrd. Euro an Beihilfen gezahlt.
Im Rahmen der Maßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise wollten vor allem die EU-Staaten, aber auch die USA den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen. Dem stehe allerdings ein Anstieg der Beihilfen für den Verbrauch fossiler Energien gegenüber. Im letzten Jahr gaben die G-20 dafür rund 194 Mrd. Euro aus. "Dieses historisch hohe Subventionsniveau wird in diesem Jahr weiter steigen, wenn die Energiepreise begrenzt werden." Der Versuch, die Verbraucher und die Wirtschaft vor den Folgen steigender Energiepreise zu schützen, setze die Unterstützung der fossilen Energie fort und behindere Investitionen in die Verbesserung der Energieeffizienz und den Wechsel zu emissionsarmen Alternativen.
Donnerstag, 20.10.2022, 17:57 Uhr
Tom Weingärtner
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