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Immer mehr energieintensive Industrieunternehmen decken sich mittel- und langfristig durch Direktlieferverträge (PPA) mit Grünstrom ein. Vattenfall errichtet dafür zusätzliche Anlagen.
Als Folge der Energiekrise und ambitionierter Klimaziele setzen energieintensive Industrieunternehmen zunehmend auf industrielle Strompartnerschaften und Direktlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPA). So können sie ihren Strombedarf zu kalkulierbaren Preisen decken. Auch Vattenfall spürt die steigende Nachfrage und reagiert darauf mit zusätzlichen PV- und Windkraftanlagen. Christine zu Putlitz leitet die Vermarktung der erneuerbaren Energien für das schwedische Unternehmen.
„Während wir unsere Solar- und Windkraftanlagen als Projektentwickler und Vermarkter früher von uns aus aktiv am Markt platziert haben, können wir die enorme Nachfrage heute gar nicht mehr bedienen“, berichtet zu Putlitz. „Gründe dafür sind ein knappes Angebot an fossilfreiem Strom aus neuen Anlagen sowie ehrgeizige Dekarbonisierungsziele auf Unternehmensseite“, erläutert sie.
Insbesondere für Industrieunternehmen spiele die Herkunft des Stroms eine immer wichtigere Rolle, um Kosten zu sparen. So optimiert zertifizierter Grünstrom beispielsweise die eigene CO2-Bilanz und erfüllt damit Vorgaben im Rahmen des Green Deals der EU. Herkunftsnachweise bieten den Stromkunden die Sicherheit, dass die bezogenen Strommengen aus erneuerbaren Quellen stammen, inklusive des Nachweises über die Art und den Ort der Grünstrom-Erzeugung.
Besonders begehrt sind zusätzliche Anlagen
„Die industrielle Grünstrom-Nachfrage trägt damit ihren Teil zum starken Erneuerbaren-Zubau bei Vattenfall bei – neben einer klaren Wachstumsstrategie und vereinfachten Genehmigungen bei Solarparks“, resümiert zu Putlitz. Besonders attraktiv sei bei potenziellen Abnehmern vor allem Grünstrom aus solchen Anlagen, der neben dem erneuerbaren Herkunftsnachweis das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllt (Additionality).
„Damit ist gemeint, dass der Grünstrom aus neuen Solar- oder Windparks kommt, die für zusätzliche erneuerbare Kapazitäten im Strommarkt sorgen“, so zu Putlitz. Dies trifft beispielsweise auf die jüngsten Strompartnerschaften von Vattenfall mit dem Mischkonzern Bosch, der Telekom-Tochter PASM, dem Metallhersteller Wieland sowie Chemiekonzern Evonik zu. Die zugrundeliegenden Solarprojekte in Deutschland haben eine installierte Leistung von mehr als 270 Megawatt.
PPA teilen das Risiko auf
Direktlieferverträge bieten Erzeugern und Verbrauchern von erneuerbarem Strom in erster Linie Investitionssicherheit, Preisgarantie und Risikostreuung. „Unsere Geschäftspartner verstehen heute besser, dass wir uns gewisse Risiken stärker teilen müssen. Das betrifft etwa das Risiko von Ausgleichsenergiekosten bei abweichender Energieerzeugung“, betont zu Putlitz.
Diese fallen an, wenn Erzeugungsanlagen in der Realität wetterabhängig mehr oder weniger Strom erzeugen als zuvor beim Übertragungsnetzbetreiber prognostiziert und angemeldet. „Angesichts zunehmender PV- und Windeinspeisung können wir diese Risiken nicht mehr uneingeschränkt übernehmen.“
Vattenfall hofft auf staatliche Kreditgarantien
Nach der politischen Entscheidung gegen einen subventionierten Industriestrompreis in Deutschland rechnen Beobachter in den kommenden Jahren mit einer steigenden Nachfrage nach industriellen Strompartnerschaften. Politisch dringt Vattenfall auf vereinfachte staatliche Kreditgarantien für private Stromlieferverträge. Sollte dieses Instrument auch in Deutschland kommen, dürfte dies dem PPA-Markt auch für mittelständische Abnehmer weiter Auftrieb geben.
Laut einer Studie der Deutschen Energieagentur (Dena) könnte das PPA-Volumen bis zum Jahr 2030 hierzulande auf 192 Milliarden kWh steigen – und damit ein Viertel des bis dahin prognostizierten gesamten deutschen Strombedarfs decken. PPA bewegen sich bei Vattenfall in der Regel in einer Größenordnung zwischen 30 und 500 Millionen kWh pro Jahr, das heißt etwa dem Jahresstromverbrauch einer Kleinstadt bis dem von großen, industriellen Produktionsanlagen.
Projektpipeline gut gefüllt
Die Verträge haben Laufzeiten zwischen 5 und 15 Jahren. Zuletzt hat Vattenfall Lieferverträge für Strom aus einem Wasserkraftwerk und einem Onshore-Windpark in Schweden mit dem Kunststoffhersteller Borealis und dem Autobauer Volvo abgeschlossen. In den Niederlanden fließt ab 2025 Strom aus dem 1.500 MW Offshore-Windpark Hollandse Kust Zuid an dessen Miteigentümer, den Chemiekonzern BASF, sowie an den Industriegashersteller Air Liquide.
In Deutschland seien ebenfalls neue PPA-Projekte in der Umsetzung. So seien bis Ende 2026 in Deutschland bis zu 28 neue Solarparks mit einer Kapazität von rund 2.000 MW in der Planung und könnten über Strompartnerschaften vermarktet werden. Zudem plant Vattenfall, in mehr als 1.600 MW Offshore Kapazität zu investieren. „Perspektivisch könnten zudem Energiespeicher für PPA interessant werden, wie beispielsweise Batterie- oder Wasserstoffprojekte“, ergänzt zu Putlitz.
Freitag, 19.04.2024, 11:37 Uhr
Susanne Harmsen
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