Quelle: E&M / Stefan Sagmeister
Die kommunale Wärmeplanung treibt viele Kommunen sowie Stadtwerke um. Sie könnte die nötige Wärmewende mit erneuerbaren Quellen beschleunigen. Es gibt aber noch viele offene Fragen.
Die Potenziale bei erneuerbaren Wärmequellen, Wärmepumpen, aber auch erneuerbarer KWK und Geothermie im urbanen Raum sind hoch – allerdings sind auch noch viele offenen Fragestellungen zu klären, wie sich bei einer Veranstaltung auf den Berliner Energietagen zeigte. „Es gibt noch fundamentale Fragen, auf die wir Antworten brauchen“, sagte Christian Maaß, Abteilungsleiter Wärme, Wasserstoff und Effizienz beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), am 5. Mai bei der virtuellen Runde „Wärmepumpen urban gedacht – Energieforschung für die Wärmewende“.
Wie kann die Einbindung dezentraler Wärmetechnologien im Bestand aussehen? Wird es Konflikte beim Grundwasserschutz geben, wenn Technologien wie Wärmepumpen und geothermische Anlagen immer häufiger verbaut werden? Um schnell Antworten darauf zu finden, setzt das BMWK verstärkt auf Energieforschung. Maaß betonte, dass künftig mehr Fördergelder fließen sollen, etwa für dringend benötigte Pilotprojekte, die Ideen und Ansätze in die Praxis umsetzen.
Solche Pilotprojekte gibt es bereits, einige wurden auf den Berliner Energietagen vorgestellt. Wenn eine Vielzahl von Gebäuden in einem Quartier oder einer Siedlung mit regenerativer Wärme versorgt werden sollen, geschieht dies am besten über ein Wärmenetz. Aber insbesondere Bestandsgebäude anzuschließen ist technisch nicht trivial. Darum sei es wichtig, in der Praxis zu experimentieren, welche Kombinationen von Wärmequellen in einzelnen Quartieren funktionieren, sagte Jörg Friedrich Paulus, Vertriebsleiter von Avacon Natur. Sein Unternehmen testet derzeit in vier Quartieren in Nordrhein-Westfalen neue Konzepte – über das Reallabor „TransUrban.NRW“.
Umgesetzt wird das Projekt von mehreren Unternehmen wie Eon und Avacon sowie Partnern von kommunalen Unternehmen, der Immobilienwirtschaft und der Forschung wie der Universität RWTH Aachen. Als Technologie kommen Niedertemperaturnetze zum Einsatz. Während klassische Fernwärmenetze häufig mit Temperaturen von mehr als 100 Grad Celsius betrieben werden, genügen den „LowEx“-Netzen 10 bis 40 Grad Celsius. Wärmepumpen in den Gebäuden heben die Temperaturen an oder erzeugen Kühlenergie. Transurban NRW erprobt, wie die Einbindung von erneuerbaren Energien wie Geothermie oder die Nutzung von Abwärme auch im Bestand gelingen und wie daraus ein wettbewerbsfähiger Markt entstehen kann. Hierzu braucht es auch „neue Digitalisierungskonzepte“, betonte Paulus, die ebenfalls erprobt werden.
Mehr Energieforschung für die Wärmewende nötig
Ein weiteres Beispiel findet sich in Oberhausen. Das Fraunhofer-Institut Umsicht hat gemeinsam mit den Stadtwerken Oberhausen mehrere Quartiere mit vielen Bestandsbauten modernisiert. Die Wärme liefert in jedem Quartier künftig ein Blockheizkraftwerk über ein Nahwärmenetz. Um den Verbrauch möglichst gering zu halten und flexibel auf die Energiemärkte reagieren zu können, wird in dem Projekt „Quentin“ erprobt, ob ein zentraler Speicher plus weitere kleinere Speichereinheiten in den Gebäuden einen Mehrwert in punkto Effizienz und Wirtschaftlichkeit bieten. Die Forscher erhoffen sich in den nächsten Monaten auch hier wichtige neue Erkenntnisse.
Zugleich stehen Kommunen aber unter einem immensen Handlungsdruck, wenn sie die Klimaziele erreichen wollen, sagte Anne Hagemeier, ebenfalls vom Fraunhofer-Institut Umsicht. Hier soll die "Kommunale Wärmeplanung" helfen, Klarheit über den Weg der einzelnen Regionen hin zur Klimaneutralität zu schaffen. Einen großen Vorteil sieht Gordon Appel von den Stadtwerken Konstanz in der Verbindlichkeit solcher Wärmeplanungen. Die Stadtwerke haben bereits Erfahrung damit gesammelt, da in Baden-Württemberg die Wärmeplanung bereits Pflicht ist.
Die kommunale Wärmeplanung soll nach den Plänen der Ampel-Koalition zukünftig flächendeckend umgesetzt werden. Das Aufgabenspektrum innerhalb der Wärmeplanung ist breit gefächert. Dazu gehören die Erstellung von Wärmekatastern, die Begleitung des Wärmenetzausbaus, die Dekarbonisierung von Bestandsnetzen, die Sicherung von Flächen für die Energieerzeugung und für Energiespeicher sowie Konzepte für die Sanierung öffentlicher Gebäude.
Die Kommunale Wärmeplanung ist allerdings ein relativ neues politisches Instrument, für welches Akzeptanz geschaffen werden muss. „Daher ist für eine flächendeckende Einführung entscheidend, dass die Rahmenbedingungen erheblich verbessert werden. Dazu gehört etwa eine umfassende Finanzierung und attraktive Beratungsangebote“, unterstrich VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing auf den Berliner Energietagen. Neben der planerischen Tätigkeit müssten gleichzeitig die Investitionsbedingungen für den Umbau der unterschiedlichen Versorgungsinfrastrukturen vor Ort verbessert und die Technologieoffenheit vor Ort gewahrt werden.
Donnerstag, 5.05.2022, 12:44 Uhr
Heidi Roider
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